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Aktualisiert am 03.07.2020 - 11:11 UhrLesedauer: 3 Minuten

Vermögensverwalter Thomas Wüst „Viele klassische Aktienfonds legen zu wenig Wert auf Nachhaltigkeit“

Thomas Wüst, Geschäftsführer der Valorvest Vermögensverwaltung aus Stuttgart
Thomas Wüst, Geschäftsführer der Valorvest Vermögensverwaltung aus Stuttgart

„Wie hoch ist der Aktienanteil in Ihrem Fonds von Unternehmen, die derzeit in Sustainability-Indexkonzepten enthalten sind?“ Mit dieser einfach-klingenden Anfrage habe ich mich kürzlich an ausgewählte Fondsgesellschaften aktiv gemanagter, klassischer Aktienfonds gewandt. Das Ergebnis war ernüchternd: Kein einziger der befragten Manager klassischer Aktienfonds war sich darüber bewusst, wie hoch der Anteil von Unternehmen in seinem Fonds ist, die Nachhaltigkeitskriterien von Sustainability-Indexkonzepten erfüllen - eine ernüchternde Bilanz.

Dabei wäre diese Information schon aus Eigeninteresse des Fondsmanagers von Bedeutung und zwar in mehrfacher Hinsicht:

Einerseits werden Nachhaltigkeitskriterien bei der Geldanlage für institutionelle Investoren immer wichtiger. Als einer der berühmtesten und größten Vertreter dieser Zunft setzt der Staatliche Pensionsfonds des Königreichs Norwegen auf ethische, soziale und ökologische Regeln bei der Geldanlage. Insofern ist es ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsmerkmal, ob ein Unternehmen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt oder nicht. Diverse Studien belegen, dass Nachhaltigkeitskriterien bei institutionellen Investoren eine immer wichtigere Rolle spielen. Dieser Trend wurde durch die Studie des CFA Institute aus 2017 bestätigt, wonach 73 Prozent der befragten Großanleger Nachhaltigkeits-kriterien in den kommenden Jahren eine höhere Bedeutung beimessen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine aktuelle Nachhaltigkeitsstudie von Union Investment, in der 63 Prozent der Befragten bereits Nachhaltigkeitskriterien fest in ihrem Investmentprozess verankert haben.

2 Ansätze zur nachhaltigen Titelauswahl

So kann die Abstinenz institutioneller Investoren von einer Aktie eines Unternehmens, das derartige Sustainability-Kriterien nicht erfüllt, zu einem Bewertungsabschlag führen, den Fondsmanager bei der Titelselektion mindestens berücksichtigen sollten. Umgekehrt kann sich bei Aktien, die als „Best-In-Class“-Favorit einer Branche gelten, ein entsprechender Bewertungsaufschlag einstellen, der ebenfalls diskontiert werden muss.

Andererseits könnten gerade Aktien von Unternehmen, die diverse Nachhaltigkeitskriterien derzeit noch nicht erfüllen, gerade wegen eines Bewertungsabschlags ein interessantes Investment werden, wenn sich das Management des Unternehmens dazu aufmacht, künftig nachhaltiger zu wirtschaften. Hierfür könnten Fondsmanager mit ihrem Einfluss auf Hauptversammlungen und in den Meetings mit dem Management auch entsprechenden Druck aufbauen. Denn wenn eine Aktie in einen Sustainability-Index aufgenommen wird, erschließt sie sich eine neue Käufergruppe.

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Dies wäre übrigens auch ein konstruktives Argument, weshalb man als Investor klassische Aktienfonds vor speziell-ausgerichteten Sustainability-Fonds bevorzugen kann – zumindest dann, wenn die Fondsmanager besagten Druck auf die Firmen auch umsetzen.

Sicherlich sind die verschiedenen Sustainability-Indexkonzepte am Markt sehr unterschiedlich aufgebaut. Hier kann man sich trefflich darüber streiten, ob ein „Best-In-Class“-Ansatz oder harte Ausschlusskriterien einzelner Branchen der richtige Weg sind. Unabhängig davon gibt es jedoch ökonomische Gründe, sich darüber Gedanken zu machen, ob ein Unternehmen als nachhaltig eingestuft wird oder nicht. So kann es eben auch ein komparativer Wettbewerbsvorteil sein, inwieweit ein Unternehmen dazu in der Lage ist, mit begrenzten Ressourcen effizient umzugehen.

Bei den Leitindizes DAX und DJ EuroStoxx50 gibt es bereits Transparenz: Anleger, die in diesen Aktienindizes engagiert sind, sind aktuell mit ca. 87 (DAX) bzw. 89 Prozent (DJ EuroStoxx50) ihres Kapitals in Unternehmen investiert, die in Sustainability-Indizes enthalten sind. Diese Transparenz, die aktuell durchaus ein Argument für ein passiv gemanagtes „ETF“-Investment sein kann, sollten Fondsmanager von aktiven gemanagten, klassische Aktienfonds ihren Anlegern doch auch bieten können.

Mehr Transparenz  bei „Assets under Sustainability“

Es wäre nun aber sicherlich falsch, auf Basis meiner gemachten Erfahrungen der gesamten Fondsbranche in Deutschland ein schlechtes Zeugnis bezüglich der Nachhaltigkeit auszustellen. So war meine Stichprobe keinesfalls repräsentativ und viele Fondsgesellschaften unterwerfen ihre Produkte bereits externen Ratings, wie zum Beispiel dem Morningstar Sustainability Rating. Auch verschreiben sich immer mehr Fondsgesellschaften ethischen Grundsätzen, wie den „UN-Prinzipien für verantwortungsvolles Investment“ („UNPRI“), die militärische Investments, wie in Streubombenhersteller, generell ausschließen.

Zudem arbeiten Fondsgesellschaften verstärkt mit speziellen Ratingagenturen, wie oekom Research oder Sustainalytics, bei der Aktienanalyse zusammen oder haben sogar eigene Abteilungen dafür geschaffen. Da wäre es doch nun nur ein kleiner Schritt, für mehr Transparenz im Hinblick auf die „Assets under Sustainability“ auf Ebene klassischer Aktienfonds zu sorgen. Ich zumindest würde mich darüber freuen!

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