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Dürfen Anleger Scheinrenditen behalten?

Thomas Zacher, Zacher Rechtsanwälte, ist Fachanwalt für <br>Bank- und Kapitalmarktrecht.
Thomas Zacher, Zacher Rechtsanwälte, ist Fachanwalt für
Bank- und Kapitalmarktrecht.
Der Fall
Ein Anleger eines geschlossenen Fonds hatte Zahlungen erhalten, obwohl keine Gewinne erwirtschaftet worden waren. Im Gesellschaftsvertrag war eine „Ausschüttung“ unabhängig vom Gewinn vorgesehen – bei gleichzeitiger Buchung der Beträge auf Darlehenskonten zu Gunsten der Kommanditisten. Die Gesellschafter forderten später die Rückzahlung dieser „Ausschüttungen“. Der Anleger verweigerte dies.

Das Urteil

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom 2. Februar 2011 (Aktenzeichen 8 U 136/10) entschieden, dass Ausschüttungen, die nicht aus bilanziellen Gewinnen des Unternehmens stammen, sondern wirtschaftlich gesehen Kapitalrückzahlungen sind, im Regelfall von den Anlegern zurückgefordert werden können. Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, vergleiche Paragraf 172 Absatz 4 Handelsgesetzbuch.

Das meint der Experte
Aus Sicht der Anleger wird das Urteil vielfach kritisiert, weil die Unterscheidung zwischen bilanziellen Gewinnen und schlichten Liquiditäts(rück)zahlungen nicht leicht verständlich sei und im Emissionsprospekt und in der Vertriebspraxis hierauf oft nicht deutlich genug hingewiesen werde. Selbst bei verdeckten Schneeballsystemen nimmt der Bundesgerichtshof (BGH) eine Rückzahlungspflicht von Scheinrenditen an, so das Urteil vom 22. April 2010.

Andererseits hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil vom 16. März 2010 (Aktenzeichen VIII R 4/07) seine Rechtsprechung bestätigt, dass bei Einkünften aus Kapitalvermögen auch Scheinrenditen der Besteuerung unterliegen. Nach Paragraf 8 Absatz 1 Einkommensteuergesetz sei eine Einnahme dann gegeben, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen könne. Deshalb könne sogar eine bloße Gutschrift in der Buchführung der Anlagegesellschaft einen Zufluss bewirken, obwohl tatsächlich keine Gewinne entstanden wären.

Der BGH hatte darüber hinaus am 23. November 2010 (Aktenzeichen ZR 26/10) die Frage eines Entschädigungsanspruchs für Scheingewinne nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz im Fall Phoenix Kapitaldienst entschieden. Ein Großteil der Gelder war im Rahmen eines Schneeballsystems für Zahlungen an andere Anleger und für laufende Geschäfts- und Betriebskosten verwendet worden. Der Kläger hatte darauf verwiesen, dass ihm bereits zuvor Gutschriften ausgezahlt worden wären und er daher davon ausgehen könne, dass diese auf seinem Konto auch ein echtes Guthaben repräsentierten.

Parallelen zur Argumentation der Finanzgerichte zur Steuerbarkeit von Scheingewinnen springen dabei ins Auge. Zulasten des Anlegers entschied der BGH jedoch, Kontoauszüge und Saldenbestätigungen könnten nicht Grundlage eines Entschädigungsanspruchs sein.

Den Zivilgerichten mag man aus grundsätzlichen Erwägungen folgen. Was jedoch gegenüber der Anlagegesellschaft und der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) recht erscheint, müsste im Verhältnis zum Fiskus auch billig sein.

Die Wertungswidersprüche liegen auf der Hand. Theoretisch kann es zur vierfachen Schädigung des Anlegers kommen: Er verliert erstens sein Kapital, das er – gerade wegen des anfänglich scheinbaren Zuflusses von Renditen – nicht rechtzeitig zurückgefordert hat. Zweitens muss er Gutschriften versteuern, die er drittens womöglich auch noch zurückzuzahlen hat. Viertens kann er seinen Schaden nicht einmal bei der EdW geltend machen.

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