Warburg-Investmentchef Christian Jasperneite
Mit Mobilitätsdaten gegen Corona
Christian Jasperneite ist seit Anfang 2009 Investmentchef der Privatbank M.M. Warburg & Co. Foto: M.M. Warburg & Co
Regierungen treffen in der Corona-Krise zahlreiche Entscheidungen scheinbar aus dem Bauch heraus. Dabei stellen Google und Apple für viele Länder Mobilitätsdaten zur Verfügung, auf deren Basis nötige Maßnahmen genau berechnet werden könnten. Wie das funktioniert, erklärt Christian Jasperneite von der Privatbank M.M. Warburg & Co.
Interessant ist zudem die Erkenntnis, dass das Einkaufen von Lebensmitteln kein Pandemietreiber ist; ähnliches gilt für den Arbeitsplatz. Auch das Bewegen in Parks ist unkritisch – alles andere wäre auch überraschend gewesen.
Aber es gibt noch eine spannende Erkenntnis aus unseren Analysen. Jeder gute Statistiker schaut sich die Fehler an, die von seinen Modellen erzeugt werden, da diese Fehler Hinweise darauf geben, ob möglicherweise eine falsche Spezifikation des Modells vorliegt. Versucht man beispielsweise mit unseren Modellen den R-Wert eines Landes anhand der Mobilität zu erklären, werden hier zwangsläufig von Tag zu Tag Fehler gemacht. Diese Fehler sollten aber unauffällig...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Interessant ist zudem die Erkenntnis, dass das Einkaufen von Lebensmitteln kein Pandemietreiber ist; ähnliches gilt für den Arbeitsplatz. Auch das Bewegen in Parks ist unkritisch – alles andere wäre auch überraschend gewesen.
Aber es gibt noch eine spannende Erkenntnis aus unseren Analysen. Jeder gute Statistiker schaut sich die Fehler an, die von seinen Modellen erzeugt werden, da diese Fehler Hinweise darauf geben, ob möglicherweise eine falsche Spezifikation des Modells vorliegt. Versucht man beispielsweise mit unseren Modellen den R-Wert eines Landes anhand der Mobilität zu erklären, werden hier zwangsläufig von Tag zu Tag Fehler gemacht. Diese Fehler sollten aber unauffällig verteilt sein und kein Muster aufweisen. Dass ist aber vor allem bei Großbritannien nicht der Fall.
Gerade hier gelang es in den letzten Monaten immer schlechter, den R-Wert im Trend genau zu schätzen. Aktuell ist der R-Wert etwa um 0,3 Punkte gegenüber dem Wert erhöht, den man aufgrund der Mobilität erwarten könnte. Auch weltweit ist dieser Effekt zu beobachten, wenn auch deutlich abgeschwächt. Es existiert also ein systematischer Erklärungsfaktor, der in der Gleichung bisher fehlt. Eine Erklärung liegt aber nahe: Es könnte (und dürfte) sich um Mutationen handeln, die ansteckender sind als das Original-Virus, anhand dessen Eigenschaften die Gleichungen geschätzt wurden.
Damit liefern unsere Berechnungen sowohl für die Politik als auch für Investoren wichtige Erkenntnisse, die wir hier noch einmal zusammenfassen: So lässt sich eindeutig beweisen, dass Lockdowns funktionieren. Allerdings führen unterschiedliche Arten von Einschränkungen zu unterschiedlichen Effekten auf den R-Wert. Aktivitäten an der freien Luft sind unkritisch, auch der Arbeitsplatz scheint kein großer Ansteckungsherd zu sein.
Mit Vorsicht zu genießen sind aber Freizeit- und Einkaufsaktivitäten (ausgenommen Lebensmittel) sowie Reisen und Tourismus. Auch die Mutationen sind ernst zu nehmen. Für Panik besteht kein Grund, aber der Effekt ist statistisch messbar. Damit kommt es noch mehr als bisher darauf an, dass die Bevölkerung sehr schnell und sehr umfangreich geimpft wird – weltweit. Gelingt dies nicht, werden auch die Aktienmärkte das aktuell noch sehr positive Szenario neu überdenken müssen. Aber zunächst bleiben wir optimistisch.
Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?
Über den Autor