Commerzbank unter Verdacht So funktionieren die Cum/Cum-Aktiendeals
Die Commerzbank hat über Jahre hinweg dem deutschen Fiskus einen Steuerschaden in zweistelliger Millionenhöhe verursacht, berichtet der Bayerische Rundfunk (BR). Er beruft sich dabei auf Transaktionsprotokolle, E-Mails, Marketing-Präsentationen, Chat-Verläufe und Gesprächsnotizen, die ihm sowie dem New Yorker Recherchebüro ProPublica exklusiv vorliegen.
Kern der Dokumente, die jetzt ein Team von BR, ProPublica, Washington Post und dem Handelsblatt ausgewertet hat, sind umstrittene Aktiendeals. In ihnen sei Dividendenstripping mittels sogenannter Cum/Cum-Geschäfte betrieben worden, lautet der Vorwurf. Der Name Commerzbank falle in den Dokumenten besonders häufig. Daneben tauchten auch die Banken SEB, Barclays, JPMorgan, Goldman Sachs, UBS, Morgan Stanley, Citigroup und die Deutsche Bank auf.
Die Cum/Cum-Masche
Bei Cum/Cum-Geschäften wird ein Trick angewendet, der zu einer ungerechtfertigten Steuerrückerstattung durch den deutschen Staat führt. Kurz vor dem Dividendenstichtag verleihen ausländische Großinvestoren ihre Aktien an einen inländischen Anleger, zum Beispiel eine deutsche Bank: Inländische Anleger können sich vom Staat die Steuer zurückerstatten lassen, die auf die Dividende fällig wird. Nach Auszahlung der Dividende erhalten die ursprünglichen Besitzer ihre Aktien zurück. Die auf diese Weise eigentlich ungerechtfertigte Steuerrückzahlung teilen sich beide Parteien untereinander auf – zum Schaden des deutschen Staates.
Rund fünf Milliarden Euro Steuereinnahmen seien auf diese Weise dem deutschen Fiskus seit 2011 insgesamt entgangen, schätzen BR und ProPublica. Im Falle allein der Commerzbank-Geschäfte geht der Rechercheverbund von jährlich mindestens zweistelligen Millionenbeträgen aus.
So funktionieren #CumCum-Geschäfte - die @dpa_infografikpic.twitter.com/KGovvBV82c
— Arne Meyer (@meyer_ar) 3. Mai 2016
Das sagt die Commerzbank
Das Unternehmen selbst habe auf Journalisten-Anfrage auf sein hohes Volumen an Aktiendeals verwiesen: Bei täglich mehr als 100.000 Handelsgeschäften agiere man „zwangsläufig“ in so genannten Cum/Cum-Situationen, zitiert der BR die Reaktion der Commerzbank. Interne Kontrollen stellten jedoch sicher, dass alle Geschäfte im Einklang mit geltendem Recht stünden, so die Commerzbank weiter.