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Eden Project in Cornwall Die Saat für eine nachhaltige Zukunft muss jetzt in den Boden

Eden Project, der ungewöhnlichste Garten in Großbritannien
Eden Project, der ungewöhnlichste Garten in Großbritannien: 5.300 Meter tief wurde gebohrt, um die hohe Temperatur des Granitgesteins von mehr als 180 Grad Celsius zu nutzen. | Foto: Imago Images / agefotostock
Tim Smit

Zwei riesige Stahlkuppeln liegen in einem 50 Meter tiefen Krater so groß wie 30 Fußballfelder in Cornwall im Südwesten Englands. In einem dieser Komplexe, den sogenannten „Biomen“, wird das Klima eines tropischen Regenwaldes nachgeahmt, im anderen herrscht mediterranes Klima.

Beide beherbergen Tausende von Pflanzenarten und auch Tiere, von denen einige vom Aussterben bedroht sind. Besucher finden dort Bougainvilleen, wilde Bananen und Arabica-Kaffee vor, alles Pflanzenarten, die in dieser feuchten Gegend Englands sonst nicht wachsen würden: Willkommen beim Eden Project, einem ökologischen Gartenkomplex, den die New York Times als das „achte Weltwunder“ bezeichnet hat. Jährlich kommen mehr als 1 Million Besucher hierher.

Es ist schwer vorstellbar, dass Eden – eine Attraktion, die gerne von Popstars, Royals und Promis besucht wird und auch Veranstaltungsort für Konzerte und G-7-Gipfel ist – früher einmal eine Tongrube voll mit mineralischen Abfällen war, mit der niemand etwas anfangen konnte. Die große ökologische Regeneration von Eden hat also ganz klein angefangen. 1998 kritzelte der Mitbegründer Sir Tim Smit – ein niederländisch-britischer Archäologe, der sich auch als Songwriter und später als Geschäftsmann einen Namen machte – die allerersten Entwürfe auf eine Serviette, im Pub mit Kollegen. Das war sozusagen die Geburtsstunde des Projekts. Die weitere Umsetzung gestaltete sich jedoch recht holprig.

 

In den ersten Monaten nach Beginn der Bauarbeiten fiel das Vorhaben durch Starkregen buchstäblich ins Wasser – die Senke in der Landschaft, die ohnehin schon 15 Meter unter dem Grundwasserspiegel liegt, füllte sich mit 43 Millionen Litern Wasser. Daraufhin wurde ein spezielles Entwässerungssystem entwickelt. Doch dann wurden für den Bau der Gewächshäuser Gerüste mit einer Länge von über 360 Kilometer aufgestellt; das Eden Project schaffte es damit medienwirksam ins Guinness-Buch der Rekorde.

Heute ist das Eden Project ein reichhaltiger Hotspot für biologische Vielfalt und Kultur, der seit seiner Eröffnung über 1,9 Milliarden Britische Pfund in die Wirtschaft Cornwalls gespült hat.

Für Smit ist der richtige Weg, klein anzufangen, um dann eine große Nachhaltigkeitsbewegung in Gang zu setzen – anstatt alles auf einmal ändern zu wollen, indem die Menschen mit düsteren wissenschaftlichen Fakten und Negativschlagzeilen zum Klimawandel regelrecht erschlagen werden. „Man kann Verhaltensweisen nicht ändern, indem man den Leuten sagt, dass sie alles ändern müssen. Man muss verstehen, wie man einen Kampf richtig führt. Wenn man gewinnen will, darf einem nicht die intellektuelle Eitelkeit im Weg stehen“, betont Smit. „Die Bewegung, die uns zeigen soll, wie wir innerhalb der Grenzen leben, die dem Menschen gesetzt sind, setzt voraus, dass wir aufhören, vage zu bleiben – wir müssen mit kleinen Schritten anfangen. Nur so funktioniert es.“

Optimismus und Klimawandel passen in der Regel nicht zusammen

2022 wurden die Schlagzeilen immer wieder von klimabedingten Katastrophen geprägt, wie Hitzewellen, Dürren und Waldbränden in Europa und den USA und Überschwemmungen, durch die ein Drittel Pakistans unter Wasser stand. Forscher sind zu der Einschätzung gekommen, dass bis zu 98 Prozent der Nachrichten und Meldungen zu Umweltthemen negativ sind.

Aber diese pessimistischen Schlagzeilen, auch wenn sie noch so wissenschaftlich fundiert sind, haben den Menschen bislang nicht dazu inspiriert zu handeln. Derzeit steuert die Welt auf eine Erwärmung um 2,7 Grad Celsius bis 2100 zu und schießt damit über das Pariser Ziel von 1,5 Grad Celsius hinaus.

Und das sechs Jahre, nachdem sich Regierungen auf der ganzen Welt in einem Abkommen zur Senkung der CO2-Emissionen verpflichtet haben, das Tausende von Unternehmen ermutigt hat, Netto-Null-Zusagen zu machen.

Geothermie: Die einzige nicht vom Wetter beeinflusste erneuerbare Energiequelle

Auch zwanzig Jahre nach der Eröffnung von Eden scheint Smits Bewegung kein bisschen an Dynamik verloren zu haben und signalisiert immer noch Optimismus. Im vergangenen Jahr hat Eden ein bahnbrechendes, 17 Millionen Britische Pfund teures Geothermie-Energieprojekt ins Leben gerufen.

Dabei wurde rund 5.300 Meter in die Tiefe gebohrt, um die hohe Temperatur des Granitgesteins von mehr als 180 Grad Celsius zu nutzen. Damit soll in der ersten Phase genug Strom für die Biome, Büros und Gewächshäuser des Komplexes erzeugt werden. In der zweiten Phase, die laut Smit Anfang 2023 beginnen wird, werden 3,4 Megawatt Strom erzeugt, mit dem dann zu einem großen Teil die Nachbarschaft versorgt werden kann.

Bis 2025 wird Eden seinen CO2-Fussabdruck neutralisieren und zum Netto-Null-Emissionsziel des Vereinigten Königreichs beitragen können. Smit verweist darauf, dass Geothermie die einzige erneuerbare Energieressource ist, die nicht vom Wetter beeinflusst wird. Geothermie-Kraftwerke sind in der Regel über 90 Prozent der Zeit in Betrieb, im Gegensatz zu Solar- und Windkraftanlagen, deren Ertragsleistung nicht konstant ist.

Smit geht davon aus, dass das Vereinigte Königreich – und andere Länder – seine für Mitte des Jahrhunderts vorgesehenen Netto-Null-Emissionsziele bereits 2030 erreichen kann, wenn es das Potenzial aller Technologien für erneuerbare Energien, wie Solarenergie, Windkraft, Geothermie, ergänzt durch einen kleinen Teil Kernkraft, maximiert. „Hier liegt immenses Kosteneinsparungspotenzial. Mit Wind, Sonne und Geothermie haben wir riesige Energieüberschüsse, die dann richtig günstig sein werden. Das ist keine Science-Fiction mehr“, sagt Smit.

Die jüngsten wissenschaftlichen Simulationen geben Smit Recht. Demnach kann ein typisches Industrieland, das alle verfügbaren Technologien nutzt – wie Wärmepumpen, Elektrofahrzeuge, Wasserstoff als Energievektor, fortschrittliche Energieübertragungssysteme und Energiespeicher der nächsten Generation – seine Emissionen zwischen 2015 und 2035 um 63 Prozent reduzieren. Im gleichen Zeitraum würde die Erzeugung von CO2-armem Strom um 42 Prozent steigen
(Quelle: Püttgen, H. B., Bamberger, Y. Electricity, humanity’s low-carbon future, World Scientific, 2021).

Auch eine Verschiebung der aktuellen Konsummuster hin zu zirkulären Verhaltensweisen kann in kleinem Rahmen ihren Anfang nehmen. „Wenn sich eine Gruppe junger Leute entschließt, keine neue Kleidung mehr zu kaufen und eine neue Kultur des Ausbesserns von Kleidung zu schaffen, die wirklich cool aussieht, und sich das herumspricht, dann wird diese Bewegung schnell wachsen und es wird hip sein, nicht mehr alles wegzuwerfen“, sagt Smit. „In einer Kreislaufwirtschaft ist die Verwendung des Produkts, das man gerade in den Händen hält, bereits vorprogrammiert. Nehmen wir als Beispiel einen Kühlschrank: Alle Teile sind so hergestellt, dass sie recycelt und zu etwas anderem verarbeitet werden können.“

Als es darum ging, Finanzierungsmittel für das Eden Project zu beschaffen, musste sich Smit häufig anhören, dass das Project niemals Erfolg haben werde. Smit: „Darauf erwiderte ich: Wollen Sie wirklich einer von denen sein, die damals die Beatles schlecht machten, weil aus einer Gitarrenband ja ohnehin nichts werden könne? Das werden Ihre Enkel Ihnen nie verzeihen. Wir haben die Pflicht, in großen Maßstäben zu träumen.“

Tim Smit

Sir Tim Smit ist Executive Chair und Mitbegründer des Eden Project in Cornwall, das seit seiner Eröffnung im Jahr 2001 von mehr als 22 Millionen Menschen besucht wurde. Davor, im Jahr 2019, rettete Sir Smit zusammen mit John Nelson die „The Lost Gardens of Heligan“ im Rahmen eines der größten Gartenrestaurierungsprojekte Europas vor dem Verfall. Er ist weiterhin Direktor der Gartenanlage, die von der BBC als „Garden of the Year“ ausgezeichnet wurde. Sein Buch „The Lost Gardens of Heligan“ wurde 1997 als „Book of the Year“ gewürdigt.

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