Sven Stoll
08.11.2023

Der wahre Preis von ETFs Versteckte Gebühren und wie du sie vermeiden kannst

Junge Frau checkt ihr Depot
Junge Frau checkt ihr Depot: Anleger sollten beim Handel mit Wertpapieren die Ordergebühren und Transaktionskosten im Auge behalten, denn zu hohe Handelskosten schmälern die Rendite.
© Sven Stoll mit Canva

Ein wesentliches Verkaufsargument für börsengehandelte Fonds (ETFs) sind ihre im Vergleich zu anderen Anlageprodukten geringen Kosten. Während bei aktiv gemanagten Fonds oft schon beim Kauf ein Ausgabeaufschlag anfällt und die laufenden Kosten nicht selten die Zwei-Prozent-Marke überschreiten, liegen sie bei vielen ETFs deutlich darunter. Auch ein Agio, das der Verkäufer als Provision einstreicht, entfällt.

State Street hat kürzlich die Total Expense Ratio (TER), also die Gesamtkosten, für seinen ETF auf den US-Index S&P 500 auf nur noch 0,03 Prozent gesenkt. Wenn du 10.000 Euro in diesen ETF investiert hast, dann belaufen sich deine jährlichen Gesamtkosten also nur noch auf lapidare 3 Euro. Die Gebühren werden vom ETF-Anbieter direkt vom Fonds abgezogen. Dein Verrechnungskonto wird mit der TER also nicht belastet, stattdessen sinkt das Fondsvolumen. Man bezahlt die laufenden Kosten also in gewisser Weise mit einer schlechteren Performance des Fonds.

Kosten im Blick behalten

Transaktionskosten und Depotführungsgebühren

Viele Anleger kaufen ETFs mittlerweile über Neobroker und Direktbanken sowie die angeschlossene Börsenplätze wie Tradegate, Gettex oder L&S. Denn im Gegensatz zu herkömmlichen Fonds, die in der Regel nur einmal täglich außerbörslich zum sogenannten Nettoinventarwert gekauft und verkauft werden können, werden ETFs an der Börse gehandelt. Beim ETF-Handel werden während der Börsenöffnungszeiten laufend aktuelle Kurse gestellt. Dies ist mit dem Aktienhandel vergleichbar. Kauf- und Verkaufsaufträge werden sofort ausgeführt. Das ist allerdings nicht ganz kostenlos. Je nach Broker, bei dem man seine ETFs kauft und verwahrt, fallen zusätzlich Transaktionskosten und Depotführungsgebühren an. Pro Transaktion, also für jeden Kauf oder Verkauf von Wertpapieren, können Broker eine Ordergebühr erheben. Ein Vergleich verschiedener Broker ist daher auf jeden Fall ratsam.

Die Geld-Brief-Spanne: Das versteckte Preiselement

Weniger offensichtlich sind die Handelskosten, die sich aus der Differenz zwischen den an der Börse gestellten An- und Verkaufskursen ergeben. Diese Differenz wird in der Fachsprache auch Spread oder Geld-Brief-Spanne genannt. Sie stellt eine Vergütung für den Market-Maker dar.

Der Geldkurs (auch als Bid-Kurs bezeichnet) und der Briefkurs (auch als Ask-Kurs oder Angebotskurs bezeichnet) geben an, zu welchem Preis ein Händler bereit ist, ein Wertpapier zu kaufen (Geldkurs) oder es zu verkaufen (Briefkurs).

  • Geldkurs (Bid-Kurs): Der Geldkurs ist der Preis, zu dem Käufer eines Wertpapiers bereit sind, es zu erwerben. Dies ist der Höchstpreis, den jemand bereit ist zu zahlen. Wenn du also ein Wertpapier verkaufen möchtest, ist der Geldkurs der Preis, den du erhältst, wenn du es sofort verkaufst. Der Geldkurs wird in der Regel niedriger sein als der Briefkurs.
  • Briefkurs (Ask-Kurs oder Angebotskurs): Der Briefkurs ist der Preis, zu dem Verkäufer eines Wertpapiers bereit sind, es abzugeben. Dies ist der niedrigste Preis, zu dem jemand bereit ist zu verkaufen. Wenn du ein Wertpapier kaufen möchtest, ist der Briefkurs der Preis, den du zahlen musst, um es sofort zu erwerben. Der Briefkurs ist in der Regel höher als der Geldkurs.

Der Unterschied zwischen dem Geldkurs und dem Briefkurs wird als Spread bezeichnet. Dieser Spread repräsentiert die Handelsspanne zwischen dem Preis, zu dem Händler kaufen und verkaufen möchten, und stellt die Gebühren und den Gewinn dar, den Makler und Market-Maker aus dem Handel ziehen.

 

ETF-Spreads: Warum die Größe den Preis beeinflusst

Die Spreads zwischen dem Geld- und Briefkurs variieren je nach ETF und seiner Marktnachfrage erheblich. Beliebte ETFs wie der MSCI World weisen normalerweise enge Spreads auf, während weniger gehandelte ETFs, insbesondere solche aus den aufstrebenden Märkten, oft wesentlich breitere Spreads aufweisen können, manchmal sogar um einige Prozentpunkte. Als Faustregel gilt: Je größer das Interesse und die Nachfrage an einem ETF sind, desto enger wird in der Regel der Spread sein. Das liegt einfach daran, dass in solchen Fällen mehr Händler bereit sind, unterschiedliche Preise für den Kauf oder Verkauf des Produkts anzubieten.

Beispiel für die Berechnung des Spreads:

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Angenommen, du möchtest einen ETF mit einem Marktpreis von 100 Euro kaufen. Der Briefkurs (Verkaufspreis) beträgt 100,50 Euro, während der Geldkurs (Ankaufspreis) 99,50 Euro beträgt. Der Spread, also die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs, beträgt in diesem Fall 1 Euro (100,50 - 99,50).

Wenn du nun 100 Anteile des ETFs kaufen möchtest, kostet dich das aufgrund des Spreads mehr als der aktuelle Marktpreis. Wenn du den Briefkurs von 100,50 Euro pro Anteil bezahlst, beträgt dein Gesamtkaufpreis 10.050 Euro. Kurze Zeit später willst du wieder verkaufen. Der Kurs hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert. Beim Verkauf zählt aber der Geldkurs von 99,50 Euro. Dein Verkaufserlös beträgt nur 9.950 Euro. Die Differenz von 100 Euro (10.050 - 9.950) sind die zusätzlichen Kosten durch den Spread.

Handelszeiten und Liquidität: Wann du von engen ETF-Spreads profitieren kannst

Eine einfache Möglichkeit zur Gewährleistung enger Spreads ist der Handel nur während der Handelszeiten, wenn die Liquidität der ETFs am höchsten ist. Dies ist in der Regel während der Öffnungszeiten der deutschen Leitbörse Xetra (von 9 Uhr bis 17:30 Uhr) der Fall, da die Kurse zu dieser Zeit auch an kleineren Börsen und im Direkthandel an Xetra ausgerichtet sind. Für ausländische Aktien, insbesondere aus Ländern mit anderen Zeitzonen, gelten ähnliche Regeln in Bezug auf die Öffnungszeiten ihrer wichtigsten Heimatbörsen.

Wenn dein Depotanbieter mehrere Handelsplätze zur Auswahl anbietet, solltest du die aktuellen Spreads zwischen diesen Handelsplätzen vergleichen. Beachte jedoch, dass die jeweiligen Ordergebühren je nach Handelsplatz variieren können und dass vornehmlich Neobroker kostenlose Aktionspartner zur Auswahl haben. Ein enger Spread ist weniger vorteilhaft, wenn du dafür deutlich höhere Gebühren bezahlen musst. Daher ist es wichtig, sowohl den Spread als auch die Gebühren bei deinen Handelsentscheidungen zu berücksichtigen.

 

Teure Währungstransaktionen

ETFs werden oft in verschiedenen Währungen gehandelt, wobei die Währung des Handelsplatzes oft mit der Währung des ETFs übereinstimmt. Dies bietet Anlegern den Vorteil, dass sie ETFs in ihrer eigenen Landeswährung erwerben können, ohne auf teure Fremdwährungskonten und die damit verbundenen Gebühren angewiesen zu sein. Darüber hinaus entfallen die hohen Kosten für Devisengeschäfte, bei denen Privatanleger schnell mit Spreads von bis zu einem Prozent konfrontiert werden können. Diese versteckten Kosten können die Rendite erheblich mindern und werden von vielen Anlegern oft übersehen.

Volatilität und Spreads: Wie Märkte auf turbulente Zeiten reagieren

Starke Volatilität kann ebenfalls zu einer Ausweitung der Geld-Brief-Spannen führen. Spreads tendieren dazu, sich an turbulenten Tagen an den Finanzmärkten auszudehnen, wenn die Märkte starken Schwankungen unterliegen. Dies resultiert aus einem erhöhten Risiko für die Market-Maker in solchen Phasen und der gesteigerten Unsicherheit hinsichtlich des zukünftigen Preises eines Vermögenswerts. Um mögliche Preisschwankungen auszugleichen, passen die Market-Maker, die durch das Bereitstellen von Kauf- und Verkaufskursen für Liquidität im Markt sorgen, ihre Spreads an.

Während Zeiten intensiver Volatilität kann es daher schwieriger sein, zu den gewünschten Preisen zu handeln, da sich der Unterschied zwischen dem Verkaufs- und dem Ankaufspreis vergrößert. Dies kann zu höheren Handelskosten führen und unvorhergesehene Auswirkungen auf Transaktionen haben. Daher ist es ratsam, besonders unter volatilen Marktbedingungen den Spreads und der Liquidität besondere Beachtung zu schenken, um gut informierte Handelsentscheidungen zu treffen.

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