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ESG-Anlagen Versteckte Juwelen unter nachhaltigen Aktien finden

Seit kurzem nutzt eine japanische Fluggesellschaft nachhaltige Flugkraftstoffe
Seit kurzem nutzt eine japanische Fluggesellschaft nachhaltige Flugkraftstoffe: Der Aktienkurs des Unternehmens Neste hat sich seit 2008 mehr als verzehnfacht. | Foto: Imago Images / AFLO

Als sich 2008 der Ölschock abzeichnete, bereitete sich ein mittelständisches Ölunternehmen hoch oben im Norden Europas auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe vor. Ohne großes Aufsehen begann das finnische Unternehmen Neste damals schon mit der Produktion von Biodiesel. Statt all seine Ressourcen dafür einzusetzen, möglichst hohe Rohölpreise zu erzielen, erweiterte es seine Kapazität mit neuen Biokraftstoff-Raffinerien im In- und Ausland.

Diese Strategie hat sich ausgezahlt. Die Nachfrage nach dem Biodiesel von Neste steigt und steigt, weil die Regierungen darauf drängen, dass ein immer größerer Anteil des Transportkraftstoffs aus erneuerbaren Ressourcen stammt. Die Produkte von Neste tragen erheblich dazu bei, die Treibhausgasemissionen zu senken – um bis zu 90 Prozent, so das Unternehmen. Und neuerdings bietet Neste auch Biokerosin an, als Teil seiner Ausrichtung auf erneuerbare Energien.

Das Unternehmen bewirkt definitiv Gutes für die Welt, aber sein Hauptaugenmerk liegt darauf, die Investoren zufrieden zu stellen – und das gelingt ihm sehr gut. Der Gewinn im Geschäftsbereich Renewables ist gestiegen, während das Ergebnis im Geschäftsbereich Rohölerzeugnisse in den zehn Jahren bis 2021 zurückgegangen ist. Und der Aktienkurs hat sich seit 2008 mehr als verzehnfacht und damit globale Aktien in diesem Zeitraum um fast 600 Prozent geschlagen.

Ausschlüsse verhindern mitunter Nachhaltigkeit

Investoren, die einen strengen ESG-Ansatz verfolgen, schließen häufig Kapitalanlagen in der Erdölindustrie aus. Bei einer derart konsequenten Anwendung der Anlagekriterien haben Unternehmen wie Neste von vornherein keine Chance, auch wenn Neste mehr für den Klimaschutz unternimmt als viele andere Unternehmen mit herausragendem Nachhaltigkeitsprofil. In vielen Fällen haben diese Unternehmen ihr Top-Rating nur deshalb bekommen, weil sie Dienstleistungen anbieten, die keine signifikanten Emissionen verursachen. 

 

Aber Nachhaltigkeit geht weit über den Klimawandel hinaus. Die Vereinten Nationen haben 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) definiert, die optimiert werden müssen, um die globale Wirtschaft auf einem gesunden Kurs zu halten. Diese Ziele lassen sich grob drei Kategorien zuordnen: Die erste Kategorie konzentriert sich auf Umweltfaktoren, die zweite auf soziale Faktoren und die dritte auf die Steigerung des wirtschaftlichen Potenzials.

Diese SDGs sind nicht nur Ziele für Regierungen oder große internationale Institutionen. Wie die Vereinten Nationen betonen, muss sich jedes Unternehmen um die Verwirklichung dieser Ziele bemühen – wenn auch mit unterschiedlicher Relevanz für die verschiedenen Geschäftstätigkeiten. Und selbst dort, wo Unternehmen in einigen Dimensionen gut abschneiden, gibt es oft Spielraum für weitere Verbesserungen. 

Die Ausrichtung an den UN-SDGs-Zielen kann die Renditen verbessern

Auch Maßnahmen, die auf die Umstellung und Verbesserung abzielen, haben erhebliche Auswirkungen auf Investments. Unsere Analyse zeigt, dass Unternehmen, die ihre operative Struktur, Produkte und Dienstleistungen erfolgreich an den UN-SDGs ausrichten, langfristig bessere Anlagerenditen erzielen und sich gegenüber ihren Mitbewerbern einen Bewertungsaufschlag sichern können (siehe Grafiken 1 und 2). 

Grafik 1: Bessere Renditen. Durchschnittlicher Cashflow-ROI (CFROI) in Abhängigkeit von der SDG-Ausrichtung, in %

Gemessen am CFROI. Nur auf der Grundlage von CFROI-Verbesserungen. Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI-ACWI-Population (ohne Finanzwerte). Stand 04.04.2022.

Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen herstellen, die in ihren Sektoren das oberste Quintil der Ausrichtung an den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN-SDGs) erfüllen, würden rund 100 Basispunkte mehr Jahresrendite erzielen als diejenigen im unteren Quintil.1 Und diese Unternehmen mit der stärksten Ausrichtung haben geringere Kapitalkosten – die Diskontierungssätze liegen im Schnitt 110 Basispunkte unter denen im unteren Quintil.2 Unternehmen, die sich vom unteren Quintil ins obere Quintil hocharbeiten, können mit einer Verbesserung ihrer Diskontierungssätze und durchschnittlichen Renditen um 50 Prozent rechnen.3 Darüber hinaus könnten Unternehmen im Übergang von einer stärkeren Kundennachfrage und dem Zugang zu neuen Märkten profitieren.

Eine Fülle unabhängiger Studien, die relevante Indikatoren für die SDG-Ausrichtung bewerten, bestätigen unsere Einschätzung. Studien haben ergeben, dass Unternehmen mit dem stärksten Umweltprofil überdurchschnittliche Anlagerenditen erzielt haben. Und Morgan Stanley hat herausgefunden, dass jeder Anstieg der thematischen Reinheit um 1 Prozent einen Bewertungsaufschlag von 1,15 Prozent bewirkt.4 Das ist entscheidend, da thematische Klassifikationen wie Energieeffizienz, finanzielle Inklusion, Gesundheit usw. häufig direkt mit den UN-SDGs zusammenhängen.

Grafik 2: Geringere Kapitalkosten. Durchschnittlicher Diskontierungssatz abhängig von der SDG-Ausrichtung, in %

Gemessen an den unternehmensspezifischen Diskontierungssätzen von Holt. Nur auf der Grundlage einer Verbesserung des Diskontierungssatzes. Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI-ACWI-Population (ohne Finanzwerte). Stand 04.04.2022.

Der Großteil dieser zusätzlichen Renditen fällt während der „Übergangsphase“ eines Unternehmens an, also der Zeitraum, in dem es erhebliche Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG-Ziele macht. Entweder macht es bereits Fortschritte oder ist in einer Position, den Sprung zu schaffen, hat aber noch eine lange Wegstrecke vor sich. Unternehmen, die bereits ein hohes Rating haben, können zwar ihre Bewertungen nach oben treiben, aber der Markt unterschätzt regelmäßig ihre Fähigkeit, weiterhin höhere Renditen zu erwirtschaften. 

Wenn der Markt kein Potenziale erkennt, sind Aktien tendenziell unterbewertet. Eine sorgfältige und detaillierte Bottom-up-Analyse relevanter Unternehmen hilft herauszufinden, wo jeweils der größte Mehrwert herkommt. In einigen Fällen brauchen Unternehmen, die das größte Renditepotenzial aufweisen, Motivation oder Unterstützung bei der Wahl des richtigen Kurses. Außerdem ist es wichtig, dass ein Investor in einen aktiven Dialog mit der Geschäftsleitung des Unternehmens tritt. 

 

[1] Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI All Country World Index Population (ohne Finanzwerte). 
[2] Gemessen an den spezifischen Diskontierungssätzen von Holt. Basierend auf unserer Analyse kann ein Unternehmen, das sich mit der Zeit von einer Ausrichtung mit geringer Wirkung (die unteren 20 Prozent seines Sektors gemäß unserem SDG-Ausrichtungsindikator) zu einer Ausrichtung mit hoher Wirkung (die besten 20 Prozent seines Sektors bei gleichen Messdaten) verbessern kann, allein durch seinen Geschäftsbetrieb und die Markterwartungen mit einem Anstieg des Aktienkurses um etwa 50 Prozent rechnen. Dieser Wert basiert auf dem Unterschiedsbetrag, der aus der Bewertung von Holt abgeleitet wurde, wenn der CFROI und der Diskontierungssatz um die oben genannten Beträge bei einem globalen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Portfolio ermittelt wurde.
[3] Dieser Wert basiert auf dem Unterschiedsbetrag, der aus der Bewertung von Holt abgeleitet wurde, wenn der CFROI und der Diskontierungssatz um die oben genannten Beträge bei einem globalen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Portfolio ermittelt wurde.
[4] „The Price of Purity: Valuation“, Morgan Stanley Research 01.03.2023. Wir verwenden einen eigenen quantitativen Score, die „thematische Reinheit“, der misst, wie spezialisiert die Aktivitäten eines Unternehmens in einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Thema sind. Je höher dieses Rating, desto spezialisierter das Unternehmen.