IW-Forscherin Andrea Kurtenacker
Vorbild USA
IW-Forscherin Andrea Kurtenacker: Sie leitet das Kompetenzfeld berufliche Teilhabe und Inklusion beim IW Köln. Foto: IW Köln
Jüngst hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung ein amerikanisches Modell für die Analyse von Unternehmen in den Bereichen Barrierefreiheit und Inklusion von Menschen mit Behinderungen aufgegriffen. Die IW-Forscherinnen Andrea Kurtenacker und Christiane Flüter-Hoffmann erklären, was sich dahinter verbirgt.
Seitdem vor 30 Jahren das amerikanische Gesetz zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet wurde, haben die Themen Diversity, Inklusion und Barrierefreiheit in den USA einen großen Aufschwung erfahren. Jetzt hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ein amerikanisches Instrument zur Analyse der Barrierefreiheit als vorbildlich auch für Unternehmen in Deutschland vorgestellt.
Im Sommer 2020 gedachten viele amerikanische Behindertenverbände sowie Betroffene selbst des Gesetzes, das der damalige US-Präsident George W. Bush genau vor 30 Jahren, am 26. Juli 1990, unterzeichnet hat: das Gesetz zur Gleichbehandlung von Amerikanern mit Behinderungen (Americans...
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Seitdem vor 30 Jahren das amerikanische Gesetz zur Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet wurde, haben die Themen Diversity, Inklusion und Barrierefreiheit in den USA einen großen Aufschwung erfahren. Jetzt hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) ein amerikanisches Instrument zur Analyse der Barrierefreiheit als vorbildlich auch für Unternehmen in Deutschland vorgestellt.
Im Sommer 2020 gedachten viele amerikanische Behindertenverbände sowie Betroffene selbst des Gesetzes, das der damalige US-Präsident George W. Bush genau vor 30 Jahren, am 26. Juli 1990, unterzeichnet hat: das Gesetz zur Gleichbehandlung von Amerikanern mit Behinderungen (Americans with Disabilities Act – ADA). Das Gesetz regelt für Menschen mit Behinderungen unter anderem Fragen der behinderungsgerechten Arbeitsplatzgestaltung bei Arbeitgebern mit mindestens 15 Beschäftigten, des öffentlichen Nahverkehrs oder der Telekommunikation.
Anfangs war das Gesetz stark umstritten, weil es in den ersten Jahren das Gegenteil von dem bewirkte, was eigentlich beabsichtigt war: Die Erwerbstätigenquote der Menschen mit Behinderungen sank. Als Grund dafür ermittelten verschiedene Forscher vor allem die steigenden Kosten der Arbeitgeber für die behinderungsgerechte Ausstattung der Arbeitsplätze (DeLeire 2003, 259, 264).
Aber auch die unterschiedliche Ausgestaltung des Gesetzes in den Bundesstaaten hatte einen Effekt und die Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen sich zunächst gänzlich vom Arbeitsmarkt abwandten und nicht mehr als arbeitssuchend geführt wurden. Das hatte eine Verringerung der Erwerbsquote zur Folge und es zeigte sich daher vermeintlich ein negativer Beschäftigungseffekt durch die geringeren Erwerbstätigenzahlen.
Auch heute noch gibt es einen großen Unterschied zwischen der Erwerbstätigenquote von Menschen mit und ohne Behinderungen: In den USA waren 2019 durchschnittlich 30,9 Prozent der 16- bis 64-jährigen Menschen mit Behinderungen erwerbstätig, aber 74,6 Prozent der Menschen ohne Behinderungen.
Im Unterschied zur Erfassung der Erwerbstätigkeit von Menschen mit Behinderungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt, bei der im Mikrozensus der vom Versorgungsamt zuerkannte Grad der Behinderung als Indikator gilt (Flüter-Hoffmann/ Kurtenacker, 2020), ist die Bezeichnung „Menschen mit Behinderungen“ in der amerikanischen Beschäftigungsstatistik eine Selbstzuschreibung: Knapp 30 Millionen Menschen ab 16 Jahren bezeichnen sich in der amerikanischen Arbeitsmarktstatistik, die über das CPS (Current Population Survey) erstellt wird, als behindert (siehe Tabelle).
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