Christin Jahns
10.04.2024

ETF der Woche Verteidigungs-ETF: Ist Rüstung ein gutes Investment?

Cybertruppe der Bundeswehr in Rheinbach
Cybertruppe der Bundeswehr in Rheinbach: Der Vaneck-ETF investiert auch in Unternehmen, die auf Cybersicherheitssoftware spezialisiert sind.
© Imago Images / Sepp Spiegl

Mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine haben sich viele Gewissheiten mit einem Schlag in Luft aufgelöst. So schien nicht nur ein Krieg in Europa lange undenkbar. Auch Waffenlieferung in Kriegsgebiete oder Investments in Rüstungskonzerne hätten viele wohl noch vor zwei Jahren kategorisch ausgeschlossen.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Mit Russlands Überfall auf die Ukraine haben viele auch ihre Einstellung zu Waffen grundlegend überdacht. Denn: Dass einem Diktator, der ohne Rücksicht auf Verluste ein Land angreift, das Feld einfach kampflos überlassen wird, wollen die Wenigsten.

Rüstungs-Aktien im Aufwind

Aus ihrer Notwendigkeit zur Verteidigung resultiert ein weiterer Punkt, der für Rüstung sprechen kann: Sie ist ein lukratives Geschäft.

Seit Ausbruch des Kriegs haben die Aktien vieler Rüstungskonzerne satte Kursgewinne eingefahren. Ein Beispiel ist der Düsseldorfer Rüstungskonzern und Automobilzulieferer Rheinmetall. Der Aktienkurs des Unternehmens hat sich zwei Jahre in Folge mehr als verdoppelt. Der Preis einer Aktie kletterte von 96 Euro am 28. Februar 2022 auf 263 Euro am 10. April 2023. Auf Jahressicht folgte dann noch einmal ein phänomenaler Anstieg um 104,7 Prozent. Aktuell steht der Aktienkurs bei rund 532 Euro (Stand: 10. April 2024).

Einen Tag zuvor hatte der Kurs mit 571,80 Euro sogar noch ein frisches Allzeithoch erreicht, das viele Anleger jedoch anscheinend für Gewinnmitnahmen nutzten, was zu einem Einbruch von bis zu 12 Prozent führte. Anleger, die heute vor fünf Jahren (10. April 2019) 100 Euro in Rheinmetall investiert hätten, könnten sich jetzt trotzdem über 550 Euro freuen.

 

Ein Grund für die Kursgewinne: Da sich die Sicherheitslage durch die Kriege in der Ukraine und in Gaza stark verändert hat, sind insbesondere viele europäische Länder nun doch bereit, mehr Geld für Rüstung auszugeben. So hat etwa die Bundesregierung zugesagt, in den kommenden Jahren 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu investieren. Bundesverteidigungsminister Boris Pisorius (SPD) hat sogar eine Lockerung der Schuldenbremse ins Gespräch gebracht, um die Bundeswehr besser finanzieren zu können.

Auch andere Staaten wollen mehr ausgeben, um das Nato-Ziel, 2 Prozent des BIP in Verteidigung zu investieren, in Zukunft zu erreichen. So plant etwa die Regieurng in Norwegen ihr Militär in den kommenden zwölf Jahren bis 2036 mit 600 Milliarden norwegischen Kronen (51,7 Mrd Euro) zusätzlich aufzurüsten, wie sie bei der Vorstellung des neuen Verteidigungsplans mitteilte. Im Jahr 2036 will das Land knapp 3 Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP) für Verteidigung ausgeben.

Die staatlichen Zusagen sind für die Rüstungskonzerne von besonderer Bedeutung, da Staaten die primären Nachfrager von Verteidigungsgütern sind. Angesichts der angespannten Sicherheitslage und der gestiegenen Verteidigungsausgaben vieler Länder können viele Rüstungsunternehmen sich aktuell über volle Auftragsbücher freuen.

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Was ist ein Verteidigungs-ETF?

Doch wie können Anleger in Verteidigungsgüter investieren? Neben Aktien von Rüstungskonzernen, bieten Verteidigungs-ETFs eine breit gestreute Möglichkeit an der derzeitigen Marktentwicklung zu partizipieren.

Ein Rüstungs-ETF (Exchange Traded Fund) ist ein börsengehandelter Fonds, der in Unternehmen investiert, die im Bereich Verteidigung tätig sind. Aufgrund seines spezifischen Schwerpunkts zählt er damit zu den Themen-ETFs.

Die enthaltenen Unternehmen produzieren Ausrüstung für das Militär. Dazu gehören beispielsweise:

  • Waffen und Waffensysteme,
  • Munition,
  • Militärfahrzeuge,
  • Kommunikations- und Überwachungstechnologie,
  • Güter für Überschwemmungsbekämpfung oder Schutz vor Feuer.

Vaneck Defense ETF: Erster Rüstungs-ETF in der EU

Der Vaneck Defense UCITS ETF (ISIN: IE000YYE6WK5) war im März 2023 der erste ETF, mit dem Anleger aus der EU gezielt in den Verteidigungssektor investieren können. Mit einem Pure-Play-Ansatz investiert der Fonds in Unternehmen, die die Mehrheit ihres Umsatzes mit den folgenden Produkten oder Dienstleistungen im Bereich Verteidigung erzielen:

  • Verteidigungsausrüstung,
  • Luft- und Raumfahrttechnik,
  • Kommunikationssysteme und -dienstleistungen,
  • Satellitentechnik,
  • unbemannte Luftfahrzeuge,
  • Sicherheitssoftware,
  • IT-Hardware und -Dienstleistungen,
  • Cybersicherheitssoftware,
  • Schulungs- und Simulationslösungen,
  • digitale Forensik,
  • Ortungsgeräte
  • sowie Anwendungen zur e-Authentifizierung oder biometrischen Identifizierung.

Dazu folgt der ETF dem Market Vector Global Defense Industry Index.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024
  • Asset-Schwerpunkt: Aktienfonds All Cap Welt
  • Auflegung: 31.03.2023
  • Ertragsverwendung: thesaurierend
  • Fondsgesellschaft: Vaneck AM
  • ISIN: IE000YYE6WK5
  • Maximal Drawdown seit Auflage: 8,14%
  • Performance YTD: 24,19%
  • Performance 1 Jahr: 52,59%
  • Sharpe Ratio 1 Jahr: 3,32
  • Sum. lfd. Kosten: 0,70%
  • Volatilität 1 Jahr: 16,94%
  • Volumen in Mio. US-Dollar: 500

Unternehmen, die ihren Umsatz mit umstrittenen Waffen wie etwa Massenvernichtungswaffen, Atomwaffen, Landminen oder Streumunition erzielen oder nachweislich etablierte Normen nicht eingehalten haben beziehungsweise in Verdacht stehen, dies zu tun, werden ausgeschlossen.

Martijn Rozemuller
Martijn Rozemuller: CEO bei Vaneck Europe © Vaneck

„Das schnelle Wachstum unseres ETFs verdeutlicht, welchen Stellenwert das Thema Verteidigung mittlerweile auch auf Anlegerseite hat“, erklärt Martijn Rozemuller, CEO bei Vaneck Europe. „Traditionell ist die Verteidigungsbranche gerade in Europa eigentlich ein eher sensibles Thema. Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine sowie weitere Spannungs- und Konfliktfelder weltweit haben bei vielen Menschen die Sichtweise auf das Thema Verteidigungspolitik jedoch geändert.“

Viele Regierungen westeuropäischer Länder, die in der Vergangenheit immer wieder das 2-Prozent-Ziel der Nato für Militärausgaben verfehlt haben, haben nun angekündigt, erhebliche Investitionen in die Verteidigungsinfrastruktur und -bestände vorzunehmen und die Zielmarke von 2 Prozent auch in Zukunft einzuhalten. „Unternehmen aus der Sicherheits- und Rüstungsindustrie könnten von dieser Entwicklung in den kommenden Jahren langfristig profitieren“, sagt Rozemuller.

Fokus auf US-Unternehmen

Unternehmen aus den USA sind mit einem Anteil von 54,7 Prozent am stärksten im Index gewichtet. Auf Platz zwei und drei folgen Frankreich (19,8 Prozent) und Italien (6,4 Prozent). Der US-Fokus lässt sich damit erklären, dass die USA traditionell das Land mit den höchsten Ausgaben für Verteidigung und Militär sind, weshalb viele der großen Rüstungskonzerne sich in den USA befinden.

Bei den Sektoren dominieren Industriewerte mit 92 Prozent gegenüber Informationstechnologie mit 8,0 Prozent.

Die Top-Holdings im ETF sind

  • Thales ist ein Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Frankreich. Das Unternehmen wurde 2000 durch den Zusammenschluss von Alcatel Alenia Space und der Geschäftseinheit „Defense Electronics“ von Thomson-CSF gegründet. Thales ist ein führender Anbieter von Lösungen und Technologien in den Bereichen Verteidigung, Sicherheit, Luft- und Raumfahrt sowie Transport. Das Unternehmen entwickelt und produziert eine breite Palette von Produkten, darunter Radarsysteme, Kommunikationssysteme, Satelliten, Flugsicherungssysteme, Cybersecurity-Produkte und -Dienstleistungen sowie elektronische Kriegsführungssysteme: 8,5 Prozent
  • Safran ist ein französisches Multitechnologie-Unternehmen, das 2005 aus der Fusion von Snecma und Sagem entstand. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Paris und beschäftigt weltweit etwa 95.000 Mitarbeiter in mehr als 60 Ländern. Safran ist auch ein wichtiger Lieferant von Verteidigungs- und Sicherheitssystemen für Regierungen und Unternehmen weltweit. Das Unternehmen stellt unter anderem Flugsicherungssysteme, Überwachungssysteme, Waffensteuerungen und elektronische Kriegsführungssysteme her. Im Bereich digitale Identität und Sicherheit bietet Safran biometrische Identifikationslösungen, einschließlich Fingerabdruck- und Gesichtserkennungssysteme, sowie Cybersecurity-Produkte und -Dienstleistungen an: 8,3 Prozent
  • Booz Allen Hamilton ist ein amerikanisches Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in McLean, Virginia. Das Unternehmen wurde 1914 gegründet und hat im Laufe der Zeit verschiedene Umstrukturierungen durchlaufen. Heute ist es bekannt für seine Arbeit im Bereich der Cybersicherheit, aber auch für seine Expertise in den Bereichen Big Data, künstliche Intelligenz, Cloud Computing und digitale Transformation. Zu den bekanntesten Projekten von Booz Allen Hamilton gehört die Unterstützung der US-Regierung bei der Verbesserung der nationalen Cybersicherheit und der Überwachung des Internets. Darüber hinaus hat das Unternehmen auch mit der NASA zusammengearbeitet, um Technologien für zukünftige Weltraummissionen zu entwickeln: 7,8 Prozent
 

Verteidigungs-Fonds von Han-ETF

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Seit Juli 2023 ist mit dem Future of Defence UCITS ETF (ISIN: IE000OJ5TQP4) von Han-ETF nun noch ein zweiter Verteidigungs-ETF in Europa erhältlich.

  • Asset-Schwerpunkt: Aktienfonds All Cap Welt
  • Auflegung: 03.07.2023
  • Ertragsverwendung: thesaurierend
  • Maximal Drawdown seit Auflage: 6,41%
  • Performance YTD: 20,46%
  • Sum. lfd. Kosten: 0,58%
  • Volumen in Mio. EUR: 162

Der ETF bildet den EQM Future of Defence Index ab. Anleger haben so die Möglichkeit, in globale Unternehmen zu investieren, die Einnahmen aus den (Cyber-)Verteidigungsausgaben der Nato und von Nato-Verbündeten erzielen.

Das maximale Engagement in einem Land beträgt 50 Prozent. Auf diese Weise sollen Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA oder einem Land der Nato+ stärker berücksichtigt werden können. 

Rüstung – ein unmoralisches Investment?

Investments in Militärausrüstung zählten lange Zeit zu den umstrittensten Anlagemöglichkeiten. Durch den Krieg in der Ukraine haben viele Menschen ihre Haltung zu Waffen allerdings grundsätzlich überdacht. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Waffen im Falle eines tatsächlich eintretenden Krieges immer viel Leid und Zerstörung mit sich bringen, sodass die ethische Haltung hier weiter elementar bleibt.

Am Ende musst du für dich selbst entscheiden, ob die Rüstungsindustrie für dich eher der Verteidigung und der nationalen Sicherheit dient, du dich wie bei anderen Investments pragmatisch auf die zu erwartenden Gewinne konzentrierst oder das zu erwartende Leid für dich im Vordergrund steht, das Waffen, die aufs Töten ausgelegt sind, mit sich bringen können.

Ist Rüstung ein gutes Investment?

Von den moralischen Aspekten abgesehen, lässt sich sagen, dass die Rüstungsindustrie angesichts der steigenden Verteidigungsausgaben der westlichen Länder und neuer geopolitischer Spannungen definitiv Wachstumspotenzial bietet. Das gilt auch im Hinblick auf eine mögliche zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident. Dieser hatte seinen Nato-Partnern jüngst angedroht, ihnen nicht beizustehen, wenn sie ihre Rüstungsausgaben nicht auf das Nato-Ziel von 2 Prozent der Wirtschaftsleistung anheben.

Als Anleger solltest du dir allerdings darüber im Klaren sein, dass die Abhängigkeit der Rüstungsindustrie von der staatlichen Nachfrage auch ein Nachteil sein kann. Denn in Friedenszeiten fragen die Länder automatisch weniger Rüstungsgüter nach. Und auch jetzt, wo viele Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöhen wollen, stellt sich teilweise die Frage, woher das Geld dafür denn eigentlich kommen soll. So haben viele Nato-Mitglieder wegen knapper Kassen aktuell schon Probleme, das 2-Prozent-Ziel zu erreichen.

Ein weiterer Nachteil ist die Konzentration auf US-Aktien und die daraus folgende Abhängigkeit von der geo- und außenpolitischen Situation der USA. Diese kann sich insbesondere dann negativ auswirken, wenn dein restliches Depot durch Anlagen in den MSCI World und ähnliche Welt-ETFs bereits einen US-Bias aufweist.

 

Beachten solltest du dabei außerdem, dass auch in breit diversifizierten Weltportfolio bereits Rüstungstitel enthalten sind. Folglich profitierst du bereits hier von der steigenden Nachfrage nach Verteidigungsgütern und musst für dich entscheiden, ob du wirklich eine Übergewichtung in Form eines Themen-ETFs eingehen willst.

Denn: In ETFs zu investieren, die auf nur ein Thema setzen, ist in der Regel risikoreicher, da ihre Entwicklung stark von den Trends in diesem bestimmten Bereich beeinflusst wird. Wenn ein ETF also ausschließlich in Unternehmen investiert, die auf Rüstung spezialisiert sind, und es kommt zu einem Einbruch der Branche, dann wird der ETF davon stärker betroffen sein als ein breiter diversifizierter ETF, der auch in andere Branchen investiert. Auf der anderen Seite kann ein Rüstungs-ETF, wenn die Branche gut läuft, aber auch eine höhere Rendite erzielen als ein breiter diversifizierter ETF. 

Würdest du in Waffen und Militärausrüstung investieren?

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Ich bin mir noch nicht sicher.
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