Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Der Rubel sollte mehr rollen
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
Wladimir Putin will den Rubel im internationalen Zahlungssystem deutlich stärken. Doch sind die Pläne des russischen Präsidenten überhaupt erfolgsversprechend? Ein Gastbeitrag von Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater.
Während die ökonomischen Sanktionspakete der Europäischen Union (EU) und der USA gegen Russland eine eindeutige Stoßrichtung haben – die Einschränkung der ökonomischen Bewegungsfreiheit von Personen, Ex- und Importen sowie Kapitalbewegungen – warf die russische Gegensanktion Ende März zunächst viele Rätsel auf. Zu ungewöhnlich erschien die Forderung, dass Rohstofflieferungen aus Russland künftig in Rubel zu bezahlen wären. Die Diskussion um die Vorteile für Russland und die Nachteile für die Abnehmerländer hält weiterhin an.
Die internationalen Rohstoffmärkte handeln hauptsächlich in harter Währung, im Fall der russischen Rohöllieferungen vor dem Ukrainekrieg waren dies Euro (58 Prozent...
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Während die ökonomischen Sanktionspakete der Europäischen Union (EU) und der USA gegen Russland eine eindeutige Stoßrichtung haben – die Einschränkung der ökonomischen Bewegungsfreiheit von Personen, Ex- und Importen sowie Kapitalbewegungen – warf die russische Gegensanktion Ende März zunächst viele Rätsel auf. Zu ungewöhnlich erschien die Forderung, dass Rohstofflieferungen aus Russland künftig in Rubel zu bezahlen wären. Die Diskussion um die Vorteile für Russland und die Nachteile für die Abnehmerländer hält weiterhin an.
Die internationalen Rohstoffmärkte handeln hauptsächlich in harter Währung, im Fall der russischen Rohöllieferungen vor dem Ukrainekrieg waren dies Euro (58 Prozent der Lieferungen), US-Dollar (39 Prozent) und britisches Pfund (3 Prozent). Durch solche Vehikelwährungen geht das Wechselkursrisiko von Rohstoffkontrakten zwar auf den Rohstoff-Verkäufer über.
Da aber viele Währungen von Rohstoff-Ländern notorische Abwertungskandidaten sind (der Rubel hat in den vergangenen 20 Jahren gegenüber dem Euro um etwa 60 Prozent abgewertet), profitiert auch der Verkäufer von einem solchen Arrangement. Darüber hinaus sehen die Handelskontrakte auch noch Möglichkeiten zu Preisanpassungen vor.
In der Vergangenheit haben die russischen Rohstoff-Produzenten (acht der zehn größten russischen Unternehmen, vier davon in Staatshand) Einnahmen in harten Währungen erzielt. Wieviel sie davon in Rubel getauscht haben, blieb ihnen überlassen. Über Steuer-, Lizenz oder Gewinnabführungen war der russische Staat an diesen Einnahmen beteiligt. Auch hier war die Entscheidung, Devisen oder Rubel zu halten, eine pragmatische.
Insbesondere die russische Zentralbank griff jedoch häufig am Devisenmarkt ein und kaufte harte Währungen gegen Rubel an. Auf diese Weise häufte der russische Staat im Lauf der Jahre enorme Devisenreserven in Höhe von mehr als 600 Milliarden US-Dollar an. Systembedingt liegen US-Dollar-Devisenreserven auf Konten der russischen Zentralbank oder anderer russischer Banken beim US-amerikanischen Bankensystem, dem Bankensystem, das über den Zugang zu US-Zentralbankgeld verfügt.
Ebenso verhält es sich mit Euro-Devisenreserven, die wiederum im europäischen Bankensystem verwaltet werden. Genau dies erwies sich aus russischer Sicht als Schwachstelle ihrer Devisenfestung, denn im Zuge der kriegsbedingten Sanktionen sind aktuell alle Transaktionen mit der russischen Zentralbank verboten und damit die Verfügung über den Devisenschatz eingefroren worden. Gleichzeitig war mit Kriegsbeginn der Rubel um etwa 40 Prozent gegenüber dem US-Dollar eingebrochen und damit eine wichtige Ursache der hohen Inflation in Russland geworden, die in diesem Jahr etwa 30 Prozent erreichen dürfte.
In dieser Situation hatten die russischen Währungsbehörden bereits im Vorfeld reagiert, indem sie den Energieproduzenten bereits ab Sanktionsbeginn auferlegt hatten, 80 Prozent ihrer Deviseneinnahmen an die Zentralbank gegen Rubel zu verkaufen. Dies generierte zwar Nachfrage nach Rubel, erhöhte jedoch den (nutzlosen) Devisenbestand der Zentralbank weiter.
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