LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in NewsLesedauer: 9 Minuten

Flucht nach vorn Wie sich die Fondsbranche fit für die Zukunft machen kann

Seite 2 / 5

Im Gegenzug bietet es Vermögensverwaltern wie Blackrock eine wichtige Perspektive. Denn es kann ein Problem bekämpfen, das sie mehr und mehr beschäftigt: Margendruck. Wie Betriebswirte lehren, kann der aus zweierlei Richtungen entstehen: durch steigende Kosten oder durch sinkende Einnahmen. Die Fondsbranche sieht sich gerade beiden Phänomenen zugleich gegenüber.

Einer Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman zufolge stiegen die Kosten der Vermögensverwalter von 2012 bis 2017 jedes Jahr um durchschnittlich 3 Prozent. 2018 kamen sogar 4 Prozent obendrauf. Das ist weltweit gemeint, schwierig ist es aber derzeit vor allem in Europa. Denn auf dem alten Kontinent gilt seit 2018 die hochgradig umstrittene Finanzmarktrichtlinie Mifid II, die der Investmentbranche zu schaffen macht. Der deutsche Branchenverband BVI bringt das so auf den Punkt: „Während die US-Regulierung drei Ziele hat – Verbraucherschutz, Finanzmarktstabilität und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Finanzindustrie –, sucht man dieses letzte Ziel in der EU und in Deutschland vergeblich.“ Satte 72 fondsrelevante Richtlinien zählte man beim BVI seit 2011, und darauf aufbauend 992 Rechtsakte – also Gesetze oder Richtlinien. Dass sich das bei den Betroffenen in steigenden Kosten nieder-schlägt, liegt auf der Hand.

Allerdings hält die Oliver-Wyman-Studie auch eine gute Nachricht bereit: „Die Asset-Management-Industrie kann bis zu 30 Prozent der aktuellen Kosten sparen, indem sie Vorgänge automatisiert, auslagert und rationalisiert“, heißt es. Hier weht ein Hauch der zurzeit allgegenwärtigen Digitalisierung durch das Papier.

Der BVI wies bereits im Januar 2019 darauf hin, dass vor allem drei Technologiethemen die Branche „massiv verändern können“: Blockchain und ähnlich aufgebaute dezentrale Register, Big Data gepaart mit Künstlicher Intelligenz und Cloud-Technik. Das alles könnte mehr und mehr Arbeitsschritte automatisch ablaufen lassen und zugleich auch verschlanken oder sogar einsparen. Ganze Bindeglieder in der Wertschöpfungskette könnten dabei wegfallen, Kosten könnten sinken.

Auf der Einnahmenseite erzeugen vor allem die ETF-Anbieter enormen Druck. Seit Ende 2009 erhöhte sich in Europa der Anteil von Aktien-ETFs am Gesamtmarkt für Aktienfonds von 15 auf heute knapp 28 Prozent, ermittelte das Analysehaus Morningstar. Der gesamte europäische ETF-Markt könne bis 2024 von derzeit rund 760 Milliarden auf mehr als 2 Billionen Euro wachsen.


Quelle: Oliver Wyman

Der Trend greift die Einnahmen von Vermögensverwaltern in zweierlei Hinsicht an. Einerseits verdrängen ETFs das klassische höherpreisige Geschäft mit aktiv gemanagten Fonds. Andererseits müssen deren Anbieter in den Preiskampf einsteigen und für ihre Produkte die Gebühren senken – was sie auch schon tun. So sanken die durchschnittlichen laufenden Kosten für einen Aktienfonds in Europa von 1,91 Prozent Anfang 2009 auf heute 1,60 Prozent, Transaktionskosten außen vor gelassen. Zum Vergleich: Aktien-ETFs kosten in Europa im Schnitt 0,36 Prozent im Jahr. Speziell bei Anleihefonds kommt die europäische Geldpolitik hinzu. „Bei dem enorm niedrigen Zinsumfeld schauen Anleger inzwischen auf jeden einzelnen Basispunkt Gebühren“, berichtet Peter Scharl, der bei Blackrock das ETF-Geschäft unter der Marke iShares und das aktive Privatkundengeschäft in Deutschland, Österreich und Osteuropa leitet.

Tipps der Redaktion