Headphones
Artikel hören
Marktmacht durch ETF-Boom
Wie MSCI so mächtig wurde – fünf spannende Fakten über den Indexgiganten
Die Audioversion dieses Artikels wurde künstlich erzeugt.
Christin Jahns
09.05.2023

Marktmacht durch ETF-Boom Wie MSCI so mächtig wurde – fünf spannende Fakten über den Indexgiganten

MSCI-Stand auf der Expo-Real in München
MSCI-Stand auf der Expo-Real in München: Der Indexanbieter hat durch den ETF-Boom an Macht und Einfluss gewonnen.
© Imago Images / aal.photo

MSCI – diese Buchstabenkombination kennt wohl jeder Anleger. Den meisten ist sie im Zusammenhang mit dem englischen Wort „World“ ein Begriff. Der bekannte MSCI World Index von Morgan Stanley Capital International wird von Investoren und Fondsmanagern auf der ganzen Welt als Maßstab für die Messung der Performance von Aktienmärkten verwendet.

Doch wie kam es eigentlich dazu?

MSCI: Das Unternehmen hinter dem Welt-Index

Die ersten Indizes führte CI (Capital International) bereits 1968 ein. Über die Jahre entwickelte sich das New Yorker Unternehmen zu einem der weltweit führenden Anbieter von Finanzmarkt-Indizes und Analysen. Später übernahm die US-Investmentbank Morgan Stanley das Unternehmen – die Geburtsstunde der bekannten MSCI-Buchstabenkombination. Morgan Stanley stieg allerdings bereits 2009 wieder aus dem Unternehmen aus, seitdem ist MSCI weitgehend eigenständig.

Die Firma bietet verschiedene Analyse-Tools an, die Investoren dabei helfen, Anlageentscheidungen zu treffen. Dazu gehören Daten zur Unternehmensbewertung, ESG-Ratings (Umwelt, Soziales und Governance) und Risikoanalysen.

 

Am bekanntesten ist MSCI jedoch für seine Indizes – insbesondere den MSCI World, der die Wertentwicklung von Unternehmen in 23 entwickelten Ländern widerspiegelt.

Doch warum wurde gerade dieser Welt-Index so bekannt? Wie groß ist der Marktanteil des Börsengiganten und hat MSCI wirklich bessere Kursbarometer als andere Anbieter?

Das alles klären wir hier!

1. MSCI-Aufstieg: Siegeszug durch ETF-Boom

Vom unscheinbaren Indexanbieter zum Börsengiganten:

Wie wurde MSCI so mächtig?

Der rasante Aufstieg des Unternehmens begann mit dem Siegeszug des ETFs.

ETFs sind börsengehandelte Fonds, die einen Index eins zu eins abbilden. Damit kannst du als Anleger verhältnismäßig günstig, breit gestreut und risikolos in Wertpapiere wie Aktien investieren.

>> Ausführliche Infos zur Geschichte des ETF und dem Mann hinter der Idee kannst du hier nochmal nachlesen.

Angesichts dieser Vorteile haben in den vergangenen Jahren immer mehr private, aber auch professionelle Investoren Geld in ETFs angelegt.

 

Da MSCI den Welt-Index mit der längsten Tradition anbietet, hatte das Unternehmen einen Startvorteil, als das ETF-Geschäft langsam an Fahrt aufnahm. Denn: Die ETF-Anbieter boten ihre Produkte zu Beginn erst einmal für die gängigen Indizes an, zu denen der MSCI World oder auch der MSCI All Countries World gehörten.

So kam es, dass mit dem Aufstieg des ETFs auch MSCI immer bekannter wurde.

2. Darum wollen alle MSCI

Je bekannter MSCI durch das ETF-Geschäft wurde, desto mehr ETF-Anbieter wollten ihre Indizes nachbilden.

Das Prinzip dahinter kennt man von anderen Produkten. Wenn eine Marke sich etabliert hat und gewissermaßen für ein bestimmtes Produkt steht, schafft das Vertrauen. Ein Beispiel ist das iPhone von Apple im Bereich Smartphones. Auch hier kennen viele Kunden den Namen und vertrauen darauf, dass Apple in diesem Segment gute Qualität liefert. Andere Anbieter kommen für sie unter diesen Umständen kaum noch infrage.

In einem Bericht der Süddeutschen Zeitung kritisieren Experten jedoch, dass dieser Mechanismus bei MSCI nicht gerechtfertigt sei. So bemesse sich die Zusammensetzung eines Index in der Regel nach zwei Kriterien: dem Börsenwert und dem Umsatz der gehandelten Aktien. Da dieses Prinzip nicht geschützt sei, könne es theoretisch von jedem Unternehmen angewendet werden.

 

Und das tun auch viele. So gibt es neben MSCI eine große Zahl weiterer Indexanbieter wie FTSE oder S&P, die ebenfalls Welt-Indizes anbieten.

Da viele Kunden jedoch nur die Indizes von MSCI kennen, ziehen sie es vor, diese zu kaufen. Aus diesem Grund bilden viele ETF-Anbieter auch lieber MSCI-Indizes nach und sorgen so dafür, dass diese noch bekannter werden und der Marktanteil von MSCI weiter steigt. Aktuell liegt er in Deutschland bei 49 Prozent.

3. So viel verdient MSCI an ETFs

Bekanntheit – schön und gut.

Aber wie verdient MSCI eigentlich Geld?

Neugierig geworden?

Dann abonniere unseren Newsletter „Clever anlegen“!
Das Wichtigste zum Investieren, 3x wöchentlich, direkt in dein E-Mail-Postfach.

Auch um diese Frage zu beantworten, spielt der ETF-Boom eine große Rolle.

Denn mit dem Aufstieg der börsengehandelten Indexfonds ließen sich Indizes wie der MSCI World, die zuvor bloße Kursbarometer waren, auf einmal monetarisieren.

Das bedeutet: Wenn Anleger Geld in einen Indexfolger investieren, verdienen daran nicht nur die Fondsgesellschaften, sondern auch die Indexanbieter.

 

Denn: Kunden wie ETF-Anbieter, Fondsgesellschaften, Vermögensverwalter oder Banken zahlen Gebühren an MSCI, wenn sie ETFs auf ihre Indizes auflegen. Diese Kosten werden an die Anleger weitergegeben, sodass auch du deinen Teil zum Erfolg von MSCI beiträgst, wenn du einen ETF auf einen ihrer Indizes kaufst.

Viele ETF-Anbieter haben langjährige Verträge mit MSCI, die dem Unternehmen stabile Einnahmen bescheren. Darüber hinaus hat sich der Indexgigant noch ein weiteres Geschäftsmodell erschlossen:

Unternehmen, die MSCI-Indizes im Internet als Vergleichsmaßstab nutzen, müssen auch dafür Lizenzgebühren zahlen.

Und das lohnt sich so sehr, dass MSCI damit zum Börsengiganten aufsteigen konnte?

Allerdings. Dem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge, ist der genaue Betrag, den ETF-Anbieter für die Nutzung des Namens MSCI zahlen müssen, zwar ein streng gehütetes Geheimnis. Laut Brancheninformationen liege die Provisionen allerdings bei 0,02 bis 0,04 Prozent des angelegten Betrages.

Wenn du also beispielsweise 1.000 Euro in einen MSCI World ETF investierst, fließen indirekt 20 bis 40 Cent an MSCI. Wenn man bedenkt, dass weltweit etwa 13 Billionen Euro Anlagevermögen in MSCI-Indizes stecken, ergibt sich daraus durchaus eine stattliche Summe. Hinzu kommt, dass das Geschäft mit Lizenzgebühren generell extrem ertragreich ist, da für die Unternehmen hierbei kaum Kosten entstehen.

2022 erzielte MSCI so einen Umsatz von 2,05 Milliarden Euro. An der Börse ist das Unternehmen derzeit knapp 35 Milliarden Euro wert und hat sich vom unscheinbaren Anhängsel der Großbank Morgan Stanley zur Hochleistungsaktie gemausert, die sich mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 38 auch hinter Apple und anderen Tech-Giganten nicht verstecken muss.

4. Warum die Marktmacht zur Gefahr werden kann

An der Deutschen Börse kommt MSCI beim Vermögen der gehandelten ETFs schon heute auf einen Marktanteil von 49 Prozent. Aus dieser Macht können auch Probleme resultieren, die einigen Experten bereits Sorgen bereiten:

  • Hohe Abhängigkeit: Da viele Investoren und Fondsmanager MSCI-Indizes nutzen, können ihre Entscheidungen von MSCI beeinflusst werden. Eine zu hohe Abhängigkeit von einem Anbieter kann zu einer Verzerrung der Märkte und einer geringeren Wettbewerbsfähigkeit führen.
  • Macht zur Preisgestaltung: MSCI kann seine Marktmacht dazu nutzen, höhere Preise für seine Produkte zu verlangen. Das wirkt sich negativ auf Kunden wie dich aus. Denn: Wenn es keine angemessene Konkurrenz gibt, könnten Investoren und Fondsmanager gezwungen sein, höhere Kosten zu akzeptieren.
  • Einfluss auf die Unternehmen: MSCI hat auch die Möglichkeit, die Zusammensetzung seiner Indizes und Bewertungen der Unternehmen, die in den Indizes enthalten sind, zu beeinflussen. Dies kann Auswirkungen auf die Aktienkurse der betroffenen Unternehmen haben und dazu führen, dass sich diese Unternehmen stärker an den Kriterien von MSCI orientieren, anstatt sich auf ihre Geschäftsziele zu konzentrieren.
 

Trotz dieser potenziellen Probleme ist es wichtig zu beachten, dass es auch andere Anbieter von Finanzmarkt-Indizes und -Analysen gibt, die dazu beitragen können, die Wettbewerbsfähigkeit des Marktes zu erhöhen.

Für Investoren und Fondsmanager ist es zudem auch unabhängig von MSCI immer wichtig, sorgfältig abzuwägen und sich nicht allein auf einen Anbieter zu verlassen.

5. Wie MSCI Nachhaltigkeitsvorreiter wurde

Noch größer als bei herkömmlichen Indizes ist die Macht von MSCI bei nachhaltigen ETFs, dem großen Trend der vergangenen Jahre. Dort liegt ihr Marktanteil bei 83 Prozent.

Ein Grund dafür: MSCI übernahm bereits vor mehr als zehn Jahren zwei Datenspezialisten, mit deren Hilfe es den Nachhaltigkeitsstandard SRI entwickelte. SRI steht für Socially Responsible Investment (dt. sozial verantwortliche Investitionen). Dieser Grundsatz ist maßgeblich für Investoren, denen ökologische, soziale und Governance Kriterien (ESG) bei der Geldanlage am Herzen liegen.

 

Und da es mittlerweile sehr viele Anleger gibt, die die Einhaltung der ESG-Kriterien wichtig finden und deshalb vor allem in ETFs mit SRI-Standard investieren, trägt auch dieser Bereich wiederum zum Umsatzwachstum von MSCI bei. 

 

 

 

Wie hat dir der Artikel gefallen?

Danke für deine Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
ETF-Guide Zur kompletten Übersicht
In ETFs oder lieber in Aktien investieren?
Tech-Titanen starten durch
100.000 Euro mit ETFs: So wirst du reich mit Indexfonds
Am Puls der Zeit: Megatrends richtig erkennen und nutzen
Gender-ETF: Gleichheit, Gerechtigkeit – Geld verdienen!
Auch interessant
Iran gegen Israel Warum die Aktienmärkte um mehr als 20 Prozent einbrechen könnten
Der Krieg im Gazastreifen hat die Krise im Nahen Osten verschärft, die ...
ETF der Woche Portfolio-ETFs: Die Vor- und Nachteile des Komplettpakets für Faule
Durch den Zinsanstieg sind Anleihen auch für Privatanleger wieder deutlich attraktiver geworden ...
Ausschüttungen ohne Ende Dividenden: Diese 5 Dax-Firmen sind am spendabelsten
Im April startet traditionell die Dividendensaison im Dax. Und in diesem Jahr ...
Mehr zum Thema
E-Autos laden unter blühenden Kirschbäumen
Tops und Flops Die besten und schlechtesten ETFs im laufenden Jahr
Technologiewerte und künstliche Intelligenz (KI) dominierten das Börsengeschehen im ersten Quartal 2024 ...
Viele Alte, wenige Junge
Cleverer Move, zig Jahre zu spät Unfaire Unwucht: Das Generationenkapital kann das Demografie-Dilemma nicht lösen
Deutschland wird immer älter und die Aussichten für die Rente düsterer. Nun ...
Bergwerk mit Arbeitern und Bitcoin
Kryptos für Einsteiger So funktioniert das Bitcoin-Halving – und diesen Einfluss hat es auf den Kurs
Um den 20. April dieses Jahres soll das Bitcoin-Halving stattfinden. Du hörst ...
Jetzt Newsletter abonnieren
Hier findest du uns