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Inflation Der Sparer war schon immer der Dumme

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Betrachtet man die historischen Renditen für Spareinlagen mit Mindest-/Grundverzinsung und dreimonatiger Kündigungsfrist, die im Zeitreihenarchiv der Deutschen Bundesbank ab 1967 historisch verfügbar sind, so stellt man auch für die Zeit vor 2003 (also schon vor der finanziellen Repression) Erstaunliches fest: Die reale Verzinsung schwankte relativ stark und betrug im Durchschnitt -0,1 Prozent.

Die Zinszahlungen reichten damit nicht einmal aus, um den Wertverfall durch Inflation auszugleichen. Hierbei sind Steuern noch gar nicht berücksichtigt. Bei der realen Umlaufrendite betrug der entsprechende Durchschnittswert im gleichen Zeitraum übrigens 4,2 Prozent pro Jahr.



Finanzielle Repression ist auch in Deutschland in keinerlei Hinsicht etwas Neues. Im Gegenteil: Kleinsparer wurden durch niedrige Zinsen auch früher schon indirekt enteignet. Für sie hat sich somit wenig geändert. Neu ist nur, dass jetzt auch die Käufer von Staatsanleihen und Pfandbriefen betroffen sind.

Ihr Vorteil gegenüber Kleinsparern ist von über 4 Prozent auf zirka 1 Prozent pro Jahr zusammengeschrumpft. Auch vor 1967 sind Sparer fast immer relativ schlecht weggekommen. Während der Hyperinflation in den 20er Jahren wurden Guthaben fast komplett entwertet.

Bei der Währungsreform 1948 wurden Sparguthaben von Reichsmark in D-Mark im Verhältnis 100 zu 6,5 umgetauscht, im Gegensatz zum üblichen Umtauschsatz von 100 zu 10. Soweit es sich heute rekonstruieren lässt, lagen ihre Zinsen in den 50er und 60er Jahren deutlich unter denjenigen für Staatsanleihen und in der Nähe der Inflationsraten.

Wenn Professor Kirchhof mit der Auffassung recht hat, dass durch die aktuellen Niedrigzinsen die Verfassung verletzt wird, dann wäre es schön, wenn zur Kenntnis genommen wird, dass dieser Verfassungsbruch zumindest für die Sparbuchbesitzer schon seit Jahrzehnten Wirklichkeit ist.

Wenn Ökonomen und Journalisten die negativen Folgen der finanziellen Repression gerade für diese Gruppe dramatisch ausmalen, sollte doch bitte berücksichtigt werden, dass sich gerade für sie durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) fast nichts geändert hat.

Dramatische Änderungen haben sich aber für Versicherungen, Stiftungen und andere Institutionen ergeben, die aufgrund ihrer Anlagevorschriften einen Großteil ihres Vermögens in niedrigst verzinsliche Wertpapiere investieren müssen. Sie stecken in einer Falle, aus der nur eine Lockerung der rechtlichen Vorgaben oder signifikant höhere Kapitalmarktzinsen helfen würden.

Beides ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht. Doch die Großanleger haben nach 30 Jahren Rentenmarktboom sehr gute Zeiten hinter sich, die vielleicht ja auch einmal wiederkehren. Für den Sparer hingegen gilt: Er ist heute der Dumme, war früher der Dumme, und wird es aller Voraussicht nach auch bleiben.

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