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in Politik & GesellschaftLesedauer: 10 Minuten

Erfolgreiche Strategien in der Übersicht Nachhaltige Aktienfonds trotzen dem Regulierungs-Dschungel

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Die EU-Offenlegungsverordnung, die Fonds in die bereits angesprochenen Kategorien einteilt, ist seit März 2021 in Kraft. Produkte ohne Nachhaltigkeitskonzept gelten dabei als Artikel-6-Fonds. Die Krux an der Sache: Fondsgesellschaften nehmen die Einstufung selbst vor – mit unterschiedlichen Herangehensweisen. „Manche haben einen strengen Ansatz mit vielen verbindlichen Elementen, andere geben sich damit zufrieden, Nachhaltigkeit ins Research einzubeziehen“, sagt Morningstar-Analystin Natalia Wolfstetter. Besonders bei Artikel-8-Fonds sei die Bandbreite groß. „Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Einstufungen kein Nachhaltigkeitslabel sind“, so Wolfstetter weiter.

Dabei legen Daten des Analysehauses nahe, dass sich Anleger durchaus an der Einstufung orientieren. In der ersten Jahreshälfte meldete Morningstar in Europa erstmals Abflüsse bei den weniger strengen Artikel-8-Fonds. Als Artikel-9-Fonds klassifizierte dunkelgrüne Produkte legten dagegen weiter zu. „Die Zahlen zeigen, dass Investoren durchaus sensibel sind und nach dem Grad der Nachhaltigkeit unterscheiden“, so Analystin Wolfstetter.

 

Dass die Einstufung gemäß Artikel 9 noch kein Garant für eine ausgeklügelte nachhaltige Strategie sind, bestätigt eine Analyse von Scope. Die Rating-Agentur hat die Top-10-Positionen dunkelgrüner Fonds ausgewertet – viele investieren demnach stark in konventionelle Unternehmen. Bei global ausgerichteten Portfolios etwa führt Microsoft die Rangliste an, gefolgt von der Google-Mutter Alphabet und Apple.

„Die Rangliste liest sich wie eine Ansammlung konventioneller Konzerne, die auf den ersten Blick nicht besonders nachhaltig wirken und die der Anleger seit Jahren von traditionellen Portfolios kennt“, heißt es von Scope. Das sei möglich, weil die Konzerne nicht direkt an klimaschädlicher Produktion beteiligt seien. Oft hätten die Unternehmen durch ihre umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung und ihren Fokus auf Transformation sehr gute ESG-Bewertungen. Dass diese Konzentration auf konventionelle Firmen Investoren dennoch irritieren könnte, räumt auch Scope ein: Anleger dürften nicht davon ausgehen, dass ein Artikel-9-Fonds ausschließlich in typisch nachhaltige Bereiche wie erneuerbare Energien oder Gesundheit investiere.

Sind Atom und Gas nachhaltig?

Für Ärger sorgte jüngst auch die EU-Taxonomie. Nach dem Regelwerk der EU-Kommission, das verbindliche Standards für nachhaltiges Wirtschaften festlegt, sollen Kernenergie und Gaskraft unter bestimmten Bedingungen als nachhaltige Übergangstechnologien eingestuft werden.

Deutliche Kritik kommt etwa von Alfred Platow. „Dieser EU-Brüssel-Taxonomie-Salat ist Wahnsinn! Das ist politisch gesteuertes Greenwashing“, schimpft der Gründer und Vorstandsvorsitzende des Nachhaltigkeitspioniers Ökoworld: Damit verliere die Taxonomie, die Anleger eigentlich ermutigen soll, Geld in klimafreundliche Technologien zu investieren, gänzlich ihre Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft. „Ökoworld schließt seit über 30 Jahren Atomkraft aus allen Investitionen aus“, so Platow, dessen nachhaltiger Klima-Fonds in der Bestenliste weit vorn liegt.

 

„Wir erkennen an, dass sowohl Kernenergie als auch Erdgas eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen“, sagt dagegen Guinness-Fondsmanagers Will Riley, der mit Jonathan Waghorn einen der erfolgreichsten Neue-Energie-Fonds managt. Kernenergie liefere eine kohlenstoffarme Grundlastversorgung, während Erdgas ein nützlicher Brückenkohlenwasserstoff sei, der eine geringere Kohlenstoffintensität als Kohle oder Öl aufweise. Atomkraft hat der nach Artikel 9 eingestufte Fonds Guinness Sustainable Energy im Portfolio, Erdgas dagegen nicht.

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