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Hüfners Wochenkommentar „Lowflation“ ist der neue Gegner

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Die Gefahrenzone zwischen Inflation und Deflation

Eigentlich dachte ich, sie wäre inzwischen abgeschlossen. Auf dem Londoner Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der großen Industrieländer 1977 hatte man sich auf die berühmte Formel geeinigt: "Inflation verringert nicht die Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil, sie ist eine ihrer Hauptursachen". Das war eine klare Absage an das Konzept einer Minimuminflation.

Die Einigung ist freilich lange her. Offenbar ist sie inzwischen in Vergessenheit geraten. Jedenfalls sieht es so aus, als würden wir mit der Diskussion über die "Lowflation" in die Zeit vor dem Londoner Konsens zurückkehren. In Europa redet man darüber noch nicht explizit.

Die Europäische Zentralbank hat die niedrige Inflation bis jetzt nicht zum Anlass genommen, weitere Lockerungen zu beschließen. Auf internationaler Ebene traue ich aber dem Frieden nicht. Vielleicht bin ich zu skeptisch und interpretiere zu viel in die neue Terminologie. Aber Volkswirte sollten Trends erkennen und davor warnen, bevor alle darüber reden.

Nun kann man natürlich fragen, warum es den Korridor zwischen Deflation und Inflation überhaupt gibt, wenn man ihn politisch nicht nutzen soll? Die Antwort ist klar. Er ist die Gefahrenzone. Da stehen die Ampeln auf Gelb. Die Zentralbank soll noch nicht handeln. Sie soll aber ihre Wachsamkeit erhöhen.

Eine solche Gefahrenzone ist aus zwei Gründen sinnvoll: Zum einen, weil die Deflationsbekämpfung so schwierig und herausfordernd ist, dass die Zentralbank mit der Vorbereitung darauf frühzeitig beginnen soll.

Zum anderen weil die Messung der Preissteigerung immer mit Fehlern und Unsicherheiten verbunden ist. Es könnte also sein, dass auch eine Inflation von 1 Prozent schon näher an der Deflation ist, als viele denken. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sich die statistischen Ämter schwer damit tun, den technischen Fortschritt bei einzelnen Gütern aus der Preissteigerung herauszurechnen.

Für den Anleger


Bisher hat die Europäische Zentralbank alles richtig gemacht in der Phase der "Lowflation". Sie hat den Alarmmodus eingeschaltet, hat sich aber mit zusätzlichen Maßnahmen zurückgehalten. Ich hoffe, dass das so bleibt. Wenn die EZB aber von diesem Kurs abweichen und doch noch weitere Lockerungen in Kraft setzen sollte, ohne dass es eine wirkliche Deflation gibt, dann sollten beim Anleger die Alarmglocken klingen.

Kurzfristig wirkt sich das zwar positiv auf die Aktien- und Rentenmärkte aus. Längerfristig wächst aber die Gefahr einer ernsthaften Abweichung vom Stabilitätskurs. Das wäre ein Warnsignal. Anleger müssten sich darauf einstellen, dass es früher oder später doch eine Blase gibt.

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