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Stefan Gretschel im Gespräch „Der Gesetzgeber belastet Vermögensverwalter überdurchschnittlich stark“

Stefan Gretschel, Rheinische Portfolio Management
Stefan Gretschel, Rheinische Portfolio Management | Foto: Rheinische Portfolio Management

DAS INVESTMENT: Wie ist es um die deutschen Vermögensverwalter bestellt?

Stefan Gretschel: Da die Landschaft der Vermögensverwalter sehr heterogen ist, kann ich natürlich keine pauschale Aussage treffen. Allerdings ächtzen die meisten wahrscheinlich schon seit Jahren unter der unaufhörlich wachsenden Regulierung und jüngst kommen die extrem herausfordernden Märkte erschwerend hinzu. Im Durchschnitt sind die Vermögensverwalter bereits ziemlich alt und die Branche ist weiterhin sehr fragmentiert. Trotzdem ist die schon lange erwartete Konsolidierung bisher überraschenderweise weitgehend ausgeblieben.

Eigenständige Vermögensverwaltungen sind politisch nicht gewollt, stimmen Sie zu?

Gretschel: Eigentlich sollten Politik und Regulator im Sinne der Verbraucher unabhängige Vermögensverwalter doch begrüßen und besonders fördern, da diese ohne Konzernvorgaben ausschließlich im Interesse Ihrer Kunden agieren und investieren können. Allerdings sind die gesetzlichen und regulatorischen Vorgaben tatsächlich primär für große Organisationseinheiten ausgelegt. Da Vermögensverwalter diese aus der Bankenregulierung stammenden Vorgaben ebenfalls angemessen umsetzen müssen, werden kleine Einheiten überproportional belastet.

Ob dieser Wettbewerbsnachteil politisch gewollt ist oder nur als Auswirkung der politischen Agenda in Kauf genommen wird, wage ich nicht zu beurteilen. Die jüngste Herauslösung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die meisten Vermögensverwalter aus dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) in das Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), ist in jedem Fall ein grundsätzlich begrüßenswerter Schritt, auch wenn dieser vorerst für zusätzliche Migrationsaufwände und Unsicherheit sorgt.

 

 

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Daher gibt es vom Regulator auch das volle Paket der Großbanken für die VV gleich mit?

Gretschel: Ja, der Hoffnungsschimmer WpIG wurde von der Aufsicht bisher leider noch nicht mit Leben gefüllt, sodass sich die praktischen Vorgaben weiterhin an dem Paket für die Großbanken orientieren. Das eigentlich sehr begrüßenswerte Thema ESG entwickelt sich derzeit beispielsweise zunehmend zum kaum noch beherrschbaren Bürokratiemonster. Um in diesem regulatorischen Dickicht den Überblick nicht komplett zu verlieren, ist der VuV (Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.) eine für uns sehr hilfreiche Institution.

Es gibt wohl keinen unabhängigen Journalismus – wie kann es unabhängige VV geben?

Gretschel: Darüber kann man sicherlich lange philosophieren, aber wenn die VV-Kunden bereit sind für erbrachte und zu erbringende Dienstleistungen adäquate Gebühren zu bezahlen, ist eine kundenorientierte und unabhängige Vermögensverwaltung problemlos darstellbar. Der Vermögensverwalter agiert dann ähnlich wie ein mandatierter Anwalt, im ausschließlichen Auftrag und Interesse des Kunden (natürlich analog nur innerhalb der gesetzlichen Vorgaben).

 

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