Sandra Klug im Interview „Man sollte Risikoabsicherung und Kapitalaufbau trennen“

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Barbara: Wie ist das, wenn Frauen und Männer zu dir in die Beratung kommen? Was sind die häufigsten Fragen, die sie da stellen, wenn Sie mit Ihrem Investment starten wollen? Und welche Stolpersteine gibt es?

Sandra: Ich glaube, die Frage, mit der wir uns gerade zu 60 Prozent auseinandersetzen, ist, ob ein Riester-Vertrag noch gut ist. Das liegt daran, dass viele irgendwie gehört haben, sie müssen fürs Alter was machen. Da man bezüglich Riester in vielen Bankfilialen angesprochen wurde, haben viele dann vielleicht doch mal einen Vertrag abgeschlossen. Jetzt sind sie aufgrund der Berichterstattung aber natürlich total am Zweifeln, ob das überhaupt sinnvoll ist. Dazu muss man sich natürlich den einzelnen Vertrag angucken und die dazugehörige Lebenssituation. Tatsächlich muss man bei vielen Fällen sagen, das ist so in der Form, wie es durchgeführt wird, nicht sinnvoll. Da kann man keine pauschale Aussage treffen, aber das ist das, was ich am Allermeisten höre.

Bei denen, die gerade neu mit der Geldanlage anfangen, sind ETFs sicherlich gerade der heiße Scheiß, da haben die meisten schon mal von gehört. Dabei wird aber ganz häufig übersehen, dass vor Kapitalanlage und Kapitalaufbau erst mal die Risikoabsicherung kommt. Es ist einfach total wichtig, dass man gut versichert ist, denn alle existenziell bedrohlichen Risiken gefährden natürlich auch mein Vermögen, sobald ich etwas aufgebaut habe.

Wenn ich keine private Haftpflichtversicherung habe und einen Schaden anrichte, dann ist alles, was ich angespart habe, weg. Deswegen braucht jeder erst mal eine private Haftpflichtversicherung. Außerdem sollte man sich mit Berufsunfähigkeitsversicherungen auseinandersetzen. Die Arbeitskraft ist einfach der Motor fürs Leben und für den Kapitalaufbau. Bei allen anderen Versicherungen kommt es im Einzelfall drauf an. Wenn man ein Auto hat oder teure Wohnungseinrichtung, dann sollte man die natürlich versichern.

 

Eine Lebensversicherung braucht man hingegen nicht. Das ist der nächste Punkt. Die meisten, die zu uns in die Beratung kommen, haben von ihren Eltern zwei Dingen gehört: Bausparverträge und kapitalbildende Lebensversicherung oder Rentenversicherung. Beides ist nicht so optimal, um nicht zu sagen: Da sollte man wirklich die Finger von lassen. Das ist kein Produkt, das sich irgendwie eignet, um fürs Alter vorzusorgen oder um kurzfristig Kapital aufzubauen. Die kosten richtig viel Geld und bringen wahnsinnig wenig Rendite. Das lohnt sich überhaupt nicht.

Wenn wir diese Punkte in der Beratung geklärt haben, dann geht es vor allem darum, was für ein Mensch mir da gegenübersitzt. Wie ist seine Ausgangssituation? Wurde vielleicht spät angefangen zu arbeiten oder sind Kinder da und wird deshalb weniger gearbeitet? Das muss man alles herausarbeiten und schauen, was zu diesem Menschen passt. Wie sehen die persönlichen Anlagekriterien aus? Möchte man sicher liquide anlegen oder Rendite? Gibt es Nachhaltigkeitskriterien, die berücksichtigt werden? Die Idee der Verbraucherzentrale ist ja, dass wir Hilfe zur Selbsthilfe geben. Wir wollen die Leute in die Lage versetzen, sich selber um ihre Sachen zu kümmern und die richtigen Fragen zu stellen, wenn sie mal Hilfe brauchen. Es ist also total individuell. Man muss jeden da abholen, wo er steht.

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