Volkswirt Johannes Mayr
So funktioniert der digitale Euro

Volkswirt Johannes Mayr
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Startschuss für ein Projekt zur Einführung eines digitalen Euros gegeben. Die Notenbank reagiert damit auf die Digitalisierung im Zahlungsverkehr, den Erfolg der Kryptowährungen und vergleichbare Initiativen anderer Notenbanken. Die genaue Ausgestaltung und damit auch die Implikationen sind offen. Je offensiver die EZB vorgeht, desto größer sind die Cha...
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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Startschuss für ein Projekt zur Einführung eines digitalen Euros gegeben. Die Notenbank reagiert damit auf die Digitalisierung im Zahlungsverkehr, den Erfolg der Kryptowährungen und vergleichbare Initiativen anderer Notenbanken. Die genaue Ausgestaltung und damit auch die Implikationen sind offen. Je offensiver die EZB vorgeht, desto größer sind die Chancen, aber auch die Risiken in diesem neuen Währungswettbewerb. Am Ende könnte der Schritt größer ausfallen als aktuell diskutiert.
Digitales Zentralbankgeld bisher nur für Banken
Die Diskussion über Chancen und Risiken eines digitalen Euro führt direkt zum Kern unseres Geldsystems, welches nur zu einem kleineren Teil mit Zentralbankgeld betrieben wird. Der Großteil des von Unternehmen und Haushalten gehaltenen und verwendeten Geldes wird von Geschäftsbanken im Rahmen der Kreditvergabe aus dem Nichts erzeugt und den jeweiligen Kreditnehmern als Einlage gutgeschrieben, ganz ohne direkte Beteiligung einer Notenbank.
Diese Einlagen wechseln dann meist in Form von digitalen Überweisungen den Besitzer und dominieren das Geldsystem. Sie werden technisch als Buchgeld oder Giralgeld bezeichnet. Rechtlich stellen sie lediglich eine Forderung des Kontoinhabers gegen die Geschäftsbank dar. Und das mit entsprechendem Ausfallrisiko, wie nicht zuletzt die Euro-Krise gezeigt hat, als vor allem Kunden zypriotischer Banken erhebliche Verluste verbuchen mussten.
Die Notenbank kommt nur dadurch ins Spiel, als dass sie zum einen die Menge des von den Geschäftsbanken geschaffenen Buchgeldes durch Anreize und Vorschriften zu steuern versucht. Hierzu nimmt sie mit ihrer Geldpolitik Einfluss auf den Preis (Zins) und damit die Attraktivität des Buchgeldes. Zudem schreibt sie den Banken vor, einen bestimmten Prozentsatz des von ihnen geschaffenen Buchgeldes bei der Notenbank als Liquiditätspuffer (Mindestreserve) vorzuhalten. Auch zusätzliche Einlagen sind möglich. Diese Liquidität wird gegen die Hinterlegung von Wertpapieren als Sicherheit oder durch den Ankauf von Wertpapieren von der Notenbank erschaffen und den Banken direkt auf ihren Girokonten bei der Notenbank gutgeschrieben.
Darüber hinaus stellt die Notenbank den Banken auf gleichem Weg Bargeld zur Verfügung, welches diese dann an Haushalte und Unternehmen auszahlen können. Nur diese beiden Geldformen gelten als staatlich garantiertes Zentralbankgeld und können in die jeweils andere Form getauscht werden. Im Gegensatz zum Buchgeld stellen diese Zentralbankgelder rechtlich eine Forderung gegen die Notenbank dar und gelten deshalb als ausfallsicher. Für Haushalte und Unternehmen ist Buchgeld also heute bereits digitalisiert. Sicheres Zentralbankgeld kann in digitaler Form dagegen bisher nur von Banken gehalten werden. Dies soll der digitale Euro nun ändern.
Digitaler Euro: Girokonto für alle bei der EZB oder Euro-Blockchain
Dabei entsteht der digitale Euro ähnlich den beiden bisherigen Formen von Zentralbankgeld durch die Notenbank. Die diskutierten Konzepte unterscheiden sich vor allem danach, wer den digitalen Euro anfragen, halten und verwenden darf sowie über welchen Weg er erzeugt wird.
In der begrenzten Version stellt die Notenbank den digitalen Euro lediglich Geschäftsbanken zur Verfügung, in der Vollversion auch Haushalten und Unternehmen. Technisch können digitale Euros dabei in Form von normalen Girokonten bei der Notenbank oder über ein dezentrales System (Blockchain) erschaffen, für Transaktionen verwendet und gehalten werden. Im ersten Fall dürften Geschäftsbanken die Betreuung dieser Konten vergleichbar dem klassischen Online-Banking übernehmen. Die Gelder wären aber nicht Teil ihrer Bilanzen, sondern Teil der Bilanz der Notenbank und würden von den Geschäftsbanken lediglich treuhänderisch verwaltet.
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