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AGI-Growth-Investmentchef Christian Schneider „Es sollte Mag 4 heißen“

Christian Schneider
Christian Schneider, Investmentchef (CIO) Global Growth bei Allianz Global Investors | Foto: Allianz GI

DAS INVESTMENT: Die momentanen Börsenrekorde scheinen den Konjunkturaussichten zu widersprechen. Wie beurteilen Sie diese Diskrepanz und sind Growth-Titel bei einem Bärenmarkt überdurchschnittlich gefährdet?

Christian Schneider: Das mag in der Tat zunächst seltsam erscheinen, aber der Aktienmarkt berücksichtigt nicht nur die kurzfristigen Wachstumsaussichten der Unternehmen, sondern auch vielfältige langfristige Faktoren sowie die künftige Entwicklung der Zinssätze. Und gerade letztere spielen aktuell eine wichtige Rolle, da sie den Diskontierungssatz für künftige Gewinne beeinflussen. Ein potenziell niedrigerer Zinssatz zu einem späteren Zeitpunkt ist daher ein Treiber der Aktienkurse.

Gerade qualitativ hochwertige Growth-Titel, wie wir sie favorisieren, schneiden in der Regel in wirtschaftlichen Abschwungphasen verhältnismäßig gut ab. Das liegt vorrangig daran, dass sie sich mehr auf strukturelles und weniger auf zyklisches Wachstum stützen und über Geschäftsmodelle verfügen, die ihr Wachstum weniger abhängig vom Markt machen oder sie gegenüber Wettbewerbern schützen.

 

 

 

Welche Anlageregionen erscheinen besonders vielversprechend?

Schneider: Grundsätzlich sind in allen Regionen interessante Unternehmen zu finden. Wir wählen Aktien daher regionen- und sektoragnostisch aus. Denn das Land oder die Region, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, geben in der Regel nur wenig Aufschluss über die Treiber und Ursachen des Wachstums. Unser Fonds mit Europa-Schwerpunkt beispielsweise beinhaltet einige global agierende Unternehmen, die einen Großteil ihrer Erträge außerhalb Europas erwirtschaften.

 

Die sogenannten Mag 7 dominieren die Aktienmarktentwicklung. Zurecht?

Schneider: Aus unserer Sicht sollte eher von den Mag 4 die Rede sein – Apple, Alphabet, Amazon und Nvidia. Aber ungeachtet dessen ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Titel einen enormen Einfluss auf die Performance vieler Indizes hatten und haben. Vereinzelt wird sogar bereits von einer Blase gesprochen. Betrachtet man jedoch das durchschnittliche Gewinnwachstum dieser Unternehmen, so wird die Performance vollkommen durch das Gewinnwachstum gestützt, was definitiv gegen eine Blase spricht.

Künstliche Intelligenz war vielleicht der wichtigste, aber nicht der einzige Treiber für die Performance der Mag 7 seit 2023. Hilfreich waren auch ein paar positive Überraschungen im Vergleich zum Jahr 2022: So haben sich die IT-Ausgaben der Unternehmen nicht weiter verringert, sondern erhöht, und Kostensenkungen haben teilweise zu besser als erwarteten Quartalsergebnissen geführt.

 

Wie haben Sie vor dem Hintergrund weltweit anlegende Fonds wie den Allianz Global Equity Growth aufgestellt, um eine Outperformance zu erzielen?

Schneider: Nach vorne gerichtet kommt es unseres Erachtens für Unternehmen vor allem auf zwei Eigenschaften an: Relevanz ihres Angebots sowie Verteidigungsmöglichkeiten ihrer Marktposition. Beides ermöglicht langfristiges strukturelles Wachstum sowie Outperformance gegenüber dem breiten Markt. Unter diesem Blickwinkel finden wir mit unserem Investmentansatz auch außerhalb des Tech-Sektors Unternehmen, die vielleicht nicht so sehr im Spotlight stehen wie aktuell die Mag 7, die aber von der Performance her durchaus mithalten können.

 

Welche Investments außerhalb der Technologie-Branche waren denn in den zurückliegenden Monaten bereits besonders erfolgreich?

Schneider: In unseren Global-Growth-Fonds haben uns in der Vergangenheit Novo Nordisk, Partners Group, Copart und Intuitive Surgical Freude bereitet. Bei einer sektoralen Betrachtung sind dies alles keine Tech-Werte. Vielmehr kommen diese Unternehmen aus den Bereichen Gesundheitswesen, Finanzwirtschaft, Industrie sowie Medizintechnik.

 

Und welche Titel meiden Sie?

Schneider: Wir meiden Unternehmen, die in ihrem Geschäftsmodell und ihren Wachstumsaussichten strukturelle Herausforderungen aufweisen. Zu diesen Herausforderungen zählen beispielsweise neue, erschwerende Regulierungen oder ein zunehmender Wettbewerb, wodurch die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen unter Druck geraten. Auch Unternehmen, die stark überschuldete Bilanzen aufweisen, begegnen wir mit Vorsicht.

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Sie sind seit Herbst vergangenen Jahres als Investmentchef für den gesamten Bereich Aktien Global Growth verantwortlich und damit für rund 24 Milliarden Euro Anlegerkapital. Was wollen Sie in dieser Position erreichen?

Schneider: Natürlich bleibt es unser oberstes Ziel, das Vermögen unserer Kunden zu schützen und zu vermehren. Und dieses Ziel verfolgen wir weiterhin mit unserer bewährten Anlagephilosophie, bei der wir in sehr profitable, strukturell wachsende Unternehmen zu einer vernünftigen Bewertung investieren. Dabei haben wir die langfristige Perspektive im Blick. Als ich im Herbst die Rolle des CIO Global Growth übernommen habe, habe ich mir zudem ein eher kurz- bis mittelfristiges Ziel gesetzt: Die Weiterentwicklung unseres leistungsstarken Teams sowie dessen Erweiterung durch neue Mitarbeitende.

Der Teamansatz ist für mich das A und O. Und mir ist es persönlich sehr wichtig, dass sich bestehende und neue Kollegen sehr wohl fühlen. Ein guter Maßstab dafür ist etwa, ob sich die jüngste Person im Raum wohl genug fühlt, um anderer Meinung zu sein oder Ideen anzufechten. Denn nur durch diesen Diskurs entstehen die besten Investmentideen für unsere sieben Strategien. Für die kommenden Monate dreht sich also viel um Teamentwicklung und die Besetzung unserer noch offenen Positionen.

 

Wie schätzen Sie die Aussichten speziell für Growth-Strategien aktuell ein?

Schneider: In der Vergangenheit konnten die Unternehmen, in die wir investiert haben, ein überdurchschnittliches Gewinnwachstum erreichen. Das war der Treiber für die Outperformance, die wir erzielen konnten. Und das auch in einem schwächeren wirtschaftlichen Umfeld, wie wir es jetzt erleben. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich unser Fokus auf hochprofitable Wachstumsunternehmen auch in Zukunft auszahlen wird. Wir setzen vor allem auf Marktführer und Unternehmen, die exzellent aufgestellt sind, um von neuen technologischen Entwicklungen zu profitieren, wie etwa von künstlicher Intelligenz.

 

Womit können die Growth-Aktien-Portfolios von Allianz Global Investors Anleger überzeugen?

Schneider: Das Management unserer Produktfamilie basiert auf einer langjährig bewährten Anlagestrategie, die im Zeitablauf zwar verfeinert wurde, sich aber insgesamt als sehr erfolgreich herausgestellt hat. Langfristig sollten strukturell wachsende Qualitätsunternehmen, wie wir sie suchen, in der Lage sein, besser als der breite Markt abzuschneiden.

 

Welche Rolle spielen die viel diskutierte Notenbankpolitik sowie die geopolitischen Konflikte für Ihr Anlageuniversum und die Portfolio-Konstruktionen?

Schneider: Die Märkte wurden zuletzt – und werden immer noch – durch viele Ereignisse beeinflusst, von denen die meisten weit außerhalb unserer Kontrolle liegen. Als Treuhänder des Kapitals unserer Anleger müssen wir die Auswirkungen dieser Ereignisse auf die Unternehmen, in die wir investiert sind, mit großer Umsicht bewerten. Wichtig ist aber: Unsere Anlageentscheidungen basieren nicht auf politischen oder geldpolitischen Prognosen.

Die Erfahrung zeigt, dass leistungsstarke und gesunde Unternehmen mit einem guten Management in der Regel mit allem fertig werden, was auf sie zukommt. Wir fokussieren uns auf Unternehmen, die auf strukturelles und nicht zyklisches Wachstum ausgerichtet sind. Sie verfügen über robuste Wachstumstreiber, die ihnen in vielen Situationen einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern verschaffen. Es sind oftmals die wirtschaftlich und vom Geschäftsmodell her schwächer aufgestellten Unternehmen, die in Krisen größere Schwierigkeiten bekommen, da sie deutlich stärker vom zyklischen Wachstum abhängen.

Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Zentralbankpolitik auf unsere Investments auswirkt, dies war insbesondere bei den Zinserhöhungen im Jahr 2022 der Fall. Dies führte rechnerisch zu einem Rückgang des Barwerts aller Cashflows und Erträge, an denen wir als Aktionäre beteiligt sind. Da die Erträge von Growth-Unternehmen stärker auf die fernere Zukunft ausgerichtet sind, sorgte dieser Diskontierungseffekt für einen unverhältnismäßig starken Gegenwind. Doch dieser Gegenwind erwies sich als kurzlebig. Nachdem die Zinssätze mittlerweile ihren Höchststand erreicht zu haben scheinen, wurde das starke Gewinnwachstum der Unternehmen, in die wir investiert sind, wieder klar sichtbar und sorgte für eine Erholung. Langfristig sind es vor allem die steigenden Gewinne, der die die Aktienkurse nach oben treiben. Wir können also weiter geduldig sein.

 


Über den Interviewten:

Christian Schneider ist Investmentchef (CIO) Global Growth bei Allianz Global Investors.

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