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in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 4 Minuten

Nachhaltigkeit Wie Covid-19 unsere Lebensmittelproduktion verändert

Russland, die Ukraine und Rumänien haben ihre Weizenexporte zunächst gestoppt. Getreide könnte deshalb, laut BMO Global Asset Management, knapper werden.
Russland, die Ukraine und Rumänien haben ihre Weizenexporte zunächst gestoppt. Getreide könnte deshalb, laut BMO Global Asset Management, knapper werden. | Foto: imago images / Design Pics

Wie viele andere Lieferketten sind auch die der Nahrungsmittelsysteme komplex und global. Sie erleben derzeit eine Reihe von Störfaktoren, die sich teilweise stark bedingen.

Schwierigkeiten im Erntebetrieb – Helfer bleiben aus

In vielen Regionen auf der Nordhalbkugel ist Erntezeit. Theoretisch wird dadurch für die Saison die örtliche Nahrungsmittelversorgung gesichert. Die Landwirtschaft ist dringend auf günstige und doch erfahrene, flexible Arbeitskräfte angewiesen. Da die Grenzen geschlossen sind, werden genau diese Arbeiter – die oftmals aus Zentral- und Osteuropa oder aus Südamerika stammen – in den wohlhabenderen Nachbarländern knapp. Obwohl rasch Ausnahmeregelungen wie Sondervisaprogramme getroffen wurden, befürchten viele Landwirte, dass große Teile ihrer Ernte verderben könnten.

Häufige Produktionsstörungen durch Infektionen und fehlende Zutaten

Da in Produktionsstätten die Abstandsregeln teilweise nur schwer umgesetzt werden konnten, und es weltweit in Belegschaften Infektionsausbrüche gab, kam die Produktion von Lebensmitteln an verschiedenen Standorten zeitweise vollständig zum Erliegen. Ein Beispiel dafür sind unter anderem Fleischverarbeitungs- und Verpackungsbetriebe, wie die der US-Produzenten Smithfield und Tyson. Bei anderen könnte die Produktion immer wieder ins Stocken geraten, weil Zutaten fehlen – so ist etwa ein britischer Nahrungsmittelproduzent, mit dem wir über seine COVID-19-Maßnahmen gesprochen haben, auf Gewürze aus Indien angewiesen, doch das Land hat inzwischen den gesamten Flugverkehr eingestellt.

Stopp im Güter- und Handelsverkehr

Manche Häfen arbeiten nicht wie gewohnt, sodass sich Lieferungen verzögern oder ausfallen. Güterzüge oder Laster können zum Teil Grenzen nicht überqueren. Manche Länder haben alle Flüge abgesagt, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Exporteinschränkungen – Zitronen und Getreide werden knapper

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Selbst wenn der Transport gestattet ist, können Exporteinschränkungen eine Lieferung unmöglich machen. So hat beispielsweise die Türkei, die weltweit ein Drittel aller Zitronen liefert, den Export des Produkts begrenzt. Russland, die Ukraine und Rumänien gehören zu den Ländern, die Getreideexporte gestoppt haben. Noch sind solche Einschränkungen die Ausnahme. Sie haben aber dennoch spürbare Auswirkungen. Die verringerten Getreideexporte beeinträchtigen Viehzüchter, von denen manche bereits Probleme haben, genügend Futter für ihre Herden zu beziehen.

Veränderung im Lebensmittelkonsum – Restaurants werden vom heimischen Herd abgelöst

Der Lebensmittelkonsum hat sich in der Bevölkerung drastisch verändert, weil die Menschen statt in der Kantine oder im Restaurant zu Hause essen. Das bedeutet, dass Lebensmittel plötzlich nicht mehr von gewerblichen Abnehmern nachgefragt werden, sondern von Einzelhandelskunden. Doch die Lieferketten für den Einzelhandel und den gewerblichen Bedarf unterscheiden sich in Mengen, Größen, Lieferformaten und Verpackungen erheblich – und die Bestellmechanismen ebenfalls. Das bedeutet, dass die höhere Nachfrage im Einzelhandel nicht gegen das überschüssige Angebot im gewerblichen Segment aufgerechnet werden kann, was zu entgangenen Einnahmen und Lebensmittelverschwendung führt.

Fazit

Scheitert die Bewältigung all dieser Herausforderungen, so werden das die ärmsten Länder der Welt am stärksten zu spüren bekommen. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen machte deutlich (2020 – Report on Global Food Crises), dass die Anzahl der Hungernden infolge der COVID-19-Krise von 135 Millionen auf mehr als 250 Millionen ansteigen könnte. Am stärksten davon betroffen wären die am geringsten entwickelten Nationen* – was die Folgen dieser Pandemie für die Menschen über die unmittelbar vom Virus Betroffenen hinaus ausweitet und eine ernsthafte Bedrohung für das Erreichen des Sustainable Development Goal 2 der Vereinten Nationen darstellt: „Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.“ In manchen Agrarregionen komplizieren Dürre und Heuschreckenplagen die Lage zusätzlich.

Im Dialog mit der Lebensmittelindustrie

Eine der Prioritäten von BMO Global Asset Management (BMO GAM) für ihr Engagement in diesem Jahr sind „Nachhaltige Nahrungsmittelsysteme“. Im Mittelpunkt des Dialogs stehen Einzelhändler, Händler und Nahrungsmittelproduzenten. Die Pandemie hat diesem Schwerpunkt zusätzliche Relevanz gegeben. Sie sprengt zwar den Rahmen aller üblichen Eventualitätsplanungen, verleiht aber den Argumenten für Stresstests in Lieferketten und effektive Geschäftskontinuitätspläne, aber auch für solide Beziehungen zu Zulieferern mehr Nachdruck. BMO GAM begrüßt auch, wie manche Unternehmen derzeit auf die finanziellen Belastungen ihrer Zulieferer eingehen, etwa, indem sie Rechnungen noch vor oder zumindest bei Fälligkeit prompt bezahlen.

* Die am stärksten betroffenen Länder sind vermutlich Jemen, die Demokratische Republik Kongo, Afghanistan, Venezuela, Äthiopien, Südsudan, Sudan, Syrien, Nigeria und Haiti.

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