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Fondsmanager von Generali Investments „Warum wir Griechenland für eine interessante Anlageregion halten“

Francois Gobron managt den Generali Investments Sicav European Equity Recovery, der unter anderem in Griechenland investiert

DAS INVESTMENT: Kürzlich ist das EU-Hilfsprogramm für Griechenland ausgelaufen. Wie schätzen Sie die Situation ein: Steht das Land wirtschaftlich und finanziell wieder auf sicheren Beinen?

Francois Gobron: Wir sehen Chancen und Risiken. Griechenland erhält seinen steuerlichen Handlungsspielraum zurück, aber es verliert die Unterstützung von außen und muss sich wieder selbst an den Märkten finanzieren. Um den Übergang zu erleichtern, darf Griechenland zum Beispiel Darlehen aus dem EU-Rettungsschirm erst zehn Jahre später zurückzahlen. Und es erhält die Gewinne aus dem Kauf griechischer Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank. Im Gegenzug muss Griechenland Haushaltsdisziplin wahren und seine Strukturreformen fortsetzen. Das soll das Risiko eines politischen Umschwungs verringern, vor allem mit Blick auf die griechische  Parlamentswahl 2019. In Umfragen führt aktuell die Mitte-Rechts-Partei „Neue Demokratie“. Das würde einen Pro-EU-Kurs und marktfreundliche Politik bedeuten. Wir halten es für wenig wahrscheinlich, dass Griechenland noch einmal Steuergelder verschwenden und die Strukturreformen beenden könnte.

Und damit wäre die Krise dann vorbei?

Gobron: Die wirtschaftliche Situation bleibt schwierig, und es wird noch Jahre dauern, um das härteste Problem des Griechenlands anzugehen: die hohe Arbeitslosenrate. 2013 lag sie bei 28 Prozent und ist aktuell immer noch nahe 20 Prozent. Es gibt Anzeichen, dass die Reformen der vergangenen Jahre endlich Früchte tragen: Nach einer Rezession 2008 bis 2013 und einer Phase der Stagnation wuchs die griechische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres um 2,3 Prozent, das ist das schnellste Wachstum der vergangenen zehn Jahre. In den kommenden Jahren erwarten wir leicht über 2 Prozent Wachstum.

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Gobron: Auf dem Bankensystem lasten notleidende Kredite (NPE) von 92,4 Milliarden Euro, das sind immerhin 48,5 Prozent aller Kredite. Nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds könnte griechischen Banken in einem ungünstigen Szenario Kapital in Höhe von 1,3 bis 1,9 Milliarden Euro fehlen – das sind 10 Prozent der Kapitalbasis. Eine wichtige politische Aufgabe ist daher, die Kreditrisiken zu senken. Ein weiteres Problem ist die sehr hohe Staatsverschuldung von 189 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sie schränkt den Steuerspielraum für griechische Regierungen auch nach Auslaufen des Rettungsplans deutlich ein.

Wie kann Griechenland mit seinen angehäuften Schulden umgehen?

Gobron: Einige Faktoren stimmen positiv, zum Beispiel die besseren Wachstumsaussichten, die hohen Cashflows der Unternehmen, niedrige Finanzierungskosten und die Hilfen von außen bei der Entschuldung. Nach Ansicht der EU-Kommission sollte die Bruttoschuldenquote von aktuell 188,6 Prozent des BIP auf 131,4 Prozent im Jahr 2030 sinken. Die längerfristigen Aussichten sind unsicher, die Europäische Kommission ist da optimistischer als der Internationale Währungsfonds. Der IWF glaubt, dass sich die Schuldensituation erst Ende der 2030er Jahre wieder nachhaltig bessert, falls Griechenland keine weiteren Erleichterungen erhält. Unsere eigenen Modelle deuten darauf hin, dass Griechenland bei einem primären Haushaltsüberschuss von langfristig mindestens 1,5 Prozent des BIPs die Balance zwischen öffentlichen Schulden und BIP in den Griff bekommt. Eine kritische Phase wird 2032/33 sein, wenn Griechenland die Tilgung der Kredite aus dem Euro-Rettungsschirm wiederaufnimmt.

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