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5 Jahre DIN-77230
Normen im Finanzvertrieb – warum sie sich nur schleppend durchsetzen
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5 Jahre DIN-77230 Normen im Finanzvertrieb – warum sie sich nur schleppend durchsetzen

Paar mit Laptop: DIN-Normen könnten der Finanzberatung zu einem besseren Image verhelfen.
Paar mit Laptop: DIN-Normen könnten der Finanzberatung zu einem besseren Image verhelfen. | Foto: Imago Images / Westend61

Schon mal etwas vom Nafin gehört? Dahinter verbirgt sich eine neue Arbeitsgruppe am Berliner DIN-Institut. Sie soll sich speziell um Normierungen im Finanzbereich kümmern. Zum Jahresbeginn 2024 hat sie ihre Arbeit aufgenommen. Gleichzeitig formiert sich aktuell das „Technical Committee Finance“ der europäischen Normungsorganisation CEN. Es soll Normen im Finanzbereich europaweit fördern.

Beim Stichwort Normen mag sich der eine oder andere an verpflichtende Regulierung, Richtlinien und Verordnungen, erinnert fühlen. DIN-Normen sind jedoch eine freiwillige Selbstverpflichtung. Wer als Finanzberater nach einer Norm arbeitet, verspricht, die Dienstleistung nach einem bestimmten Standard zu erbringen. Es geht um Qualität und Verbraucherschutz. Der Finanzvertrieb leidet schon lange unter seinem schlechten Image. Genau da sollen DIN-Normen ansetzen.

Die erste Finanznorm erschien vor fünf Jahren: DIN-77230 Finanzanalyse für Privathaushalte. Eine Analyse für Freiberufler und Kleinunternehmen (DIN-77235) sowie eine Norm für Risikoprofilierung von Privatanlegern (DIN-77223) sind hinzugekommen, eine Norm zur Nachhaltigkeits-Zuordnung von Finanzprodukten ist in Arbeit. Die erste Norm ist jedoch die am meisten verwendete. Sie gibt einen Leitfaden: Hat sich der Kunde gegen mögliche Berufsunfähigkeit abgesichert? Ist er so aufgestellt, dass im Alter genügend Mittel für ein auskömmliches Leben da sein werden? Die Analyse berücksichtigt 42 Finanzthemen und unterscheidet die drei Stufen finanzieller Grundbedarf, das Erhalten und das Verbessern des Lebensstandards. 

Die Idee: Egal, welchen Hintergrund ein Berater aus den Bereichen Finanzen oder Versicherungen mitbringt – er soll nach einer Prioritätenliste vorgehen. Dabei sollen sich die Lücken zeigen, die den Kunden finanziell bedrohen können. Die Norm schreibt allerdings nicht vor, was der Berater im Nachgang dann vermittelt.

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„Eine Analyse ist keine Anlageempfehlung“, betont Jan Phillip Kühme. Kühme ist einer von sieben Bereichsleitern beim Allfinanz-Dienstleister Global-Finanz, für den nach hauseigenen Angaben rund 300 Berater hauptberuflich arbeiten. DIN-Normen hält Kühme für „verlässlich wie ein Blutbild, für das jedes Labor die gleichen Werte erzeugt“. Kunden könnten sich darauf verlassen, dass die Empfehlungen auf fundierten Daten beruhen. „Beratern bieten DIN-Analyseprozesse einen nicht zu unterschätzenden Marketing-Effekt.“

 

Eine Kundenanalyse nach DIN-77230 kostet bei Global-Finanz 75 Euro. Die eingesetzte Software ist ebenfalls zertifiziert. Global-Finanz strebt an, dass sich möglichst viele seiner Vermittler nach DIN zertifizieren lassen. Prinzipiell lässt sich eine DIN-Analyse mit der passenden Software jedoch auch von einem nicht zertifizierten Berater machen. Wenn Banken oder große Finanzvertriebe also mit der DIN-Norm werben, heiße das lange nicht, dass auch alle beratenden Mitarbeiter automatisch zertifiziert seien, erinnert Kühme. 

Es gibt in Deutschland nur eine einzige Stelle, die bislang überhaupt DIN-Zertifizierungen vornimmt: das Heidelberger Defino. Es nennt sich auch „Institut für Finanznorm“, ist jedoch ein Unternehmen, das sich von einem Gremium beraten lässt, zu dem auch Wissenschaftler gehören. Alle drei bestehenden Finanznormen wurden zunächst innerhalb dieses Kuratoriums diskutiert, bevor das Projekt an das DIN ging.