DZ-Bank-Chefvolkswirt Stefan Bielmeier
Der Euro und die Geopolitik …
Stefan Bielmeier, DZ BANK. Foto: DZ BANK
Die Leitwährungen der Welt reflektieren die Machtverhältnisse der großen Ökonomien, erklärt Stefan Bielmeier. Der Chefvolkswirt der DZ Bank erwartet daher, dass sich die internationalen Kräfteverhältnisse nur unter vier bestimmten Voraussetzungen verschieben könnten.
Dicht auf den Fersen
Richtig ist auch, dass die Umstellung von Rohstofflieferverträgen, wie es die EU-Kommission vorschlägt, die Verhältnisse verschieben kann. Im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr ist der Euro heute schon dem Dollar dicht auf den Fersen. Alle anderen Währungen rangieren unter „ferner liefen“. Und richtig ist schließlich auch, dass Trumps zuletzt gezeigte Rhetorik gegenüber der Zinspolitik „seiner“ Notenbank Fed sowie sein Missbrauch der Währung für politische Zwecke dem Dollar langfristig schaden kann.
Kern einer Weltwährung
Doch damit kommen wir zum Kern, sozusagen der ultimativen „conditio sine qua non“ einer Weltwährung: das Vertrauen. Hier werden die Schwächen...
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Dicht auf den Fersen
Richtig ist auch, dass die Umstellung von Rohstofflieferverträgen, wie es die EU-Kommission vorschlägt, die Verhältnisse verschieben kann. Im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr ist der Euro heute schon dem Dollar dicht auf den Fersen. Alle anderen Währungen rangieren unter „ferner liefen“. Und richtig ist schließlich auch, dass Trumps zuletzt gezeigte Rhetorik gegenüber der Zinspolitik „seiner“ Notenbank Fed sowie sein Missbrauch der Währung für politische Zwecke dem Dollar langfristig schaden kann.
Kern einer Weltwährung
Doch damit kommen wir zum Kern, sozusagen der ultimativen „conditio sine qua non“ einer Weltwährung: das Vertrauen. Hier werden die Schwächen des Euro am deutlichsten sichtbar. Wie während der annähernd zehn Jahre dauernden Griechenland-Krise, kommen nun – ausgelöst durch die Weigerung der italienischen Regierung, sich an die Regeln des Stabilitätspakts zu halten – wieder Zweifel an eben jener Stabilität des Euro auf.
Auch was die Tiefe des Euro-Marktes – und damit seine Liquidität – angeht, sind Fortschritte kaum erkennbar. Initiativen wie die Vollendung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion führen zwar in die richtige Richtung. Doch die Angst der starken EU-Länder, dass damit quasi durch die Hintertür der Weg in die Transferunion geöffnet wird, ist nicht von der Hand zu weisen.
Und solange diese Gefahr nicht wirksam gebannt wird, wird es auch keine Fortschritte in Richtung mehr Integration geben. Damit rücken zum Beispiel gemeinsame europäische Anleihen, die es in der Kapazität mit dem amerikanischen Kapitalmarkt aufnehmen könnten, in weite Ferne.
Euroland-Wirtschaft schwächelt
Noch wichtiger: Wie soll die Währung Europas an Bedeutung gewinnen, wenn ihre Wirtschaft nicht wächst? Nicht nur in Italien, auch in Frankreich und Deutschland fehlen entschlossene Reformen, die die Wettbewerbsfähigkeit wieder stärken. Von der unmittelbaren Schwächung durch den bevorstehenden Austritt der zweitgrößten Volkswirtschaft Europas aus der Europäischen Union gar nicht zu reden.
Politische Macht entscheidet
Bleibt noch ein viertes Element, das eine Weltleitwährung ausmacht: Die dahinter stehende politische Macht, der Wille, sie auch auszuüben und dafür Verantwortung zu tragen. Ohne Wertung – hier zeigt sich der wohl deutlichste Unterschied zwischen Europa und den USA. Hätte Europa überhaupt die politischen Institutionen, die sich einer solchen Verantwortung stellen würden?
Wäre ein Europa, wie es sich derzeit präsentiert, überhaupt willens, die „Nebeneffekte“ zu tragen, wenn seine Währung den Status einer Weltleitwährung hätte? So würde etwa eine hierdurch herbeigeführte, größere Nachfrage nach Euro zu seiner Aufwertung führen. Für exportorientierte Volkswirtschaften wie die deutsche eine echte Herausforderung.
Und das – am Anfang der Debatte stehende – Problem mit den Iran-Sanktionen wäre noch nicht einmal gelöst. Denn die USA drohen seit einiger Zeit, Unternehmen und Individuen in Drittländern, die sich nicht an US-Sanktionen halten, ebenfalls mit Sanktionen zu belegen – sozusagen Sekundär-Sanktionen, die auch unabhängig von der Wahl der Handelswährung wirksam sind.
Währungen reflektieren Macht
Wir sehen also: Leitwährungen reflektieren Machtverhältnisse, nicht umgekehrt. Verschiebungen in den Kräfteverhältnissen und den Größenordnungen sind zwar möglich – aber nur auf lange Sicht, und wenn die geschilderten Voraussetzungen erfüllt sind. Dann werden die Märkte folgen.
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