Peter Brodehser von der DWS „Ich will die Demokratisierung der alternativen Investments mitanschieben“
Herr Brodehser, Sie sind Ende 2022 von der Ampega, dem Vermögensverwalter der Talanx, zur DWS gewechselt. Nun ist der DWS Infrastruktur Europa unlängst in den Vertrieb gegangen. Waren Sie von vornherein bei der Planung dabei?
Brodehser: Die DWS wollte einen Fonds auflegen, der nicht nur institutionelle Investoren anspricht. Einen Infrastruktur-Fonds für Retail-Investoren. Das bezeichne ich gerne auch als Demokratisierung der altarnativen Investments und hat mich sofort angesprochen. Die Idee dazu hatten die Kollegen, bevor ich bei der DWS an Bord gekommen bin. Richtig los, ging es dann im vergangenen September. Die Lizenz der DWS Grundbesitz GmbH, bei der wir organisatorisch eingegliedert sind, musste erweitert werden, von Real Estate zu Infrastruktur. Die allgemeinen und besonderen Anlagebedingungen mussten verfasst und ein ESG-Konzept nach Artikel 8 erarbeitet werden.
Klingt nach einem Wechsel ohne Schonfrist…
Brodehser: Mein Start in der DWS war in der Tat ereignisreich. Die Motivation für den Wechsel lässt sich gut mit der Konstellation vergleichen, die ich 2014 vorgefunden habe, als ich bei der Talanx anfing. Auch wenn der Rahmen damals ein vollkommen anderer war.
Das müssen Sie erklären…
Brodehser: Der Markt hat sich mittlerweile fundamental verändert. Banken haben sich zunehmend aus dem Geschäft der Langfristfinanzierung verabschiedet. Ich war lange Jahre im Bankenbereich aktiv und sah seinerzeit einen Trend, und zwar, dass Infrastruktur-Finanzierungen immer mehr durch Institutionelle übernommen werden. Viele Marktteilnehmer teilten diese Überzeugung nicht. Mir wurde sehr viel Fantasie zugesprochen, mir wurde geraten, doch bitte mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Ich blieb aber bei meiner Meinung, dass institutionelle Investoren die Assetklasse Infrastruktur prägen werden. Deshalb bin ich damals aus dem Bankenbereich zu Ampega gewechselt. Der Ausgang war ungewiss, am Start war ich eine One-Man-Show mit einem leeren Schreibtisch, einem Computer und einem Telefon.
Ich hatte nicht viel, aber eine Idee – und deshalb die Chance, nicht auf den Zug einer gigantischen Marktentwicklung aufzuspringen, sondern am Steuer zu sitzen und Fahrtrichtung und Geschwindigkeit mitbeeinflussen zu können. Das war eine große Chance und eine große Freude. Das ist auch jetzt meine Intention bei der DWS, wenngleich in einem Umfeld, bei dem mein Arbeitgeber schon enorm viel Erfahrung im Infrastrukturbereich und bei Fondslösungen für Privatanleger hat. Aber Infrastruktur als Retail-Angebot ist neu. Ich will die Demokratisierung der alternativen Investments mitanschieben, denn das wird einer der Trend dieses Jahrzehnts sein.
Institutionelle Investoren finden Infrastruktur nach wie vor ebenfalls sehr spannend…
Brodehser: Weil die Assetklasse Ruhe und Stabilität ins Portfolio bringt. Sie hat eine Erfolgsstory hinter sich und eine größere noch vor sich. Deshalb bin ich zur DWS gegangen. Hier sind bereits die richtigen Vertriebskanäle zur Hand.
Wie weit war Ihre Idee gediehen, als das Fondsstandortgesetz verabschiedet wurde?
Brodehser: Nach Auflage des Fondsstandortgesetzes im Sommer 2021 dauerte es ein paar Monate, bis mir die Bedeutung klar geworden ist. Schließlich startete ich dann die Gespräche dazu mit verschiedenen Parteien. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verantwortlichen der DWS mit ihren eigenen Überlegungen diesbezüglich am weitesten. Beziehungsweise passten am besten zu meinen eigenen Ideen und Zielen.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Infrastruktur gilt als eine sehr komplexe Asset-Klasse. Wie erklären Sie diese den Retail-Kunden?
Brodehser: Die Umsetzung ist komplex, aber das Grundgeschäftsmodell ist extrem einfach, einfacher könnte es nicht sein. Einmal heruntergebrochen: Ich baue ein Windrad, das produziert Strom, dieser kann verkauft werden. Es gibt sehr viel komplexere und kompliziertere Produkte, die auf dem Retail-Markt angeboten werden.
Um beim Windrad zu bleiben, in einigen Teilen von Deutschland finden sich ausgesprochen viele Windprojekte und in anderen Regionen wiederum nicht...
Brodehser: Manche Regionen lassen sich schon aufgrund der Topographie schlecht mit Windkraft erschließen. Je komplexer, also hügeliger das Gelände ist, desto schwieriger sind die Prognosen darüber, wieviel Wind tatsächlich weht. Das schreckt Investoren ab. Ich brauche eine plane Ebene, wie etwa in Norddeutschland, eine solche Ebene benötige ich im Übrigen auch für Sonnenenergie. Hier ist Spanien spannend, auch weil wir in Deutschland schlichtweg kaum noch Flächen haben.
In Ergänzung zu günstigen topografischen Bedingungen an den beliebten Standorten erwarte ich aber auch ein zunehmend flexibleres und effizientere Handeln des Regulators. Das LNG-Terminal in Wilhelmshaven sollte hier als Beispiel dienen. Ich erwarte nicht, dass wir von einem hohen Grad an Bürokratie sofort zu einer extrem agilen Organisation werden – aber es werden Schritte in die richtige Richtung unternommen werden und das generiert Projekte.
Bei der Ampega haben Sie Infrastruktur-Assets im Wert von gut 4 Milliarden Euro verantwortet. Jetzt ist von angepeilten 20 Milliarden Euro die Rede. Wie wollen Sie diese Investments erreichen?
Brodehser: Die genannten 20 Milliarden Euro möchte die DWS bis 2027 insgesamt einwerben in Bezug auf Investment-Lösungen für die Europäische Transformation. Der DWS Infrastruktur Europa ist Teil dieses Plans. Für den Fonds haben wir bislang keine Größenordnung bekannt gegeben, in der wir in Infrastruktur investieren wollen. Eine maximale Anlagesumme haben wir nicht, da wir ja einen offenen Fonds auflegen, der keine festgelegtes Enddatum hat. Fundraising und Investments werden also fortlaufend und aktiv weiter betrieben.