Volkswirt Klaus Bauknecht
Hohe Zinsen würgen die Konjunktur ab

Volkswirt Klaus Bauknecht
Beim Konjunkturausblick bleiben aktuell viele Fragen offen. Zwar gehen viele Ökonomen von einer leichten Aufhellung aus, denn die Stimmungsindikatoren der letzten Monate haben sich etwas verbessert und die Prognosen für 2023 wurden leicht nach oben angepasst. Auch die Industrieproduktion sorgte im Januar für bessere Stimmung. Doch das Gesamtbild ist um einiges komplexer.
Strukturelle Herausforde...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Beim Konjunkturausblick bleiben aktuell viele Fragen offen. Zwar gehen viele Ökonomen von einer leichten Aufhellung aus, denn die Stimmungsindikatoren der letzten Monate haben sich etwas verbessert und die Prognosen für 2023 wurden leicht nach oben angepasst. Auch die Industrieproduktion sorgte im Januar für bessere Stimmung. Doch das Gesamtbild ist um einiges komplexer.
Strukturelle Herausforderungen wie hohe Energiekosten, noch bestehende Lieferengpässe in einigen Branchen und ein konjunktureller Verlauf, der sich infolge der geldpolitischen Straffung mehr und mehr eintrübt, führen zu einer heterogenen Branchenentwicklung. So lag das Produktionsniveau der Chemieindustrie im Januar fast 20 Prozent unter dem Niveau von Januar 2022, während die Autoindustrie ein Plus von fast 7 Prozent ausweist.
Die geldpolitische Straffung wirkt sich auf alle Branchen aus – wenn auch unterschiedlich stark. Die Geldpolitik sollte zum bestimmenden Einflussfaktor werden, der in allen Sektoren für eine Abkühlung sorgt. Das mag im ersten oder zweiten Quartal noch nicht ersichtlich sein, die Abkühlung wird sich aber spätestens im weiteren Verlauf des Jahres 2023 zeigen.
Das Ifo-Geschäftsklima ist ein guter Frühindikator für den BIP-Verlauf im kommenden Quartal. Dennoch ist Vorsicht geboten, auf Grundlage dieses Indikators von einem besseren Konjunkturbild für das gesamte Jahr 2023 zu sprechen. Denn es ist eher das Abklingen der Energiekrise als der Glaube an eine weniger effektive geldpolitische Straffung, die sich im Ifo-Index spiegelt.
So hat sich das Ifo-Geschäftsklima im März erneut verbessert. Sowohl die Wirtschaftslage als auch der Ausblick sind besser. In den kommenden Monaten dürfte sich die Lage jedoch eintrüben und die Geschäftserwartungen dürften auf die höheren Zinsen reagieren.
Doch wie aussagekräftig ist das Ifo-Geschäftsklima eigentlich? Empirische Analysen zeigen, dass es von allen Frühindikatoren die höchste Aussagekraft hat – auch wenn es sich nur auf die BIP-Entwicklung des kommenden Quartals bezieht. Allerdings ist die Bedeutung des Ifo-Index als Erklärungsvariable für das zukünftige BIP-Wachstum in den vergangenen Jahren gesunken. Grund mögen die sich anhäufenden exogenen Schocks sein, die die Konjunktur beeinflussen.
So ist es immer weniger der Konjunkturzyklus und damit die Stimmung der Unternehmen, die zukünftiges Wirtschaftswachstum bestimmen. Vielmehr lassen unvorhersehbare Entwicklungen die Ökonomie einbrechen. Mit steigenden Zinsen und der Erwartung einer klassischen Abkühlung der Wirtschaft ist deshalb auch von einem stagnierenden oder sogar rückläufigen Ifo-Index auszugehen.
Erste Auswirkungen der Zinspolitik sind bereits in zinssensitiven Branchen zu erkennen. In den kommenden Monaten sollte allerdings der Zinsanstieg einen höheren Gleichlauf beim Ifo-Geschäftsklima einzelner Branchen zeigen.
Die IKB erwartet in diesem Jahr für Deutschland einen leichten BIP-Rückgang. Das Abwärtsrisiko für 2024 hat sich aufgrund der restriktiven Geldpolitik erhöht. Die erwartete Konjunkturerholung ab Sommer dieses Jahres erscheint zunehmend fraglich – insbesondere, wenn der Inflationsdruck nachlassen soll. Aktuelle Aufwärtsrevisionen der BIP-Prognosen beruhen vor allem auf einem besseren Verlauf des ersten Quartals 2023 – nicht auf einem grundsätzlich günstigeren Ausblick.
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