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Aktualisiert am 16.04.2024 - 13:05 Uhrin Produkt im FokusLesedauer: 6 Minuten

Experten-Produktcheck Neue VHV-Privathaftpflicht: Kein Highlight, aber viele Verbesserungen

Privathaftpflichtversicherung
Die VHV Allgemeine hat ihrer Privathaftpflichtversicherung ein umfangreiches Update spendiert. | Foto: Imago Images / Zoonar

Die VHV hat ihre Privathaftpflicht grundlegend überarbeitet und einen Sack voller neuer Leistungen geschnürt.

Gebäudeverglasung des Vermieters neu inkludiert

Die wohl markanteste Neuerung ist dabei der Einschluss von Glasschäden im Rahmen der Absicherung von Mietsachschäden. Im höherwertigen Tarif, den die VHV als „Exklusiv“-Baustein bezeichnet, ist somit künftig auch die Gebäudeverglasung des Vermieters in Wohnräumen, Balkonen, Loggien oder Terrassen gegen Schäden durch den Mieter mitversichert. Gezahlt wird allerdings nur, sofern kein anderer Versicherer leistungspflichtig ist, bei einer Selbstbeteiligung von 150 Euro.

Stephan von Heymann, @ aruna GmbH

Diese Subsidiärdeckung schmälert den vertrieblichen Paukenschlag dieses Leistungspunktes ein wenig. Immer dort, wo eine Glasversicherung leistungspflichtig wäre, ob nun die Gebäudeglasversicherung des Vermieters oder auch die selbst abgeschlossene Glasversicherung des Versicherungsnehmers, welche Risiken des Vermieters mit abdeckt, kann sich die VHV hier meines Erachtens aus der Regulierung zurückziehen. 

Absicherung von Schlüsselverlust ausgeweitet

Zu den weiteren Neuerungen zählt, dass zukünftig bereits in der Grunddeckung „Klassik-Garant“ das Abhandenkommen aller fremder privater Schlüssel, damit beispielsweise auch von Möbel- sowie Briefkastenschlüsseln abgesichert ist. Ausgenommen sind weiterhin Tresor- und Schließfachschlüssel. Folgekosten eines solchen Schlüsselverlusts sind bis 10.000 Euro und mit einer Selbstbeteiligung von 250 Euro im Baustein „Exklusiv“ versichert. Der Verlust beruflich genutzter Schlüssel wird im Grundtarif bis 30.000 Euro ohne Selbstheiligung versichert, in der „Exklusiv“-Variante gar bis zur Versicherungssumme.

Viele weitere Leistungsverbesserungen

Auch neu enthalten ist die private Haltung von Schweinen, Schafen, Ziegen, Hühnern, Enten, Gänsen sowie wilden Kleintieren im Haushalt des Versicherungsnehmers. Im Baustein „Exklusiv“ werden zusätzlich auch Einfangkosten bis 10.000 Euro übernommen. In beiden Tariflinien sind Haftpflichtansprüche aus der Vermietung eines Einfamilienhauses in Europa (zu nicht gewerblichen Zwecken) nun auch versichert. Vorher erstreckte sich der Versicherungsschutz nur auf die Vermietung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen.

Schäden an vom Arbeitgeber überlassenen Arbeitsmitteln wie Laptops sind zukünftig in beiden Tarifen bis 10.000 Euro mit einer Selbstbeteiligung von 150 Euro im Leistungsspektrum enthalten. Ebenso neuerdings in beiden Varianten versichert sind Balkonkraftwerke inklusive der Einspeisung in ein fremdes Stromnetz. Abgesichert sind zudem neu Persönlichkeits- und Namenrechtsverletzungen sowie Geothermieanlagen, die mittels Bohrung errichtet werden oder wurden. Dies gilt bis 200 Meter Bohrtiefe und mit einer Deckungssumme von einer Million Euro, und zwar in beiden Tarifvarianten.

Eine Leistungs-Update-Garantie ist in beiden Varianten enthalten. So bleibt die Privathaftpflicht immer auf dem neuesten Stand und Kunden erhalten automatisch die verbesserten Leistungen, sofern diese ohne Mehrbeitrag bei künftigen Versicherungsverträgen enthalten sind. Insgesamt sind die neuen Deckungssummen mit 30 Millionen Euro in der Tarifvariante „Klassik-Garant“ und 50 Millionen Euro im Baustein „Exklusiv“ ausreichend hoch bemessen.

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Kritikpunkte am neuen Tarifwerk

Negativ fällt auf, dass die Best-Leistungs-Garantie weiterhin nur optional erhältlich ist und nicht fest im neuen „Exklusiv“-Tarif eingepreist wurde. Dieser garantiert im Schadenfall die besten Leistungen aus allen privaten Haftpflichtversicherungen am deutschen Markt im Rahmen der gesetzlichen Haftpflicht. Verbesserungswürdig ist, dass selbstständige nebenberufliche Tätigkeiten sowie Be- und Entladeschäden, generell nur im Tarif „Exklusiv“ versichert sind. Die nebenberuflichen Tätigkeiten sind dabei mit lediglich 12.000 Euro Jahresumsatz im Vergleich zum Wettbewerb sehr gering bemessen. Zudem ist der versicherte Tätigkeitskatalog hier sehr stark eingeschränkt.

Summen- und Konditionsdifferenzdeckung sowie Besitzstandklausel fehlen

Sehr schade ist auch das Fehlen einer kostenlosen Summen- und Konditionsdifferenzdeckung und einer Besitzstandklausel. Die Differenzdeckung ist im Maklermarkt existenziell wichtig, um Verträge von Mandanten bereits vor dem Ablauf des Vertrages auf ein haftungsbeschränkendes Niveau hieven zu können. Beispielsweise, wenn der Vertrag eines anderen Versicherers mit schlechten Leistungen und einer längeren Restlaufzeit im Rahmen einer Bestandsübertragung in die Betreuung übernommen wurde. Die Besitzstandklausel wirkt wiederum haftungsminimierend, indem sie dem Mandanten garantiert, bei einer Umdeckung nie schlechter versichert zu sein als im unmittelbaren Vorvertrag. Bei vielen Wettbewerbern ist dies im Maklermarkt längst Standard.

Preislich in allen Varianten solide 

Kommen wir zum Preis: Mit 69,00 Euro für den „Klassik-Garant“ und 74,25 Euro für den „Exklusiv“ ist die Familienhaftpflicht ohne Selbstbeteiligung zu haben. Günstiger ginge es natürlich bei einer Selbstbeteiligung von 150 Euro. Hier liegen die Prämien bei 55,20 Euro und auf 59,41 Euro.
Singles bezahlen ohne Selbstbeteiligung 38,35 Euro im „Klassik-Garant“ und 47,25 Euro im „Exklusiv“-Baustein. Dies lässt sich mit 150 Euro Selbstbeteiligung noch auf 30,59 Euro und 37,80 Euro reduzieren. Die Tarifvarianten Paare und Single mit Kind bewegen sich preislich dazwischen.

Diese Preise sind dem aktuellen Endkundenrechner der VHV entnommen. Etwaige Maklerrabatte sind hier nicht berücksichtigt, mir aber auch bisher nicht bekannt. Wie ich finde, nicht zu teuer, aber auch sicher kein Preisbrecher. Die Best-Leistungs-Garantie kostet in allen Varianten neun Euro extra. Ich hätte es begrüßt, wenn sie ohne Zusatzbeitrag inkludiert worden wäre.

 

Im Marktvergleich in der erweiterten Top-Riege

Zu guter Letzt ist ja ein Versicherer immer nur so gut, wie man in Sachen Schadenregulierung auch mit ihm reden kann. Repräsentative Aussagen dazu kann ich in Bezug auf die VHV natürlich nicht treffen. Aus meiner Erfahrung haben sich die Hannoveraner stets als fairer Partner erwiesen, der zu seinen Leistungsversprechen steht. Sie ist mir jedoch bei Kulanzzahlungen, die über das schriftlich verbriefte Leistungsversprechen hinausgehen, auch noch nicht aufgefallen.

Insgesamt würde ich der VHV mit ihrem neuen Produkt einen Platz im oberen Marktsegment attestieren. Der Leistungsumfang kann sich ohne Weiteres mit den besseren Tarifen im Maklermarkt messen. Für eine Spitzenposition fehlt es in der Summe jedoch an weiteren echten Alleinstellungsmerkmalen. 

Über den Autor:
Stephan von Heymann wurde 1974 in Aurich geboren. Er begann seine Karriere in der Assekuranz mit einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann bei der Ergo in Bremen. Er war mehrere Jahre als selbstständiger Versicherungsvermittler in Leipzig tätig, bis er 2014 zum Maklerpool Aruna nach Berlin wechselte. Dort ist er als „Haftpflicht Underwriter“ tätig. Ein ergänzendes Fachstudium bei der Deutschen Versicherungsakademie absolvierte er zwischen 2019 und 2020.     

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