Lutz Röhmeyer
Die Probleme in Argentinien sind hausgemacht
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:35 Uhr
Lutz Röhmeyer ist geschäftsführender Gesellschafter der Capitulum Asset Management. Foto: Capitulum Asset Management
Argentinien steht einmal mehr vor schweren Zeiten. Anleger befürchten eine Rückkehr in die dunkle Vergangenheit, eine Zeit mit mehr als einem Jahrzehnt im Staatsbankrott. Lutz Röhmeyer erläutert, worauf Investoren jetzt besonders achten sollten.
Der von den Rating-Agenturen festgestellte „selektive Zahlungsausfall“ auf die Laufzeitverlängerung der lokalen kurzfristigen Staatsanleihen nach argentinischem Recht um maximal sechs Monate entspricht nur der üblichen Praxis des Rollierens. Nachdem diese Geldmarktpapiere von lokalen Haltern, wie Banken, Pensionskassen und Versicherungen, nicht wie üblich freiwillig prolongiert wurden, sah sich die Regierung zur Schuldenstreckung per Gesetz gezwungen. Damit wurde insbesondere der Abfluss von Devisenreserven verhindert und das Problem auf die neue Regierung vertagt.
In fast keinem Land der Welt, nicht einmal in Deutschland, werden Schulden tatsächlich getilgt, sondern durch neue...
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Der von den Rating-Agenturen festgestellte „selektive Zahlungsausfall“ auf die Laufzeitverlängerung der lokalen kurzfristigen Staatsanleihen nach argentinischem Recht um maximal sechs Monate entspricht nur der üblichen Praxis des Rollierens. Nachdem diese Geldmarktpapiere von lokalen Haltern, wie Banken, Pensionskassen und Versicherungen, nicht wie üblich freiwillig prolongiert wurden, sah sich die Regierung zur Schuldenstreckung per Gesetz gezwungen. Damit wurde insbesondere der Abfluss von Devisenreserven verhindert und das Problem auf die neue Regierung vertagt.
In fast keinem Land der Welt, nicht einmal in Deutschland, werden Schulden tatsächlich getilgt, sondern durch neue Schuldtitel ersetzt. Das Handeln Argentiniens sollte daher nicht zu kritisch gesehen werden, da Nominale wie auch Zinssätze unangetastet blieben. Am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve ermäßigten sich durch die spätere Tilgung die Ablaufrenditen von astronomischen 160 Prozent auf 120 Prozent. Somit ergeben sich für den Anleger über den Wahltag hinaus Zinseinnahmen von 10 Prozent im Monat. Die Anleger werden damit für die Volatilität im argentinischen Anleihemarkt in lokaler Währung recht auskömmlich kompensiert.
Die Grafik zeigt die Ablaufrendite des J.P. Morgan Lokalwährungsanleiheindex seit der Amtseinführung Macris.
Für die externe Verschuldung des Landes wurde eine zunächst noch freiwillige Umtauschaktion zur Verlängerung der in Hartwährung begebenen Anleihen angekündigt. Die Anleihekurse fielen im August rapider als beim letzten Staatsbankrott auf ein Kursniveau von nunmehr unter 40 Prozent und preisen damit bereits den nächsten Zahlungsausfall ein. Gemessen an den Preisen für Kreditausfallversicherungen (CDS) wird innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 bis 90 Prozent ein sogenanntes Kreditereignis erwartet.
Die Frage an die neue Regierung ist damit nur noch, wann und wieviel Kapital in Zwangsmaßnahmen nachgelassen werden muss, wenn die freiwillige Schuldenstreckung nicht rasch zu einer Besserung führt. Nicht ausblenden sollte man dabei, dass private Schuldner gegenüber dem IWF immer nachrangig behandelt werden sollten.
Die Grafik zeigt die USD-Ablaufrendite des J.P.-Morgan-Hartwährungsanleiheindex seit der Amtseinführung Macris.
Fazit
Für den Anleger bieten sich bei Anleihen in Peso kurzfristige Chancen, da die heimische Währung beliebig vermehrbar ist und kaum von Ausfallsorgen betroffen sein wird. Anleihen in Hartwährungen notieren bereits unter dem bei Umschuldungsverhandlungen üblichen Wert von mindestens 40 Prozent. Allerdings ist zu erwarten, dass bei offizieller Verkündung des Zahlungsausfalls nochmaliger Verkaufsdruck vor allem durch regulierte und den Ratings folgenden Investoren einsetzen wird. Auch wenn die Tilgungsverpflichtungen in den vor uns liegenden zwei Jahren relativ gering sind und Kurzläufer vielleicht noch bedient werden, sollten die Restrukturierungsverhandlungen erfahrenen Managern überlassen werden.
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