FvS-Stratege Philipp Vorndran
USA vs. China: Wo die wahren Probleme liegen
Aktualisiert am 08.07.2020 - 13:56 Uhr
Empfiehlt eine nüchterne Analyse des Handelskriegs: FvS-Stratege Philipp Vorndran Foto: FvS
Investoren fürchten, dass der Handelsstreit zwischen den USA und China eskaliert und damit die Weltwirtschaft bedroht. Nicht so FvS-Stratege Philipp Vorndran, aus dessen Sicht es lohnt, die Situation möglichst nüchtern zu betrachten.
Wir gehen deshalb davon aus, dass die Scharmützel begrenzt bleiben, aber der Krach, der gemacht wird, durchaus taugt, das Investitionsumfeld und damit die Kapitalmärkte noch eine ganze Weile zu belasten. Die Volatilität (Kursschwankungen) dürfte uns unseres Erachtens erhalten bleiben.
China macht dicht – immer noch
Ganz wichtig ist uns aber noch etwas anderes: Wir Europäer tun gut daran, uns nicht „radikalisieren“ zu lassen. Trump ist kein Sympathieträger, gewiss nicht. Aber wenn es darum geht, diejenigen zu benennen, die den Welthandel bedrohen oder unfair spielen, ist es nicht allein der US-Präsident, auf den wir uns konzentrieren sollten. Schauen wir auch...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Wir gehen deshalb davon aus, dass die Scharmützel begrenzt bleiben, aber der Krach, der gemacht wird, durchaus taugt, das Investitionsumfeld und damit die Kapitalmärkte noch eine ganze Weile zu belasten. Die Volatilität (Kursschwankungen) dürfte uns unseres Erachtens erhalten bleiben.
China macht dicht – immer noch
Ganz wichtig ist uns aber noch etwas anderes: Wir Europäer tun gut daran, uns nicht „radikalisieren“ zu lassen. Trump ist kein Sympathieträger, gewiss nicht. Aber wenn es darum geht, diejenigen zu benennen, die den Welthandel bedrohen oder unfair spielen, ist es nicht allein der US-Präsident, auf den wir uns konzentrieren sollten. Schauen wir auch auf China, die zweitgrößte Volkswirtschaft.
China ist einer der großen Profiteure der Globalisierung. Es liefert heute in großen Mengen Waren in alle Welt – und profitiert dabei von den geringen Handelsschranken seiner Partner, der kostenlosen Ausbildung chinesischer Studenten an beispielsweise Hochschulen in Deutschland oder der Hochtechnologie, die europäische und amerikanische Unternehmen nach Fernost liefern.
Millionen von Chinesen hat die Globalisierung in den vergangenen Jahren zumindest einen gewissen Wohlstand verschafft. Eine Mittelschicht ist entstanden – und das ist sehr gut so. Aber es ist nur die eine Seite der Medaille.
Die andere zeigt ein China, das seinen eigenen Markt noch immer weitgehend verschließt für seine „Partner“. Unternehmen haben es nach wie vor schwer, Fuß zu fassen im Reich der Mitte. Wenn überhaupt, dann dürfen sie sich an Joint Ventures beteiligen, streng reglementiert und gegängelt, was unseres Erachtens allein dem Umstand geschuldet ist, dass China technologisches Know-how absaugen will. Stark vereinfacht und verkürzt ausgedrückt ist Globalisierung aus Sicht der Chinesen nur dann gut, wenn sie zuallererst den eigenen Interessen dient. Das gleiche gilt übrigens für den chinesischen Kapitalmarkt, immer noch eine mehr oder weniger geschlossene Gesellschaft.
Schauen wir uns abschließend kurz einige Zahlen zur Belastung durch Zölle an. Während Amerikaner Produkte aus China durchschnittlich mit Zöllen von 2,9 Prozent belegen, schlägt China umgekehrt bei amerikanischen 6,3 Prozent oben drauf; bei deutschen Produkten sind es sogar fast neun Prozent.
Im Westen, vor allem in Europa, wird diese China-kritische Debatte nur sehr leise geführt – aus Furcht, die Chinesen könnten die Tür gänzlich zustoßen und damit die hochtrabenden Wachstumserwartungen zunichtemachen. China ist als Absatzmarkt schlicht zu wichtig, als dass man sich zu laut beschweren würde. Dann doch lieber nehmen, was zu bekommen ist. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe sieht unseres Erachtens anders aus.
Dabei täte eine Öffnung der chinesischen Märkte nicht nur der Welt, sondern auch den Chinesen selbst sehr gut. Je niedriger die weltweiten Handelsbeschränkungen, desto höher der Wohlstandsgewinn für alle. An diesem Befund hat sich nichts geändert.
Ob es so kommen wird? Ich habe da meine Zweifel. Staatspräsident Xi Jinping steht für eine andere Politik, für einen Marxismus 4.0, wenn man so will. Für Kontrolle. Das was er tut, tut er jedoch wesentlich leiser, als Donald Trump es tut. Und weil das so ist, durfte sich Xi sich in diesem Jahr beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos als Streiter für eine offene Weltwirtschaft positionieren – was er wohl nicht ist. Das sollten wir in dieser Debatte nicht vergessen.
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