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Alfred Platow im Gespräch „Keine Lust auf Schlips und Nadelstreifen“

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Hat es Sie denn nie in den Fingern gejuckt, den wirtschaftlichen Sachverstand in den Parteien zu fördern?

Platow: Nein, nicht in den Parteien selbst. Aber es gibt natürlich großen Nachholbedarf, was die finanzielle Bildung allgemein anbelangt. Der NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer habe ich bereits mehrfach angeboten, in Schulen zu gehen, um den Kindern und Jugendlichen dort den richtigen Umgang mit Geld beizubringen. Aber dieses Angebot wurde stets abgelehnt. Wobei ich die schulische Bildung in den drei Säulen Steuern, Finanzen und Recht natürlich gerne fördern würde, damit die Menschen nach der Schule nicht gänzlich ungebildet im Sinne von blauäugig und unreif in diesen Bereichen ins Leben entlassen werden. Denn das geht oft genug schief.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Kommen wir zurück auf die wilden Siebziger. Wie ging es nach Ihrem Studium weiter? Haben Sie sich beruflich wohl gefühlt in der sozialen Arbeit?

Platow: Ehrlich gesagt, schaute ich auch als Student eher in Bilanzen und Unternehmensabschlüsse als in meine Pädagogik-Bücher. Obwohl ich das Studium natürlich erfolgreich abschloss.

Es blieb damit aber nicht beim Hobby. 

Platow: Nein, das war für mich damals schon eine ernste Sache. Ich beriet, aus heutiger Sicht illegal, mehrere Professoren meiner Fakultät in Steuerangelegenheiten und in puncto Versicherungen. Natürlich nicht offiziell. Ich war ja kein ausgebildeter Steuerberater. Aber meinen Rat haben mit der Zeit immer mehr Menschen gesucht.

Auch aus der Hausbesetzer-Szene? 

Platow: Ja, da ging es nahtlos weiter. Bei den Hausbesetzern gab es ja auch viele alleinerziehende Mütter und andere junge Menschen, die finanziell Probleme hatten. Denen habe ich geholfen. Ich habe aber auch sehr früh schon diverse Organisationen aus der Szene, alternative Bücherläden oder Kindergärten, in steuerlichen und unternehmerischen Angelegenheiten beraten.

Sie waren also der Buchhalter der Rebellen.

Platow: Ja, der Ausdruck passt aus meiner Sicht. Noch besser: Sozialarbeiter und Buchhalter. Der Bedarf war damals groß. Und viele Mitstreiter haben sich damals nicht in der Szene getummelt, die Ahnung von Finanzen hatten. Mein Rat war wertvoll. Es war mir wichtig, soziale Aspekte in die trockene Bürokratie einzubringen, und mich stark für andere zu machen, die Hilfe brauchten.

Aber politisch aktiv waren Sie auch, oder?

Platow: Oh, ich war so aktiv, wie man es damals nur sein konnte damals – allerdings, ohne dass ich jemals Gewalt angewendet habe. Ich war auf Demonstrationen und habe protestiert und ich habe auch gegenüber Polizisten klare Worte gesprochen, wenn man uns mit dem Wasserwerfer attackierte.

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