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Mifid II: „Die Unabhängigkeit der Branche wird verwässert“

Nero Knapp, VuV
Nero Knapp, VuV
DAS INVESTMENT.com: Stichwort Mifid II – Sie haben sich in einer Stellungnahme an das Bundesfinanzministerium gegen Teile des EU-Entwurfs zur neuen Finanzmarktrichtlinie ausgesprochen. Was kritisieren Sie?

Nero Knapp
: Wir haben große Bauchschmerzen, was das Provisionsverbot in der Vermögensverwaltung betrifft. Damit würde ein großes Segment einfach trocken gelegt. Viele unserer Mitglieder haben eigene Fonds, die durch eine KAG verwaltet werden. Sie bieten fondsgebundene und individualisierte vermögensverwaltende Anlagestrategien auch für Kunden mit kleineren Vermögen an. Das wäre dann nicht mehr möglich.

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: Warum nicht?

Knapp: Weil für die Finanzportfolioverwaltung ein generelles Verbot der Annahme von Zuwendungen oder Entgelte Dritter vorgesehen ist. Die Kalkulation vieler Wertpapierdienstleistungsunternehmen ginge nicht mehr auf, da sie auch die Vergütung durch die KAGs (u.a. Managementgebühr) in ihr Vergütungsmodell integriert haben. Einem Vermögensverwalter wäre es dann nicht mehr möglich, im Kundedepot einen von ihm selbst verwalteten oder beratenen Investmentfonds aufzunehmen, da er im Rahmen des Entgeltverbotes keine Entgelte oder Bestandsprovisionen durch Dritte (die KAG) annehmen dürfte. Dies kann so nicht gewollt sein.

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: Anlageberater dürfen ebenfalls keine Provisionen mehr annehmen, wenn sie sich als unabhängig erklären.

Knapp: Richtig, aber so wie Unabhängigkeit hier definiert wird, ist das ist ein verwässertes Merkmal. Was ist denn gefordert? Sie müssen eine Marktübersicht haben und Sie dürfen keine Gelder von Dritten nehmen – aus dem eigenen Konzern aber schon. Das ist ein erheblicher Wettbewerbsvorteil für Groß- und Universalbanken, denn sonstige Querfinanzierungen und in organisatorischen Verflechtungen begründete Interessenkonflikte spielen keine Rolle für die Frage unabhängig oder abhängig. Anleger würden damit systematisch in die Irre geführt.

DAS INVESTMENT.com: Wann tritt Mifid II in Kraft?

Knapp: Das steht noch in den Sternen. Geplant für die Umsetzung ist 2014, aber noch sind wir in der Abstimmungsphase. Wir hoffen, dass das Berliner Finanzministerium  entsprechende Kritik in Brüssel anbringen wird und für eine Änderung der inkriminierten Passagen sorgen wird. Mich wundert auch, dass die Verbraucherschützer das Thema offenbar noch gar nicht erkannt haben, die müssten längst Zeter und Mordio schreien.

DAS INVESTMENT.com: Ein anderes die Branche beschäftigendes Thema ist immer noch der Fall Phoenix. Gerichte haben entschieden, dass die EdW die Entschädigungen für die Opfer von Phoenix Kapitaldienst zügig und vollständig und nun auch inklusive der Verwaltungsgebühren auszahlen muss. Wie reagiert die Öffentlichkeit?

Knapp
: In den Medien hat das jüngste Urteil zu den Verwaltungsgebühren kaum Widerhall gefunden. Das mag daran liegen, dass der zugrunde liegende Betrugsfall nun schon sieben Jahre zurückliegt. Für viele Medien ist das Thema auch zu komplex und abstrakt. Ob durch den Ersatz der Verwaltungsgebühren nun noch 30 Millionen Euro mehr an Belastung für die EdW hinzukommen und ob es dann 300 oder 350 Millionen Schadenssumme sind, ist den Anlegern egal, solange entschädigt wird und das passiert ja gerade. Wo das Geld herkommt, interessiert die Anleger nicht.

DAS INVESTMENT.com: Nun ist die EdW chronisch unterfinanziert und wird die Schadensumme niemals von den rund 770 KWG-Instituten eintreiben können. Wo soll das Geld herkommen?

Knapp: Es gibt einen Vorschlag der Kommission zur Revision der EU-Anlegerentschädigungsrichtlinie, dass alle diejenigen, die nicht unmittelbar betroffen sind, aber weitgehend im gleichen Umfeld der Wertpapierdienstleistung arbeiten – gemeint sind die 34c-Berater – auch in eine Entschädigungseinrichtung einbezahlen müssen. Aber, ob das dann die EdW sein wird, ist ein ganz anderes Thema. Das könnte auch über ein neues Konstrukt gelöst werden.

DAS INVESTMENT.com
: Warum sollen denn die 34c-Berater für den alten Phoenix-Fall aufkommen?
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