Im Jahr 2023 haben Anleihen aus Schwellenländern zweistellige Renditen abgeworfen. Das gilt sowohl für Emerging-Market-Bonds (EM) in Hartwährung als auch für Papiere, die in lokaler Währung notieren.
- Dank starker Fundamentaldaten und eines günstigen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage haben EM-Staatsanleihen in Hartwährung im vergangenen Jahr Renditen von über 11 Prozent generiert.
- EM-Bonds in Landeswährung legten im Schnitt um rund 9 Prozent zu, profitierten aber zusätzlich von einer Aufwertung der Währung gegenüber dem US-Dollar und anderen Hartwährungen.
Ertragschancen bei Schwellenländeranleihen
Besonders Anleihen mit einem hohen Bonitätsrating haben maßgeblich zu den Gewinnen beigetragen. Das lag nicht zuletzt daran, dass schwache Neuemissionsvolumina zu sinkenden Risikoaufschlägen (Spreads) im Investment-Grade-Segment geführt haben. Aber auch Emittenten mit niedrigerem Rating profitierten von einer robusten Konjunktur. Auch das Verhalten der Anleger trug seinen Teil dazu bei. So kehrten viele nach einer längeren Phase der Kapitalabflüsse gegen Ende des Jahres wieder an den Markt zurück.
Aktuell sprechen viele Faktoren dafür, dass Schwellenländeranleihen auch im laufenden Jahr und darüber hinaus attraktive Erträge bieten werden. So ist das Emissionsvolumen zu Jahresanfang deutlich gestiegen. Das hat zwar zu kurzfristigen Korrekturen geführt, die Attraktivität der Anlageklasse wurde dadurch aber nochmals erhöht. Denn zu Beginn des neuen Jahres hat das hohe Emissionsvolumen zu steigenden Risikoaufschlägen und somit zu attraktiveren Bewertungen beigetragen.
Hohe Risikoaufschläge bei Emerging-Markets-Anleihen
Das große Angebot dürfte in den kommenden Quartalen wieder abnehmen. Schließlich entfielen doch stattliche 47 Prozent des prognostizierten Jahresemissionsvolumens von EM-Anleihen mit Investment-Grade-Rating und damit weit mehr als in anderen Jahren allein auf den Januar (siehe Grafik). Das bietet Anlegern die Möglichkeit, kurzfristig ein Risiko-Exposure zu attraktiveren Konditionen einzugehen, bevor Kapitalzuflüsse in den Markt das Angebot übersteigen und die Risikoaufschläge zurückgehen.
Hinzukommt, dass die Risikoaufschläge für EM-Anleihen mit Investment-Grade-Rating nach dem jüngsten Anstieg gegenüber äquivalenten US-Spreads so attraktiv sind wie seit über zwei Jahren nicht mehr, und auch EM-High-Yield-Spreads sind weiterhin vergleichsweise günstig (siehe Grafik). Dass sich die Bewertungen von US-Unternehmensanleihen langsam historischen Höchstständen nähern, macht eine EM-Allokation für Anleger umso interessanter.
Neugierig geworden?
Neben attraktiven Bewertungen profitieren EM-Staatsanleihen von einer einzigartigen Kombination aus hohen Risikoaufschlägen und langer Duration, die US-Anleihen weder im Investment-Grade- noch im High-Yield-Segment zu bieten haben. Daher könnten die Anleihemärkte der Schwellenländer in besonderem Maße, sowohl von sinkenden Zinsen als auch von stabilem Wirtschaftswachstum profitieren, das die Nachfrage nach renditestarken Anleihen stützt.
Ergänzung für ein breit diversifiziertes Portfolio
Vor dem Hintergrund der grundsätzlich hohen Nachfrage und der historisch extrem teuren Bewertungen von US-Unternehmensanleihen könnte sich das Jahr 2024 als vielversprechend für Anleihen aus Schwellenländern erweisen.
Insbesondere im Vergleich zu anderen Segmenten der globalen Anleihemärkte können Anleger in Schwellenmärkten dabei von aktiven Strategien profitieren, ohne zusätzliche Risiken eingehen zu müssen. Für Alpha-Strategien ist die Assetklasse aus mehreren Gründen besonders interessant:
- EM-Anlagen haben in der Regel eine längere Duration, weshalb ihre Rendite oft von der Spread-Entwicklung und nicht allein von den Renditen abhängt, die Anleger während der Haltedauer erzielen (oft als „Carry“ bezeichnet). Daher kann sich die Suche nach besonders renditestarken EM-Anleihen durchaus lohnen.
- EM-Staatsanleihen mit steigenden Fundamentaldaten könnten, eine anhaltend positive Entwicklung vorausgesetzt, über Jahre hinweg Mehrrenditen abwerfen.
- Größere Schwellenländer profitieren von soliden Zinskurven, in denen häufig neben staatlichen auch staatsnahe Emittenten enthalten sind, weshalb aktive Anleger zahlreiche Instrumente zur Implementierung ihrer Länder-Exposures zur Verfügung stehen.
Insgesamt könnten Schwellenländeranleihen 2024 einen Großteil des übrigen Rentenmarktes übertreffen und auch auf lange Sicht interessante Perspektiven bieten. Da sie bis heute oft nur einen kleinen Teil von Core- oder Core-Plus-Strategien im Anleihesegment ausmachen und in der Regel nicht in Modellportfolios enthalten sind, sollten Anleger mit entsprechender Risikotoleranz in Betracht ziehen, aktiv in die Anlageklasse zu investieren. Denn Schwellenländer können eine optimale Ergänzung für ein breit diversifiziertes Portfolio sein.
Über den Autor
Daniel Shaykevich ist Senior Portfolio Manager und Manager Emerging Markets bei Vanguard.