Sarah Steiner
20.06.2022

Morningstar-Expertin über Fondsauswahl „Nachhaltigkeitsklassen allein bringen nichts“

Natalia Wolfstetter ist seit dem Jahr 2004 Fondsanalystin bei der Rating-Agentur Morningstar. Zuvor hat sie für die Anlagegesellschaft Allianz Global Investors gearbeitet.
Natalia Wolfstetter ist seit dem Jahr 2004 Fondsanalystin bei der Rating-Agentur Morningstar. Zuvor hat sie für die Anlagegesellschaft Allianz Global Investors gearbeitet.
© Morningstar

DAS INVESTMENT: Frau Wolfstetter, laut der EU-Offenlegungsverordnung müssen
Fondsanbieter darlegen, wie sie ökologische und soziale Aspekte behandeln. Dazu stufen sie Fonds in drei Kategorien ein. Welche sind das?

Natalia Wolfstetter: In Artikel-6-Fonds spielt Nachhaltigkeit keine oder eine geringe Rolle. In Artikel-8-Fonds berücksichtigen Investmentgesellschaften soziale oder ökologische Merkmale. Diese Anlageprodukte werden oft auch hellgrüne Fonds genannt. Mit Fonds gemäß Artikel 9 verfolgen Asset Manager hingegen ganz explizit nachhaltige Ziele wie die Reduktion von CO2-Emissionen. Sie heißen auch dunkelgrüne Fonds.

Wie verlässlich ist diese Klassifizierung?

Wolfstetter: Das ist eine gute Frage. Investmentgesellschaften stufen Anlageprodukte selbst ein und legen dabei ganz unterschiedliche Maßstäbe an. Manche haben einen strengen Ansatz mit vielen verbindlichen Elementen, andere geben sich damit zufrieden, Nachhaltigkeit ins Research einzubeziehen. Die Bandbreite ist vor allem bei Artikel-8-Fonds groß. Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Einstufungen kein Nachhaltigkeits-Label sind.

Wie viel Greenwashing steckt wirklich in Nachhaltigkeitsfonds?

Wolfstetter: In letzter Zeit sind viele Anbieter dem Nachhaltigkeitstrend gefolgt, obwohl sie keine langjährige Erfahrung damit haben. Manche Gesellschaften klassifizieren Fonds sogar gemäß Artikel 8, ohne ihre Anlagestrategie groß zu ändern. Hier kann man zu Recht von Greenwashing sprechen.

Was können Anleger tun, um falsche Nachhaltigkeitsfonds zu entlarven?

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Wolfstetter: Investoren sollten zunächst überlegen, was sie unter Nachhaltigkeit verstehen. Geht es darum, gemäß bestimmten Wertvorstellungen zu investieren und damit Unternehmen oder ganze Industrien aus dem Anlageuniversum auszuschließen? Sollen mit nachhaltigen Kriterien Risiken reduziert werden? Oder geht es darum, einen guten Einfluss auf die Umwelt zu haben? Wenn aus Anlegerinformationen keine klare Zielsetzung hervorgeht und Erklärungen nicht über allgemein gehaltene Aussagen hinausgehen, ist Vorsicht angebracht.

Worauf sollten sie noch achten?

Wolfstetter: Es gibt auch quantitative Indikatoren, zum Beispiel das Morningstar Sustainability Rating und spezifische Kennzahlen für das CO2-Risiko und Verwicklungen in kontroverse Aktivitäten. Außerdem sollten Anleger natürlich die Gebühren im Auge behalten. Das gilt aber für alle Fonds-Investments.

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