Egal, ob Sparen fürs Kind oder fürs Alter: Wenn es darum geht, finanziell vorzusorgen, kommt man an ETFs (Exchange Traded Funds, dt. börsengehandelten Indexfonds) kaum noch vorbei. Kein Wunder: Die passiven Fonds sind kostengünstig und einfach zu handhaben. Mit nur einem Investment kannst du in einen breit gestreuten Korb voller verschiedener Aktien investieren.
Aber wo genau geht das Geld, das in ETFs fließt, eigentlich hin?
Um diese Frage zu beantworten, hilft es, sich noch einmal vor Augen zu führen, was ETFs genau sind.
Ein ETF bildet einen Wertpapierindex wie den amerikanischen S&P 500 oder den deutschen Dax nach. Für den Nachbau versuchen die Manager:innen, die den ETF verwalten, das Portfolio so zusammenzustellen, dass es dem Index möglichst genau entspricht.
Wenn sich der Index ändert, etwa weil ein Unternehmen aus dem Index entfernt wird oder ein neues Unternehmen aufgenommen wird, passen die ETF-Manager:innen ihr Portfolio entsprechend an, um den Index weiterhin möglichst genau nachzubilden. Dieser Nachbau wird in der Fachsprache auch Replikation genannt.
Doch wie genau bauen die Vermögensverwalter den Index eigentlich nach?
Dazu gibt es drei mögliche Verfahren:
- physisch
- Sampling, auch teilreplizierend oder optimiert genannt
- synthetisch
Wie genau die Fondsgesellschaften bei den einzelnen Methoden vorgehen und was die Vor- und Nachteile sind, erklären wir dir in den folgenden Absätzen.
1. Physische Replikation
Die physische oder auch vollständige Replikation wird bei der Indexnachbildung am häufigsten angewendet. Dabei kauft das Management des ETFs mit dem Geld, das du und andere Anleger:innen in den ETF investieren, tatsächlich alle im Index enthaltenen Aktien im gleichen Verhältnis nach.
Ein ETF, der den Dax vollständig repliziert, würde also jederzeit Aktien der 40 Dax-Unternehmen halten. Ihr Anteil am Fondsvermögen entspricht dabei ihrer Gewichtung im Index. Falls sich die Zusammensetzung des Dax ändert, würde das Management dementsprechend Wertpapiere kaufen oder verkaufen.
Der Hauptnachteil bei diesem Verfahren sind die Kosten. Dies äußert sich insbesondere bei Indizes mit vielen verschiedenen Aktien wie beispielsweise dem MSCI World, der Titel von etwa 1.600 Unternehmen beinhaltet. Um solche Indizes möglichst genau abzubilden, müssen ETFs relativ häufig Aktien kaufen und verkaufen, was mit Gebühren und anderen Kosten verbunden ist.
Aus diesem Grund setzen Anbieter bei breit aufgestellten Indizes gerne auf das optimierte Verfahren (Sampling).
2. Optimierte Replikation / Sampling
Bei der optimierten Replikation, auch Teilreplikation oder Sampling genannt, kauft das ETF-Management mit dem Geld der Anleger:innen nur einen Teil der Wertpapiere, die im Index enthalten sind. Wenn ein ETF also einem Index wie beispielsweise dem MSCI World folgt, enthält er nicht alle 1.600 Titel, sondern nur eine Auswahl.
Aber keine Sorge: Auch beim optimierten Verfahren wird die Wertentwicklung des Index nahezu genau widergespiegelt.
Denn: Gerade bei Indizes mit enorm vielen Positionen fallen die kleinsten oft kaum noch ins Gewicht. Werden diese beim Kauf vernachlässigt, beeinträchtigt das die Nachbildung der Wertentwicklung des Indizes kaum.
Ein kleiner Nachteil ist die etwas geringere Risikostreuung, die jedoch durch den Vorteil der niedrigeren Kosten infolge weniger Transaktionen mehr als ausgeglichen werden dürfte. Die optimierte Replikation wird von vielen ETF-Anbietern deshalb besonders gerne genutzt.
3. Synthetische Replikation
Wenn es nicht nur kostenintensiv, sondern auch schwierig ist, bestimmte im Index enthaltene Aktien am Markt zu erwerben, oder es darum geht, einen Index in einer anderen Währung nachzubilden, kann die synthetische Replikation eine gute Alternative zum physischen Nachbau sein.
Anstatt die im Index enthaltenen Aktien direkt zu kaufen, setzen ETF-Manager:innen hierbei auf Finanzinstrumente wie beispielsweise Swaps oder Futures, um die Wertentwicklung des Index nachzubilden. So kann ein synthetischer ETF, der den MSCI World abbildet, aus anderen Aktien, Anleihen oder sogar nur einer einzigen Swap-Position bestehen.
Aber wie kann ein ETF die Indexentwicklung mit Swaps verfolgen?
Neugierig geworden?
Ein Swap ist ein Finanzinstrument, das es zwei Parteien ermöglicht, Verpflichtungen auszutauschen. Im Falle unseres ETFs sind hierbei der ETF-Anbieter und eine Investmentbank beteiligt. Die Partnerbank verpflichtet sich, dem ETF gegen eine Gebühr jederzeit die Wertentwicklung des abgebildeten Index inklusive Dividendenzahlungen zu liefern. Im Gegenzug bekommt die Partnerbank die Rendite des Wertpapierkorbs, den der ETF-Anbieter von deinem und dem Geld anderer Anleger:innen gekauft und als Sicherheit hinterlegt hat.
Dieses so genannte Sicherheiten-Portfolio beinhaltet in der Regel Aktien von großen Unternehmen und Staatsanleihen. Unterschiede in der Wertentwicklung von Index und Sicherheiten-Portfolio gleichen die Partner regelmäßig aus. Das nennt man Swap.
Sind die Risiken bei synthetischen ETFs höher?
Ein Swap ist also im Wesentlichen ein Tauschgeschäft, das im Falle der synthetischen Replikation darauf abzielt, die Kosten für den Indexnachbau zu senken. Da Swaps sehr komplex sind, schrecken viele Anleger:innen aus Sorge vor dem Ausfallrisiko vor synthetischen ETFs zurück.
Das Ausfallrisiko liegt dabei in einer möglichen Pleite der Partnerbank. Also darin, dass diese ihrer Zahlungsverpflichtung nicht mehr nachkommen und die Indexrendite nicht mehr liefern kann. In diesem Fall müsste der ETF-Anbieter auf das Sicherheiten-Portfolio zurückgreifen und es zu Geld machen. Liegt der Wert dieses Aktienkorbs jedoch unter dem Wert des Index, dem der ETF folgt, verlieren Anleger:innen Geld. Dieses sogenannte Kontrahentenrisiko darf bei einem ETF nicht mehr als 10 Prozent des Fondsvermögens betragen.
Ein Ausfallrisiko ist allerdings auch bei vollständig replizierenden Fonds vorhanden, da die so genannte Wertpapierleihe, die von vielen physischen Fonds praktiziert wird, ebenfalls das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners birgt. Um das Ausfallrisiko zu minimieren ist es deshalb wichtiger, einen großen, finanziell stabilen Emittenten zu wählen, als sich zwischen physischer und synthetischer Replikation zu entscheiden.
Was bedeutet Wertpapierleihe und wie riskant ist das?
Die Anbieter von physischen oder optimierten ETFs behalten sich in der Regel das Recht vor, Aktien und Anleihen, die sie besitzen, zu verleihen und damit Geld zu verdienen. Dieser Prozess wird als Wertpapierleihe bezeichnet.
Im Prospekt eines ETFs wird geregelt, welcher Teil der Erträge aus der Wertpapierleihe den Anleger:innen zugutekommt. Das Risiko der Wertpapierleihe ist gesetzlich begrenzt, da der Verleih von Titeln ohne hochwertige, liquide Sicherheiten nicht erlaubt ist.
Synthetisch oder physisch: Was ist besser bei ETFs?
Diese Frage lässt sich pauschal nur schwer beantworten. Das Kontrahentenrisiko spricht auf den ersten Blick gegen synthetische ETFs. Allerdings gibt es auch bei physisch replizierenden ETFs, die ihre Wertpapiere verleihen, ein gewisses Kontrahentenrisiko.
Physisch oder synthetisch ist deshalb vor allem eine Geschmacksfrage.
Physisch replizierende ETFs sind besonders transparent und damit leicht nachvollziehbar.
Mit synthetischen ETFs kannst du dafür auch in schwerer zugängliche Segmente wie den Rohstoffmarkt investieren. Hinzu kommt, dass synthetische ETFs die Wertentwicklung des Index aufgrund des Tauschgeschäfts mit der Bank besser nachbilden und aufgrund der Kostenvorteile oft auch eine bessere Performance liefern können.
Als Anleger:in solltest du dir allerdings bewusst machen, dass das Aktienportfolio, das bei synthetischen ETFs mit deinem Geld gekauft wird, mit dem Index, in den du eigentlich investieren möchtest, oft nur wenig zu tun hat.
Bei der Auswahl kommt es also vor allem darauf an, was dir wichtig ist. Da viele Anleger nach dem Grundsatz
„Kaufe nur, was du verstehst.“
handeln, sind physisch replizierende ETFs in der Regel deutlich beliebter.