Volkswirt Johannes Mayr
Kommt jetzt der Exodus bei Krypto-Assets?
Johannes Mayr ist Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Foto: Eyb & Wallwitz
Der Kryptomarkt wird derzeit ordentlich durchgerüttelt. Markiert der starke Kursabfall das Ende des Hypes? Johannes Mayr von der Investmentgesellschaft Eyb & Wallwitz gibt eine Einschätzung.
Ferner waren die Zweifel gestiegen, ob Krypto-Assets die zentralen Geldfunktionen – Wertaufbewahrung, Transaktionsmittel und Recheneinheit – auf absehbare Zeit erfüllen können. Auch hier wirkte der Anstieg der Volatilität wie ein Brandbeschleuniger. Und schließlich hatten sich die Hoffnungen auf vielfältige Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie kurzfristig nicht erfüllt. Der Hype-Zyklus These von neuen Technologien folgend stürzte das Sentiment vom Gipfel der Erwartungen in das Tal der Enttäuschung.
Wie weit die Abwärtskorrektur noch laufen wird, ist dabei kaum absehbar. Den Exodus auszurufen, scheint sowohl mit Blick auf die Krypto-Assets als auch die Blockchain-Technologie...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Ferner waren die Zweifel gestiegen, ob Krypto-Assets die zentralen Geldfunktionen – Wertaufbewahrung, Transaktionsmittel und Recheneinheit – auf absehbare Zeit erfüllen können. Auch hier wirkte der Anstieg der Volatilität wie ein Brandbeschleuniger. Und schließlich hatten sich die Hoffnungen auf vielfältige Einsatzmöglichkeiten der Blockchain-Technologie kurzfristig nicht erfüllt. Der Hype-Zyklus These von neuen Technologien folgend stürzte das Sentiment vom Gipfel der Erwartungen in das Tal der Enttäuschung.
Wie weit die Abwärtskorrektur noch laufen wird, ist dabei kaum absehbar. Den Exodus auszurufen, scheint sowohl mit Blick auf die Krypto-Assets als auch die Blockchain-Technologie aber verfrüht.
Warum Blockchain und Bitcoin nicht verschwinden werden
Klar ist: Der Gegenwind durch Politik, Aufsichtsbehörden und Notenbanken wird für Krypto-Assets wie den Bitcoin tendenziell noch zunehmen. Denn das Währungsmonopol ist ein hohes Gut für den Staat, ohne welches die Einnahmen aus Steuern und der Seigniorage der Notenbanken im Risiko stehen. Die Attraktivität und damit die Kursentwicklung von Bitcoin und Co speist sich deshalb aus äußeren Einflüssen und den Präferenzen der Nutzer und Investoren. Diese Präferenzen stellen den inneren Wert der Assets dar und sind das zentrale Merkmal aller Formen von „sound money“. Sie können sich aber als sehr flüchtig erweisen.
Gleichzeitig haben die äußeren Faktoren das Potenzial die Präferenzen zu beeinflussen oder zu überlagern. So können staatliche Regulierungsmaßnahmen die Attraktivität von Krypto-Assets erheblich mindern. Gleichzeitig dürfte die Nachfrage dann zulegen, wenn die staatlichen Währungen unter Vertrauensverlust leiden. Eine Abwertung des Außenwertes oder eine stark steigende Inflation sind geeignete Indikatoren.
Mittelfristig spricht vieles für eine gewisse Erholung der Blockchain-Idee, von der auch der Bitcoin-Kurs profitieren könnte. Denn Amaras Gesetz folgend, neigen insbesondere Investoren mit Blick auf neue Technologien dazu, „deren Wirkung kurzfristig zu überschätzen und auf lange Sicht aber zu unterschätzen.“ Die vergangenen Euphorie-Niveaus werden zwar meist nicht mehr erreicht. Im Modell dreht der Hype-Zyklus nach einer Phase des Absturzes und der Ernüchterung aber wieder nach oben. Es spricht vieles dafür, dass die Blockchain-Technologie in den kommenden Jahren relevante Anwendungen finden wird. Ein Beispiel ist der Finanzbereich und die Abwicklung von Wertpapiergeschäften, wodurch die Rolle von Banken als Intermediäre zurückgedrängt werden könnte.
Eine ähnliche Erholung ist auch für Krypto-Assets und insbesondere den Bitcoin nicht ausgeschlossen. Zwar dürften vor allem für professionelle Anleger zentrale Motive auf absehbare Zeit beschädigt bleiben und ein Investment unattraktiv machen. Für Privatanleger und vor allem die Skeptiker des staatlichen Fiat-Geldsystems bleiben die „sound-money“-Argumente aber wohl gültig. Die bisher wenig verbreitete Nutzung von Krypto-Assets als Transaktionsmittel wird dabei sogar als positives Zeichen gesehen. Denn in Zeiten von Zweifeln an der Stabilität der staatlichen Währungssysteme gelte eben Gresham’s Gesetz, wonach das schlechtere Geld das bessere Geld bei Zahlungsvorgängen verdrängt, und Letzteres primär für die Wertaufbewahrung eingesetzt wird.
Andere Motive für Bitcoin und Co haben sich seit dem Absturz der Kurse sogar verstärkt. Der Zugriff der westlichen Staaten auf die Besitztümer russischer Oligarchen und die Devisenreserven der russischen Notenbank hat gezeigt, dass sichere Häfen rar sind bzw. bei veränderter politischer Lage schnell ausgetrocknet werden können. Gerade Vermögensbesitzer aus autoritären Systemen könnten deshalb über eine Re-Allokation von Teilen ihrer Assets nachdenken. Gleiches gilt für Vermögen, welches dem Zugriff nationaler (Geld-)Politik und Steuerbehörden entzogen werden soll. Die Initiativen der Staaten zur Steigerung der Transparenz von Finanzströmen und Vereinheitlichung von Steuerregeln lässt auch für diese Gruppe private, digitale und dezentrale Anlageklassen attraktiv erscheinen.
Der unmittelbare Hype um Bitcoin und Co dürfte zwar erst einmal vorbei sein. Ein Exodus ist aber nicht zu erwarten. Vielmehr eine Evolution der Kurstreiber. Von Bedeutung werden dabei weniger institutionelle Investoren und private Renditejäger sein als „sound money“ Befürworter und Anleger auf der Suche nach Schutz vor staatlichem Zugriff. Die größten Kursrisiken kommen dagegen von außen und liegen in der Stabilität der Fiat-Währungen und der staatlichen Regulatorik. Dessen sollten sich Interessenten bewusst sein.
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