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US-chinesischer Handelskonflikt Sollten Anleger jetzt ihr Risiko senken?

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1. Globale Wachstumsstory ist weiterhin intakt

Die wichtigsten Indikatoren sprechen für eine Fortsetzung des globalen Aufschwungs. Allerdings gibt es einige nennenswerte Schönheitsfehler. Die Arbeitslosenrate in den USA ist weiterhin niedrig, das Bild, das der Arbeitsmarktbericht für März gezeichnet hat, aber nicht mehr so rosig wie zuvor. Mit 103.000 war die Zahl der außerhalb des Agrarsektors geschaffenen Arbeitsplätze relativ gering, das Lohnwachstum mit 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat und 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr jedoch vergleichsweise hoch.

(Zur Information: Das Lohnwachstum ist die Kennzahl im Arbeitsmarktbericht, die vom Offenmarktausschuss der US-amerikanischen Notenbank (Fed) am aufmerksamsten beobachtet wird, da das Lohnwachstum inflationär wirken kann. Eine Fortsetzung dieses Trends könnte die Fed dazu veranlassen, die Zinsen in diesem Jahr nicht nur drei, sondern gleich vier Mal anzuheben.)

Kanadas Geschäftsklima ist weiter positiv

In Frankreich und Deutschland ist der Einkaufsmanagerindex (PMI) im März gesunken. In Großbritannien lag der PMI für das verarbeitende Gewerbe bei 55,1, der für den Dienstleistungssektor nur noch bei 51,7. In China und Japan sind die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor im März gestiegen.3 Trotz des Anstiegs hier und Rückgangs dort ist wichtig festzuhalten, dass die Werte in allen Regionen über der 50-Punkte-Marke liegen und damit auf eine Fortsetzung des Aufschwungs hindeuten.

In Kanada signalisiert die vor kurzem veröffentlichte Umfrage zum Geschäftsausblick der Bank of Canada eine Verlangsamung des BIP-Wachstums in diesem Jahr. Überraschenderweise ist das Geschäftsklima hier aber weiter positiv. Bemerkenswert ist das vor allem, da Kanada einen größeren Protektionismus und speziell eine Absage der USA an NAFTA schmerzhaft spüren dürfte.

Deutlich wichtiger als die Stimmung sind aber die geplanten Neueinstellungen, die positiv sind, sowie die Investitionspläne der Unternehmen, die weiterhin solide sind (aber rückläufig gegenüber dem Vorquartal). Die globale Wachstumsdynamik hat etwas nachgelassen, ist aber immer noch positiv.

2. Die Geldpolitik bleibt akkommodierend

In einer Rede am vergangenen Freitag hat der Fed-Vorsitzende Jerome Powell den eingeschlagenen Kurs der geldpolitischen Normalisierung bestätigt. Powell erläuterte, es sei „zu früh“, um die möglichen Auswirkungen eines potenziellen US-chinesischen Handelskriegs auf die wirtschaftlichen Aussichten abschätzen zu können, er sehe jedoch „bislang“ keine Auswirkungen. Da völlig unklar ist, wie dieser Konflikt ausgehen wird, ist eine entsprechende Prognose tatsächlich unmöglich.

Dadurch entsteht aber eine größere Unsicherheit im Hinblick auf die künftige Richtung der Geldpolitik, weil unklar ist, wie die Fed auf eine Verschärfung des Handelsstreits reagieren würde, zum Beispiel mit einer weniger schnellen Straffung der Zinsen. Abgesehen davon betonte Powell die gute Arbeitsmarktlage und die Aussicht auf eine höhere Inflation — schien aber beides als unproblematisch einzustufen.

Das spricht dafür, dass die Fed an ihren Plänen für eine schrittweise und maßvolle Straffung der Zinsen festhält. Ich fürchte allerdings immer noch, dass eine unerwartet hohe Inflation die Fed dazu veranlassen könnte, die geldpolitischen Zügel schneller zu straffen als bislang erwartet.

Ausblick auf die kommenden Tage

Dass diese beiden wichtigen positiven Faktoren weiterhin wirken, bedeutet nicht, dass es keine Risiken gibt. Das meiner Ansicht nach wahrscheinlichste Risiko ist das einer schneller als erwarteten Straffung der Geldpolitik. (Dieses Risiko geht natürlich in erster Linie von den USA aus.)

Eine schnellere Straffung der Geldpolitik bedeutet dabei nicht nur, dass die Zinsen schneller als erwartet steigen könnten — die weitaus größere Gefahr wäre eine schnellere Rückführung der aufgeblähten Fed-Bilanz. Dieses Umfeld spricht meiner Ansicht nach nicht für eine abrupte Abkehr von Risikoanlagen, aber durchaus für eine breite und tiefe Diversifikation.

Was Anleger in den nächsten Tagen im Blick behalten sollten:

  1. Technologiewerte. Angesichts der Anhörung von Facebook CEO Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress und der Aussicht auf eine potenziell strengere Regulierung bestimmter Tech-Unternehmen wie Facebook dürften US-amerikanische Technologiewerte wie bereits im März weiter unter Druck stehen.
  2. Unternehmensgewinne. Ich rechne mit einer sehr guten Berichtssaison in den USA, was positiv für Aktien sein sollte. Bis zum 6. April hatten 53 Unternehmen aus dem S&P 500 Index positive Gewinnschätzungen für das erste Quartal veröffentlicht — deutlich mehr als im Schnitt der letzten fünf Jahre. Von den nur 23 Unternehmen, deren Ergebnisse für das erste Quartal am 6. April bereits vorlagen, haben 74 Prozent über eine überraschend positive Umsatzentwicklung berichtet.4 Ich rechne damit, dass sich dieser Trend fortsetzt.
  3. Protektionismus. Chinas Präsident Xi Jinping wird auf dem Boao Forum sprechen. Bislang wird angenommen, dass er die protektionistische Rhetorik abmildern wird. Ich wäre allerdings nicht überrascht, wenn es anders käme. Wir werden dies aufmerksam beobachten, da weitere Marktturbulenzen zu erwarten wären, falls Xi die Sorgen der Anleger nicht beruhigen sollte.

Quellen:

1 Quelle: Bloomberg, L.P., Stand: 6. April 2018
2 Aktienmarktvolatilität dargestellt durch den CBOE Volatility Index (VIX), der die kurzfristigen Volatilitätserwartungen des Marktes anhand der Kursschwankungen der Indexoptionen des S&P 500 misst. Schwellenmärkte dargestellt durch den MSCI Emerging Markets Index und asiatische Aktien durch den MSCI Pacific Index. Quelle: Bloomberg, L.P.
3 Quelle: IHS Markit, Stand: 6. April 2018
4 Quelle: FactSet Research Syste9985/55*2ms

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