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in Emerging Markets AktienLesedauer: 10 Minuten

Roundtable Emerging Markets „Es muss Phasen zum Durchschnaufen geben“

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Röhrig: Etwas ketzerisch könnte man da schon mit der Diskussion um die richtige Bezeichnung anfangen. Die Emerging Markets werden heute teils pauschal noch als "Entwicklungsländer" klassifiziert, bei denen die Leute sich fragen, in was Sie dort eigentlich investieren. Wenn Sie beispielsweise an Korea oder Taiwan denken, sind das sehr weit entwickelte Volkswirtschaften. Es ist ein heterogenes Universum.

Martin Dilg AB

Martin Dilg, Managing Director, Head of Retail-/Wholesale Business, Central Europe, AB, Foto: Lutz Sternstein

Dilg: Ein sehr großer Teil der Weltwirtschaftsleistung wird heute bereits von den Emerging Markets erbracht. Und wie lange liegt die industrielle Revolution zurück, die uns dahin gebracht hat, wo wir jetzt sind? Von den Emerging Markets erwartet man, dass ihre Entwicklungslinie linear aufwärtsgeht. So kann es nicht sein, es muss immer wieder Durchschnaufphasen geben, in denen dann die nächsten Schritte eingeleitet werden. Wir müssen eben die Berater und Anleger dahingehend erziehen, dass sie hier nicht einen Investitionshorizont von drei Jahren, sondern von 15 oder 20 Jahren veranschlagen.

Wolf: Timing ist hier ganz bestimmt nicht entscheidend. Meines Erachtens ist ein langfristig angelegtes Investment in die Emerging Markets ein Muss und sollte essentieller Bestandteil jeder strategischen Asset-Allokation sein. Um meinen eben gebrachten Vergleich noch zu erweitern: In den Schwellenländern finden Sie im Bereich Investment Grade Corporate Bonds eine niedrigere Duration, aber höhere Coupons als bei zum Beispiel in den entwickelten Märkten.

Röhrig: Und Wirtschaftswachstum heißt auch nicht gleichzeitig Performance. Es geht um die Profitabilität und Differenzierung auf Einzeltitelebene. Dazu braucht man aus unserer Sicht auf der Aktienseite die Expertise vor Ort. Wir führen eine eigenständige Analyse und Bewertung der Unternehmen durch unsere lokalen Spezialisten durch.  

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Dilg: Ja, das ist heute so. Wenn ich in Aktien aus den Emerging Markets investieren möchte, habe ich dafür rund 4.000 Möglichkeiten. Nehme ich die Anleihen dazu, also Hard Currency und Local Currency, sind es schon 20.000 Titel. Und ich steigere mich von 23 auf 103 Länder, über die ich diversifizieren kann. Das ist nur bei entsprechender Datenlage und auch nur im Team zu stemmen. So kann unser Multi-Asset-Manager, der mit seinem Fonds das gesamte Multi-Asset-Spektrum der Schwellenländer abdeckt, mit diversen Analysten und Co-Portfoliomanagern im Aktien- und im Fixed-Income-Bereich zusammenarbeiten. Die speziellen Bewertungen fließen dann in die Allokationsentscheidung ein. Wir haben beispielsweise gerade von einem Quartal aufs andere die Aktienquote von 64 auf 73 Prozent hochgefahren. Eine solche Entscheidung braucht einen entsprechenden Hintergrund.

Thomas Meyer Degroof Petercam
Thomas Meyer, Degroof Petercam AM (r.), Foto: Lutz Sternstein

Meyer: Wir investieren ausschließlich in Staatsanleihen aus den Emerging Markets. Aus gutem Grund: Weil wir dafür keine Analystenteams für Unternehmensanleihen brauchen. Wohl aber ein eigenes Research für Staatsanleihen. Für die großen Emerging Markets gibt es etwa von der Weltbank oder dem IWF hierzu ausreichende Reports. Für uns ist es aber wichtiger, auch die kleineren Länder zu berücksichtigen. Und so informieren wir uns vor Ort in Vietnam, Angola oder Gabun und sprechen mit supranationalen Organisationen, Notenbanken und Finanzministerien sowie lokalen Investoren oder politischen Entscheidern. So bekommen Sie die Einblicke und Erkenntnisse, die wichtig sind für die Portfolio-Allokation.

Setzt sich das Thema Nachhaltigkeit auch bei Emerging-Markets-Fonds immer stärker durch?

Dilg: Auf alle Fälle. Alliance Bernstein wird nicht unbedingt als ESG-Investor identifiziert, nichtsdestotrotz beschäftigen wir uns damit intern seit 15 Jahren. In den Emerging Markets spielt Corporate Governance eine ganz wichtige Rolle, und viele jüngere Firmen, die es erst seit fünf oder zehn Jahren gibt, verfolgen hier einen ganz anderen Ansatz verfolgen als diejenigen, die es schon länger gibt.