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Konjunkturausblick für Europa Kann die EZB-Politik Europas Leiden lindern?

Pimco-Portfoliomanager: Lorenzo Pagani, Mike Amey und Andrew Bosomworth (von links nach rechts)
Pimco-Portfoliomanager: Lorenzo Pagani, Mike Amey und Andrew Bosomworth (von links nach rechts)
Wie sehen die Prognosen von Pimco für Wachstum und Inflation in der Eurozone in den nächsten sechs bis zwölf Monaten aus?

Mike Amey: Seit unserem Cyclical Forum im Dezember haben wir unsere Erwartungen zum Wachstum und zur Inflation in Europa nach oben korrigiert. Für die nächsten zwölf Monate prognostizieren wir nun ein reales Wachstum von rund 1,5 Prozent und einen Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) um 1 Prozent. Unseres Erachtens dürfte die Eurozone von mehreren positiven zyklischen Faktoren profitieren, unter anderem vom niedrigen Ölpreis, vom nachgebenden Euro und von dem Effekt der unerwartet umfangreichen quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) durch die EZB.

Es gibt zwar eindeutig Gewinner und Verlierer des sinkenden Ölpreises, doch die Eurozone wird einer der Hauptnutznießer sein, beliefen sich die Ölimporte der Eurozone vor dem Rückgang der Energiepreise doch auf jährlich 3 Prozent des BIP (Quelle: Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften, Stand: 31. Dezember 2014). Zusammen mit dem längerfristigen Schub für die Exporte durch den nachgebenden Euro und den gelockerten Finanzierungsbedingungen erwarten wir für die Region ein überdurchschnittliches Wachstum im Jahresverlauf 2015.

Wir sind der Meinung, dass die Beschleunigung des Wachstums neben der Schwäche des Euros zudem ausreichen dürfte, um einen weiteren Rückgang des Kern-VPI zu verhindern. Dieser könnte sogar leicht steigen, wenn der Effekt des schwachen Euros auf die Realwirtschaft durchschlägt. Sobald der Rückgang der Lebensmittel- und Energiepreise gegen Ende 2015 aus der Gesamtinflationsrate herausfällt, dürfte sich die Gesamtinflation unseres Erachtens der Kerninflation annähern – wenngleich diese mit 1 Prozent noch immer unter dem langfristigen Inflationsziel der EZB von knapp unter 2 Prozent liegt.

Im März 2015 hat die umfassende quantitative Lockerung begonnen. Wie würden Sie die Bemühungen der EZB beurteilen, mit denen sie die Erholung stabilisieren und das Wachstum ankurbeln will?

Andrew Bosomworth: Es hat zwar lange gedauert, bis die EZB zu dem Schluss gekommen ist, dass eine quantitative Lockerung notwendig ist, um das Wachstum und die Inflation in der Eurozone anzuregen. Doch was zählt, ist, dass sie sich nun endlich dazu durchgerungen hat. Und diese Maßnahme kann recht viel bewirken.

Bis zur Bekanntgabe der QE am 22. Januar 2015 setzte die EZB eine ganze Reihe von innovativen Maßnahmen um, um die Finanzierungsbedingungen zu lockern, darunter die Senkung des Leitzinses für ihre Einlagenfazilität auf -0,20 Prozent. Doch auf diese Anreize sprangen weder die Inflation noch das Wachstum an. Dass die EZB eine Weile gebraucht hat, die QE zu beschließen, mag einen gewissen Preis gehabt haben. Beispielsweise wurde die Erholung verzögert, und die Erwartungen einer niedrigen Inflation haben sich in den Köpfen verfestigt.

Was diese Verzögerung betrifft, müssen wir jedoch die politischen und fiskalischen Unterschiede zwischen einer Währungsunion mit in diesem Fall 19 Mitgliedstaaten und einem Einzelstaat mit einer föderalen Fiskalpolitik berücksichtigen. Bedenken rund um etwaige moralische Risiken mit Blick auf eine unzureichende Umsetzung von Strukturreformen seitens der Fiskalvertreter trugen dazu bei, dass sich die Umsetzung der QE durch die EZB verzögerte.

Was diese QE von denen in anderen Ländern wie den USA und dem Vereinigten Königreich möglicherweise unterscheidet, ist der Umstand, dass die durch die QE geschaffenen Überschussreserven mit dem Einlagenzins der EZB von -0,20 Prozent verzinst werden. Dadurch wird sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes potenziell erhöhen, da Sparer versuchen, ihre Portfolios abseits dieser negativen Renditen umzuschichten, unter anderem in andere Währungen. Wir glauben, dass diese Entwicklung bedeutende Auswirkungen auf die globalen Kapitalmärkte haben könnte.