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Börsenblatt Die heilige Einfalt an den Finanzmärkten

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Fragt man etwa Deutsche und Amerikaner, welche Stadt größer ist, San Diego oder San Antonio, so geben fast alle Deutschen die richtige Antwort: San Diego. Von den Amerikanern liegen nur etwa zwei Drittel richtig.

Dieses Ergebnis liegt nicht etwa in der größeren Bildung der Deutschen, sondern daran, dass kaum einer von ihnen je von San Antonio gehört hat. Intuitiv nennen wir den Ort, den wir kennen, und halten es für unmöglich, dass eine unbekannte Stadt größer sein könnte. Die Amerikaner haben diesen Luxus der fehlenden Information nicht.

Immerhin sind die San Antonio Spurs schon fünfmal US-Meister im Basketball geworden, so auch in diesem Jahr. Und das soll eine Kleinstadt sein??? Nichtwissen kann ein großer Vorteil sein.

Einfache Heuristik funktioniert besser als komplizierte Modelle

Eine andere einfache Entscheidungsregel ist die Imitation. Eine erfolgreiche Handlung nachzuahmen ist sehr viel einfacher, als sich selbst Gedanken zu machen. Selbst denken ist schwierig und bei den wenigsten von Erfolg gekrönt.

Sie sind besser dran, sich an das zu halten, was bei ihren Nachbarn, in einer ähnlichen Situation und in einer ähnlichen Umwelt schon funktioniert hat. Eine solche einfache Heuristik funktioniert erstaunlich gut, meist besser als komplizierte Modelle, und ist der Grund für den Erfolg vieler Trendfolger an den Finanzmärkten.

Ein anderes Beispiel sind Experten, die nach der erstbesten Idee handeln, die ihnen in den Kopf kommt. Ein erfahrener Pilot oder Arzt sieht meist auf den ersten Blick, wie mit einem Problem umzugehen ist. Lange Abfragen von Checklisten ergeben in den seltensten Fällen ein besseres Ergebnis und oft ist dafür auch keine Zeit.

Diese erste Antwort hat im Übrigen meist auch den Vorteil, sich leicht verifizieren zu lassen: Man erkennt relativ schnell die seltenen Fälle, in denen sie falsch ist. Die Liste einfacher Heuristiken, die zu erstaunlich guten Ergebnissen führen, ließe sich noch mindestens bis Weihnachten fortsetzen, aber der Punkt, auf den es ankommt, dürfte klar sein: Komplizierte Modelle, die auf alle verfügbaren und nicht verfügbaren Informationen zurückgreifen, sind nicht nur weltfremd, sondern auch überflüssig.

O Sancta Simplicitas - an den Finanzmärkten


Auf unser Herzensthema, die Finanzmärkte, gewendet bedeutet dies, dass einfache Indikatoren oft besser, schneller und robuster sind als alle (von uns ebenfalls gepflegten) Regressionsanalysen. Und die einfachen Indikatoren legen derzeit alle den Kauf europäischer Aktien nahe: Die Stimmung ist auf Grund der Ukraine-Krise und der nach wie vor schwelenden Eurokrise gedrückt.

Die Konjunktur dürfte aber besser laufen als gedacht, denn die Energiepreise sind niedrig und der Wechselkurs ist schwach. Und die Zinsen werden niedrig bleiben, solange die fallenden Energiekosten das allgemeine Preisniveau in den Dunstkreis der Deflation drücken. Mehr muss man nicht wissen. Alles andere führt nur zum Zweitbesten.

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