Bank-Vorstand Alexander Eberan
Der Brexit-Schaden für alle ist bereits eingetreten
Alexander Eberan: Der Marktexperte ist Vorstand beim österreichischen Bankhaus Krentschker, einer Unternehmenstochter der Steiermärkischen Bank und Sparkassen. Foto: Bankhaus Krentschker
Auch wenn momentan alles gebannt auf die Entwicklung rund um den Brexit blickt, so wird die EU wohl gut daran tun, sich möglichst bald mit den schwerwiegenden Folgen des Austritts der Briten aus der Europäischen Union auseinanderzusetzen.
Fakten zur Europawahl
Was im Zuge der aktuellen Zwistigkeiten seit Jahren untergeht: Die EU, das Friedensprojekt Europa, bietet in Summe viele Vorteile für die Mitgliedsstaaten, wie zum Beispiel einen großen Binnenmarkt, ein gewichtiges Auftreten beim Verhandeln von Wirtschaftsabkommen oder Transferleistungen im Rahmen von Agrarsubventionen oder Regionalförderungen aus dem EU-Budget.
Dennoch ist das Vertrauen diverser politischer Parteien in die EU nicht das beste. Sollten diese EU-kritischen Parteien bei den kommenden EU-Wahlen bedeutend an Stimmen – laut Vorhersagen könnten diese rund 25 Prozent der Sitze im EU-Parlament erringen – zugewinnen, wird das nachhaltige Auswirkungen...
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Fakten zur Europawahl
Was im Zuge der aktuellen Zwistigkeiten seit Jahren untergeht: Die EU, das Friedensprojekt Europa, bietet in Summe viele Vorteile für die Mitgliedsstaaten, wie zum Beispiel einen großen Binnenmarkt, ein gewichtiges Auftreten beim Verhandeln von Wirtschaftsabkommen oder Transferleistungen im Rahmen von Agrarsubventionen oder Regionalförderungen aus dem EU-Budget.
Dennoch ist das Vertrauen diverser politischer Parteien in die EU nicht das beste. Sollten diese EU-kritischen Parteien bei den kommenden EU-Wahlen bedeutend an Stimmen – laut Vorhersagen könnten diese rund 25 Prozent der Sitze im EU-Parlament erringen – zugewinnen, wird das nachhaltige Auswirkungen auf die Weiterentwicklung der EU haben. Bis dato wurde die EU-Politik von den großen Staaten beziehungsweise großen Parteien (Fraktionen) gestaltet.
Mit Ausscheiden von Großbritannien werden die bisher 751 Sitze im EU-Parlament auf 705 reduziert. Diese Änderung erhöht das Gewicht von kleineren Fraktionen und bei Wegfall der britischen Parteien kommt es auch zu einer Neugruppierung von Fraktionen. Da die meisten Beschlüsse im EU-Parlament eine „Doppelte Mehrheit“ (55 Prozent der Mitgliedsstaaten und 65 Prozent der EU-Bevölkerung) brauchen, werden die beiden großen Parteien, EVP (Europäische Volkspartei) und S&D (Progressive Allianz der Sozialdemokraten) künftig für Entscheidungen einen Partner benötigen.
Gemäß Meinungsumfragen, Stand Ende März 2019, ergibt sich folgendes Stimmungsbild:
Aufgaben des Parlaments
Der Kandidat für das Amt des Kommissionspräsidenten muss durch eine absolute Mehrheit im EU-Parlament (353 der 705 Stimmen) gewählt werden. Derzeit sind von der EVP Manfred Weber (Deutschland), von der S&D Frans Timmermans (Niederlande) und von der ALDE die EU- Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager (Dänemark) nominiert worden.
Eine weitere Aufgabe des neu gewählten EU-Parlaments wird es sein, das EU-Budget 2020 – 2027 zu beschließen. Die Finanzierungslücke bei Austritt von Großbritannien soll durch 50 Prozent Einsparungen und 50 Prozent mehr Beitragszahlungen geschlossen werden. Geplant sind Kürzungen bei den Agrarsubventionen sowie der Regionalförderung. Für Klimaschutz, Digitalisierung sowie Forschung sind Erhöhungen vorgesehen.
Durch den Wegfall des „Britenrabatts“ könnte es zu einer deutlichen Verschiebung bei den Nettozahlern kommen. Mögliche Nettozahlungen nach dem Brexit könnten wie folgt aussehen: Deutschland: 25 Prozent (zuvor 21 Prozent), Frankreich: 19 Prozent (zuvor 17) und Italien: 14 Prozent (zuvor 13).
Neuer EZB-Präsident
Sollte der neue Kommissionspräsident ein Deutscher werden, so wird wohl der neue EZB-Präsident von den Franzosen gestellt werden. Im Gespräch sind der Präsident der Banque de France François Villeroy de Galhau und das Mitglied des EZB-Direktoriums Benoit Coeuré. Bei der Bestellung des neuen EZB-Präsidenten könnte Frankreich zusammen mit Italien und einem weiteren Euro-Land praktisch jeden anderen Kandidaten blockieren.
Käme es zur Bestellung eines Franzosen zum EZB-Präsidenten, hat auch Italien Aussicht, einen Posten im EZB-Direktorium zu erlangen. Die EZB-Politik würde sich dann kaum ändern, was im Interesse beider Staaten wäre.
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