Chefvolkswirt von M.M.Warburg
Handelskriege erinnern an Gefangenendilemma
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:43 Uhr
Carsten Klude ist Chefvolkswirt bei M.M.Warburg. Foto: M.M.Warburg
Das Scheitern der Verhandlungen zwischen China und den USA im Handelskonflikt erinnert an das Gefangenendilemma. Donald Trump gibt sich nach wie vor der Illusion hin, dass seine Gesprächstaktik erfolgreich sein könnte. Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M.Warburg, hält das für gefährlich.
Seit mehr als einem Jahr tobt nun schon der Handelsstreit zwischen den USA und China. Immer getreu dem Motto „mit Zuckerbrot und Peitsche“ versucht Donald Trump seinen chinesischen Amtskollegen (und nach Aussagen Trumps auch „Freund“) Xi Jinping zu Zugeständnissen und einem Einlenken zu bewegen. Die Strategie des US-Präsidenten ist dabei so einfach wie erfolglos: Man erhöhe mittels Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen solange den wirtschaftlichen Druck, bis es das Gegenüber nicht mehr aushält und den diktierten Deal unterschreibt. Doch hat Trump dabei seine Rechnung ohne den Wirt (Xi) gemacht hat.
Der Streit zwischen den USA und China geht weiter und wird nicht so schnell gelöst,...
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Seit mehr als einem Jahr tobt nun schon der Handelsstreit zwischen den USA und China. Immer getreu dem Motto „mit Zuckerbrot und Peitsche“ versucht Donald Trump seinen chinesischen Amtskollegen (und nach Aussagen Trumps auch „Freund“) Xi Jinping zu Zugeständnissen und einem Einlenken zu bewegen. Die Strategie des US-Präsidenten ist dabei so einfach wie erfolglos: Man erhöhe mittels Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen solange den wirtschaftlichen Druck, bis es das Gegenüber nicht mehr aushält und den diktierten Deal unterschreibt. Doch hat Trump dabei seine Rechnung ohne den Wirt (Xi) gemacht hat.
Der Streit zwischen den USA und China geht weiter und wird nicht so schnell gelöst, wie es sich die meisten wünschen würden. Da in den USA nicht nur die Republikaner, sondern auch die Demokraten ein Problem mit China haben, wird dieses Thema unabhängig vom Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr die Märkte weiter beschäftigen. Der Ton gegenüber China könnte zwar bei einem demokratischen US-Präsidenten im Vergleich zu Trump etwas versöhnlicher klingen, inhaltlich sind aber keine großen Zugeständnisse der Amerikaner zu erwarten.
Das Scheitern der Verhandlungen zwischen China und den USA erinnert an die Spieltheorie und das Gefangenendilemma, wenn sich beide Verhandlungspartner als Starrköpfe erweisen. So gibt sich der US-Präsident nach wie vor der Illusion hin, dass seine Verhandlungstaktik erfolgreich sein könnte. Dabei übersieht er allerdings, dass die von ihm lauthals geäußerte Kritik in China als großer Affront gewertet wird und die von den USA geforderten weitreichenden Zugeständnisse von den Politikern und den Bürgern Chinas als Gesichtsverlust empfunden würden.
Anfang August kündigten die USA überraschend neue Zölle in Höhe von 10 Prozent an, nachdem das Treffen einer chinesischen und einer US-amerikanischen Handelsdelegation in Shanghai ergebnislos war. Der US-Präsident begründete seine Entscheidung vor allem damit, dass China seine Zusagen nicht eingehalten habe, zusätzliche Agrargüter aus den USA einzuführen. Betroffen von den neuen Zöllen sollten ursprünglich die restlichen chinesischen Wareneinfuhren in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar sein, die bislang noch keinem Zoll unterlagen. Würden diese Zölle wie angekündigt am 1. September in Kraft treten, wären damit erstmals auch US-Konsumgüter direkt vom Handelskrieg betroffen. Dazu zählen beispielsweise Schuhe, Möbel, Bekleidung und Spielzeug, aber auch Elektronik wie Fernseher, Computer, Smartphones oder iPads.
Damit würden nicht mehr nur Unternehmen, sondern auch Konsumenten die Wirkungen des Handelskrieges zu spüren bekommen. Aber genauso überraschend wie die Zölle angekündigt wurden, ist Trump jüngst wieder zurückgerudert. Nachdem der US-Präsident bemerkt hat, dass seine Handelsbeschränkungen auch dieses Jahr negative Auswirkungen auf das wichtige Weihnachtsgeschäft haben könnten, wurde die Einführung von Zöllen auf einige Produkte kurzer Hand auf den 15. Dezember verschoben. Ob es dabei bleiben wird, ist jedoch unklar. Das ganze Hin und Her zeigt nur eines: der US-Präsident bleibt unberechenbar.
Wie schon in der Vergangenheit hat China auch auf die jüngsten Zollankündigungen der Amerikaner Vergeltungsmaßnahmen angekündigt – und diese haben es in sich. Zum einen hat die Regierung in Peking erklärt, dass alle chinesischen Agrarimporte aus den USA sofort gestoppt werden. Zudem wurde nicht ausgeschlossen, Agrarimporte, die noch ins Land kommen, ebenfalls mit Zöllen zu belegen. Zum anderen hat die chinesische Notenbank die eigene Währung gegenüber dem US-Dollar deutlich abwerten lassen. So wurde der von der Notenbank festgesetzte Referenzkurs zum US-Dollar in den letzten Tagen immer unter der Marke von sieben Yuan zum US-Dollar fixiert; dies ist das erste Mal seit mehr als zehn Jahren. Auch wenn die Notenbank diese Entwicklung mit den neuen protektionistischen Handelsmaßnahmen begründete und betonte, die Währung nicht als Instrument im Handelsstreit einsetzen zu wollen, reagierte Washington auf diese Entwicklung umgehend damit, dass man China als „Währungsmanipulator“ brandmarkte.
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