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Aktualisiert am 08.09.2017 - 12:37 Uhrin FondsLesedauer: 3 Minuten

Wachtendorf-Kolumne Fonds 2016: Meister der Vorsorge, aber nicht der Herzen

Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS
Egon Wachtendorf, Chefredakteur DER FONDS

Nun ist sie da, die mit Spannung erwartete Jahresbilanz des Branchenverbands BVI. Dass es 2015 bei den Netto-Mittelzuflüssen in Investmentfonds mit 193,4 Milliarden Euro einen neuen Rekord geben würde, zeichnete sich schon vor Monaten ab. Offen blieb hingegen bis zuletzt, ob auch bei den für Privatanleger aufgelegten Publikumsfonds die bisherige, im Jahr 2000 aufgestellte Rekordmarke von 74,6 Milliarden Euro fallen würde. Dafür hat es im vergangenen Jahr mit 71,9 Milliarden Euro nicht ganz gereicht.

Es dürfte auf absehbare Zeit die letzte Gelegenheit gewesen sein. Von neuen Rekordzahlen im Publikumsfondsgeschäft ist der BVI 2016 so weit entfernt wie die beiden Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt und Schalke 04 vom Meistertitel, den sie 1992 beziehungsweise 2001 nach jahrzehntelangem Leerlauf um ein Haar nach Hause geholt hätten. Die Frankfurter warten darauf seit nunmehr 57 Jahren, die Schalker sogar schon seit 58 Jahren.

Der Grund dafür, dass es 2016 mit neuen Absatzhöhen beim Privatanleger wohl nichts werden wird, liegt weniger in der aktuellen Börsenkrise. Die ließe sich mit geschicktem Marketing vielleicht sogar dazu nutzen, weitere Milliarden zu aktivieren – von Anlegern, die den Aktien-Aufschwung von 2009 bis 2015 verpasst haben und im derzeitigen Umfeld anders als 2009 keinerlei sinnvolle Alternative mit Ertragsperspektive sehen.

Das Problem sind vielmehr die Produkte, in die 2015 die frischen Gelder geflossen sind: überwiegend Mischfonds, die ihren Käufern in Aussicht gestellt haben, die Verluste im Krisenfall möglichst niedrig zu halten. Um diese Erwartung zu erfüllen, arbeiten viele Fondsmanager mit Risikobudgets – die nun angesichts der kräftig gefallenen Kurse und fehlender Zins-Puffer auf der Rentenseite gleich zu Jahresbeginn aufgebraucht sind. In solchen Situationen verstärken derart gestrickte Fonds zunächst mit Notverkäufen den Abwärtstrend und finden dann häufig den Weg ins Risikokapital nicht rechtzeitig zurück. Die Folge: geringe Maximalverluste, aber unter dem Strich enttäuschende Gesamtergebnisse und damit letztlich unzufriedene Anleger.

Wie groß dieser Effekt 2016 und in den Folgejahren am Ende wirklich sein wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Ein anderer, mindestens ebenso belastender Effekt dürfte jedoch hinzukommen: Noch immer stecken fast 200 Milliarden Euro der von BVI-Mitgliedern verwalteten Gelder in klassischen Rentenfonds. Produkte wie Uni-Euro-Renta, Rendit-Deka, Allianz Europazins oder DWS Eurorenta werden aber mit ihren Erträgen auf absehbare Zeit bestenfalls die Kosten der Verwaltung auffangen können – wie lange werden ihnen die Anleger dabei zuschauen? Und werden sie bei künftigen Umschichtungen dem Fondsgedanken die Stange halten, wenn sie sehen, dass viele der als Allzweckwaffe angepriesenen Mischfonds in der Vergangenheit auch keine besseren Ergebnisse erzielt haben?

Als den Schalke-Spielern 2001 der Triumph in letzter Sekunde entrissen wurde, durften sie sich zumindest als Meister der Herzen fühlen. Ein Titel, der im Fußball natürlich nichts zählt. Für die Investmentbranche wäre ein solcher Titel aber unendlich mehr wert als die Tatsache, bereits heute der größte Verwalter von Kapital für Altersvorsorge und Vermögensbildung in Deutschland zu sein. Nähergekommen ist sie ihm im Rekordjahr 2015 nicht wirklich.

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