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Interview zum japanischen Aktienmarkt „Japan-Aktien glänzen mit niedrigen Bewertungen und steigenden Dividenden“

Luxusmeile Ginza in Tokio
Luxusmeile Ginza in Tokio: Im aktuellen Marktumfeld bleibt Japan das stärkste Industrieland. | Foto: Imago Images / AFLO

DAS INVESTMENT: Herr Perry, Aktien sind zuletzt weiter stark unter Druck geraten. Welche Gründe sehen Sie für die leidigen Verluste?

Sam Perry, Investmentmanager

Sam Perry: Widersprüchliche Signale haben dazu geführt, dass sich Aktien schwertun, eine eindeutige Richtung zu finden. Die wirtschaftlichen Probleme Chinas haben die Märkte verunsichert. Der Binnenkonsum Chinas steht aufgrund des in die Krise geratenen Immobiliensektors weiterhin unter Druck. Die öffentliche Hand hat nicht genügend Anreize geboten, um dem Wachstum auf die Sprünge zu helfen. Gleichzeitig erweist sich die US-Wirtschaft als widerstandsfähig, was die Realzinsen nach oben gedrückt und infolgedessen Aktien in die Bredouille gebracht hat: Die Investoren sind zu dem Schluss gekommen, dass die US-Notenbank die Zinsen angesichts der bislang überraschend robusten Konjunkturdaten vermutlich noch länger auf hohem Niveau halten wird.

Was folgt aus den hohen Zinsen für die globale konjunkturelle Entwicklung?

Perry: Unserer Ansicht nach bekommen die Volkswirtschaften langsam die straffere Geldpolitik zu spüren. Wir gehen davon aus, dass sich das Wachstum lustlos entwickeln wird.

Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die breite Aktien-Allokation Ihres Teams?

Perry: In Aktien bleiben wir neutral gewichtet. Sowohl in den USA als auch in Europa sind die Unternehmensgewinne aufgrund des überraschend robusten Wirtschaftswachstums weiterhin stark, aber wir sind uns nicht sicher, ob diese Entwicklung von Dauer sein wird. Das Gewinnwachstum dürfte sich vor allem in Europa verlangsamen, da hier höhere Zinsen und steigende Löhne die Gewinnmargen belasten und gleichzeitig höhere Realrenditen die Aktien-KGVs unter Druck setzen. Auf globale Sicht haben die Konjunkturzyklus-Indikatoren daher insgesamt leicht ins Negative gedreht. Unsere markttechnischen Indikatoren weisen gleichermaßen auf eine nachlassende Dynamik an den globalen Aktienmärkten hin. Derweil legen unsere Bewertungskennzahlen nahe, dass Aktien weiterhin die einzige Anlageklasse sind, die teuer erscheint.

Gibt es denn, abgesehen von einigen Schwellenländern, denen der Binnenkonsum beim Wachstum hilft, einen Markt, den sich Anleger genauer ansehen können?

Perry: Japan bleibt in dem skizzierten Umfeld das stärkste Industrieland. Wir gehen davon aus, dass es in diesem und im nächsten Jahr dank der expansiven Geldpolitik über seinem Potenzial wachsen wird. Der Industriesektor kämpft jedoch weiterhin und dürfte sich kaum erholen, sofern sich der globale Handel abkühlt.

 

Wie erklären Sie es, dass die japanische Volkswirtschaft im Vergleich zu anderen entwickelten Märkten so stark ist?

Perry: Neben der robusten Erholung der Binnenwirtschaft hat auch der schwache Yen dazu beigetragen, die Unternehmensgewinne in Japan zu beflügeln.

Wie gehen Anleger mit dem japanischen Markt um? Haben sie Japan auf dem Radar?

Perry: Anleger entdecken Japan neu. Die Zuflüsse ausländischen Kapitals in den Aktienmarkt des Landes sind so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die leistungsstarke Wirtschaft unterstützt die guten Gewinnaussichten der Unternehmen. Eine verbesserte Corporate Governance macht japanische Aktien zunehmend auch für ausländische Investoren interessant. Zugleich sollen politische Reformen die langfristige Attraktivität japanischer Aktien erhöhen und japanische Sparerinnen und Sparer verstärkt zur Kapitalanlage führen. Nicht zuletzt durch diese neuen Ansätze bei der Regulierung der Kapitalanlage könnte die Nachfrage deutlich wachsen. Der japanische Aktienmarkt könnte daher unserer Auffassung nach weiteres Aufwärtspotenzial haben. Während die Bewertungen für globale Aktien noch zu hoch erscheinen, sind die Bewertungen für japanische Aktien weiterhin angemessen. Ausländische Investoren bleiben unterinvestiert, wenngleich sie ihre Allokationen in den vergangenen Monaten erhöht haben.

Wie reagiert die Pictet Strategy Unit auf die Stärke Japans?

Perry: Wir erhöhen unser Engagement in japanischen Aktien von neutral auf übergewichtet. Japan mit seinen 126 Millionen Einwohnern ist das einzige große Industrieland, dessen Wachstumsaussichten weiterhin stark sind und dessen konjunkturelle Entwicklung unseren Prognosen zufolge wie gesagt sogar über dem Potenzial der Volkswirtschaft liegen könnte. Das spiegelt sich auch in den Ertragskennzahlen der Aktien: Wir gehen davon aus, dass das Wachstum der Earnings per Share, des Gewinns je Aktie, in Japan von allen Industrieländern in den kommenden Quartalen am stärksten sein wird: Mit Aktienrenditen von 7,2 Prozent im Jahr 2023 und 6,2 Prozent im Jahr 2024.

Sie sprachen vorhin von niedrigen KGVs bei japanischen Aktien. Man hört immer wieder, dass die relativ starke Position japanischer Unternehmen sie auch für Dividendenjäger interessant macht?

Perry: Die Dividendenrendite japanischer Aktien ist seit 2018 deutlich über die von US-Aktien gestiegen. Die Aktienrückkäufe nehmen – abgesehen von 2020 – seit 2009 von Jahr zu Jahr zu. Gleichzeitig beflügelt der schwache Yen den Export und die ausländischen Direktinvestitionen nehmen zu. Vor diesem Hintergrund verfügen japanische Unternehmen über einen sehr starken, positiven Cashflow und eine hohe Liquidität, während US-Firmen im Vergleich hoch verschuldet sind. Nach einer langen Deflationsphase scheint die Inflation die japanische Geschäftswelt nun zu zwingen, diese Liquidität effizienter einzusetzen, etwa für Aktienrückkäufe und Dividendenausschüttungen.

Ihr Fazit, dies als letzte Frage, zum japanischen Aktienmarkt?

Perry: In den vergangenen Monaten wurden in praktisch allen großen Aktienregionen Verluste verzeichnet, mit Ausnahme von Japan, dessen Aktienerträge in Lokalwährung bilanziert unverändert blieben. Der durch die weiterhin ultralockere Geldpolitik der japanischen Notenbank schwächere Yen und die Aufhellung des Konjunkturausblicks haben sich für japanische Unternehmen und deren Aktienkurse als Segen erwiesen. Japan-Aktien können deshalb mit niedrigen Bewertungen und steigenden Dividenden glänzen.

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