Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch
Warum die Produktivität stagniert
Aktualisiert am 06.03.2020 - 16:31 Uhr
Hamburger Hafen: Deutschlands Exportwirtschaft gerät unter Druck. Foto: imago images / Jochen Tack
Europas Wirtschaft wächst seit Jahren nur langsam. Deloitte-Chefökonom Alexander Börsch nennt Gründe und beschreibt Wege aus der Krise.
Warum die Produktivität weitgehend stagniert ist ungewiss. Manche Volkswirte sind der Meinung, dass sich die Wirkung von heutigen digitalen Innovationen nicht mit den produktivitätssteigernden Effekten früherer Innovationen wie dem Verbrennungsmotor, fließendem Wasser oder Flugreisen messen kann.
Andere leiten aus früheren technologischen Durchbrüchen ab, dass Innovationen sehr lange brauchen, bis sie sich in Produktivität umsetzen. Der Grund: organisatorische Strukturen und Prozesse müssen geändert und neues Humankapital aufgebaut werden. Im Falle der Einführung der Elektrizität in Fabriken dauerte der Prozess eine ganze Managergeneration lang.
Die dritte Theorie besagt,...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Warum die Produktivität weitgehend stagniert ist ungewiss. Manche Volkswirte sind der Meinung, dass sich die Wirkung von heutigen digitalen Innovationen nicht mit den produktivitätssteigernden Effekten früherer Innovationen wie dem Verbrennungsmotor, fließendem Wasser oder Flugreisen messen kann.
Andere leiten aus früheren technologischen Durchbrüchen ab, dass Innovationen sehr lange brauchen, bis sie sich in Produktivität umsetzen. Der Grund: organisatorische Strukturen und Prozesse müssen geändert und neues Humankapital aufgebaut werden. Im Falle der Einführung der Elektrizität in Fabriken dauerte der Prozess eine ganze Managergeneration lang.
Die dritte Theorie besagt, dass wir die digitale Wirtschaft falsch messen, weil die amtliche Statistik sehr gut Güter erfassen kann, bei Dienstleistungen Probleme hat, die sich bei kostenlosen digitalen Dienstleistungen potenzieren. Somit könnte der Output des digitalen Dienstleistungssektors zu niedrig bewertet sein. Immerhin: Sollte das stimmen sind wir reicher als wir denken.
Spaltung der Unternehmenslandschaft
Unter der makroökonomischen Oberfläche zeigt sich aber, dass das Produktivitätsrätsel zu einem großen Teil an der simplen Tatsache liegen könnte, dass Durchschnitte sehr viel verdecken.
Jüngste Analysen der OECD zum Zusammenhang zwischen Produktivität und Digitalisierung haben gezeigt, dass sich ein näherer Blick auf Unterschiede bei Produktivität von Unternehmen lohnt. Seit einigen Jahren wächst der Abstand zwischen den Top-5 Prozent der Unternehmen, den sogenannten Superstar-Firmen, und dem Rest enorm an.
Die Superstar-Firmen konnten ihre Produktivität innerhalb von sechs Jahren um 20 Prozent steigern. Das Produktivitätswachstum von Firmen mit einer hohen digitalen Intensität lag deutlich niedriger, aber immerhin bei 12 Prozent, während Firmen mit niedriger digitaler Intensität ihre Produktivität kaum nennenswert steigern konnten.
Dies legt zum einen nahe, dass Digitalisierung tatsächlich ein entscheidender Treiber für die Produktivitätsentwicklung sein kann. Zum anderen, dass wir es nicht mit einem generellen Innovationsproblem zu tun haben, sondern eher damit, dass das digital getriebene Produktivitätswachstum zwar existiert, aber sehr ungleich zwischen den Unternehmen verteilt ist.
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