Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Zäsur der Wirtschaft
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
Die Corona-Pandemie fügt der Weltwirtschaft großen Schaden zu. Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater zieht einen Vergleich zur Spanischen Grippe und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2021.
Das deutsche Experiment mit leichteren Beschränkungen in der zweiten Corona-Welle war nicht erfolgreich. Die Infektionszahlen bleiben zu hoch, erste Kliniken verkünden Aufnahme-Stopps. Das liegt wohl auch daran, dass diese zweite Welle sehr viel breitflächiger war als die erste.
Mittlerweile kennt fast jeder jemanden, den es erwischt hat. Optimieren lässt sich an den jetzt zu ergreifenden Corona-Maßnahmen aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr viel. Auch nach dem verschärften Lockdown werden die Lockerungen nur sehr vorsichtig angegangen werden, um eine dritte Welle bis zum Frühjahr zu vermeiden.
Bis es also wieder wärmer wird, werden weiter deutliche Einschränkungen und wirtschaftliche...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Das deutsche Experiment mit leichteren Beschränkungen in der zweiten Corona-Welle war nicht erfolgreich. Die Infektionszahlen bleiben zu hoch, erste Kliniken verkünden Aufnahme-Stopps. Das liegt wohl auch daran, dass diese zweite Welle sehr viel breitflächiger war als die erste.
Mittlerweile kennt fast jeder jemanden, den es erwischt hat. Optimieren lässt sich an den jetzt zu ergreifenden Corona-Maßnahmen aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr viel. Auch nach dem verschärften Lockdown werden die Lockerungen nur sehr vorsichtig angegangen werden, um eine dritte Welle bis zum Frühjahr zu vermeiden.
Bis es also wieder wärmer wird, werden weiter deutliche Einschränkungen und wirtschaftliche Kosten kommen, da darf man sich einfach nichts vormachen. Experten in Wirtschaft und Finanzen gehen trotzdem weiterhin davon aus, dass die unmittelbaren negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie im Jahr 2021 mit verfügbaren Impfstoffen und verbesserten Therapien langsam zum Erliegen kommen.
Viele fragen sich, ob der Schock dieser Gesundheitskrise unsere Volkswirtschaften dauerhaft verändern wird. Das historische Beispiel der Spanischen Grippe spricht dagegen: Als die Pandemie im Jahr 1919 vorbei war, normalisierte sich das Wirtschaftsleben in Windeseile und die Welt stürzte sich in die „Roaring Twenties“. Passiert diesmal dasselbe wieder?
Wir erwarten in der Tat eine Normalisierung der Aktivitäten und das Aufnehmen der Vor-Corona-Trends in den meisten Wirtschaftsbereichen. Gegen neue goldene Zwanzigerjahre sprechen jedoch gewichtige Faktoren: Zum einen werden in den meisten Industrieländern und auch in China in den kommenden Jahren die demografischen Belastungen stärker spürbar, zum anderen wird die internationale Arbeitsteilung, die einen wichtigen Wohlstandsbeitrag in den vergangenen Jahrzehnten geleistet hat, eher zurückgedreht.
Diese Megatrends sind durch die Corona-Zeiten wenig beeinflusst worden. Zwar werden die nächsten beiden Jahre hohe Wachstumsraten aufweisen. Aber das verstellt den Blick dafür, dass noch aufgeholt werden muss. Gleichzeitig erleben wir, dass die Investitionsdynamik sinkt, dass mit dem Staatseinfluss die Gefahr der Behinderung des Strukturwandels steigt und dass das Erwerbspersonenpotenzial sinkt, was durch die Produktivität nicht mehr ausgeglichen werden kann.
All das drückt nach den Erholungsjahren 2021 und 2022 wieder auf das Wachstum. Trotzdem beginnt ein neuer, weltweit synchroner Konjunkturzyklus. Er wird ähnliche Eigenschaften aufweisen wie der Vorherige: langgestreckt und nur durch exogene Schocks gebremst. Nicht durch die Geldpolitik. Aber er wird moderater ausfallen. Die Corona-Krise hat diese Wachstumsverlangsamung nicht verursacht, sie steht als Zäsur eher am Anfang dieser Entwicklung.
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