15.02.2024

Pay Fahlbusch von Axa IM im Interview Warum aktive ETFs in Nischenmärkten oft besser performen

Pay Fahlbusch von Axa IM in einer Canva-Collage
Pay Fahlbusch von Axa IM in einer Canva-Collage: Die Gebühren für aktive ETFs sind zwar günstiger als für aktive Fonds. Fondsmanager haben dort aber mehr Spielraum bei der Auswahl und dem Austausch der Firmen.
© Barbara Bocks, Collage mit Canva

DAS INVESTMENT Academy: Viele Fondsgesellschaften bieten aktive Fonds und aktive ETFs an. Was genau sind die Unterschiede zwischen den Produkten und ihrem Inhalt?

Pay Fahlbusch: Der wesentliche Unterschied liegt in der Struktur der beiden Produktvarianten, weniger im Inhalt.

  • Aktive ETFs haben eine höhere Transparenz durch die Anforderungen an ETFs im Allgemeinen, ebenso ist deren Liquidität auf täglicher Basis gewährleistet.
  • Aktive Fonds hingegen müssen ihre Bestandteile nicht täglich veröffentlichen, sind also auch nicht täglich durchgängig handelbar.

Aktive Fonds haben mehr Spielraum bei ihren Allokations-Entscheidungen, selbst wenn es eine nahezu gleiche Strategie ist. Dies liegt beispielsweise an den Möglichkeiten zum Einsatz von Derivaten als auch des Haltens eines Kassenbestandes.

Warum sollten sich Anleger für aktive Fonds entscheiden, wenn sie aktive ETFs zu weit günstigeren Kosten kaufen könnten? 

Fahlbusch: Sowohl aktive ETFs als auch aktive Fonds werden von professionellen Fondsmanagern verwaltet. Beide Fonds streben an, eine Outperformance gegenüber einer Benchmark zu generieren und auch ein attraktiveres Chance-/Risikoprofil zu erreichen.

 

Unterschiede bestehen in den Kosten, der Transparenz und den Möglichkeiten der Allokation innerhalb des ETFs/Fonds. Bei den Kosten und der Transparenz „gewinnt“ der aktive ETF, er ist kostengünstiger mit Blick auf das Fondsmanagement und bietet mehr Transparenz. Die Möglichkeiten bei der Allokation sind bei den aktiven Fonds höher.

Wie reagieren aktive ETFs auf Marktschwankungen im Vergleich zu passiven ETFs und traditionellen Fonds?

Fahlbusch: Eine allgemeingültige Aussage lässt sich hier nicht treffen. Entscheidend für die Reaktion auf Marktschwankungen sind die Investmentkriterien, also in welcher Assetklasse oder Region der jeweilige aktive, passive ETF oder aktive Fonds investiert ist.

Aktive ETFs reagieren schneller als passive

Bei einem aktiven ETF kann im Vergleich zum passiven schneller und gezielter reagiert werden. Es können innerhalb einer Strategie gegebenenfalls Umschichtungen vorgenommen werden, um in risikoärmere Aktien und Anleihen zu wechseln. Ein aktiver ETF könnte somit besser als ein passiver reagieren, jedoch aufgrund der fehlenden Möglichkeit zum Einsatz von Derivaten und Kassenbestands schlechter als ein traditioneller Fonds.

 

Inwieweit bieten aktive ETFs die Möglichkeit zur Diversifikation in Nischenmärkten oder speziellen Anlagethemen? 

Fahlbusch: Aktive ETFs bieten die Möglichkeit, ebenso wie aktive Fonds, gerade in Nischenmärkten die Expertise des Fondsmanagements einfließen zu lassen und dort, wo weniger Informationen vorliegen, eher eine bessere Performance als der Markt zu generieren.

Dadurch, dass in diesen Märkten das aktive Management eher von den Benchmarks abweichen würde, wäre ein Diversifikationseffekt denkbar. Durch Streichung einiger Titel aus der Allokation und der unterschiedlichen Gewichtung der verbliebenen Werte zur Benchmark ergibt sich ein anderes Profil des investierten Portfolios.

Gerade bei speziellen Themen, vor allem im nachhaltigen Bereich, könnte der aktive Manager durch seine Möglichkeit, mit den Unternehmen direkt sprechen zu können, auch ein höheres Vertrauen in das Thema selbst erzeugen, als es ein quantitativer Index schafft. So kann er bei der Titelauswahl beispielsweise gezielt auf potenzielles Greenwashing achten.

 

Wie transparent sind aktive ETFs im Vergleich zu passiven ETFs?

Fahlbusch: Aktive ETFs sind mit Blick auf die Allokation innerhalb des Portfolios genauso transparent wie passive ETFs. Jeden Tag werden die Bestände des aktiven ETFs ebenso veröffentlicht wie die eines passiven ETFs. Das ist generell der große Vorteil an ETFs, dass jeder Anleger nachschauen kann, worin der ETF investiert ist.

Welche Rolle spielen Ratings und Bewertungen bei der Auswahl von aktiven ETFs, und wie aussagekräftig sind sie? Wie ist dies bei klassischen passiven ETFs?

Fahlbusch: Aktuell haben Ratings, beispielsweise von Morningstar, für aktive ETFs keine große Bedeutung beziehungsweise sind auch noch nicht verfügbar. Dadurch, dass bei aktiven ETFs ebenfalls ein Portfoliomanager die Entscheidungen über die Allokation trifft, könnte ich mir vorstellen, dass es mit der Zeit auch solche Ratings für das Management geben wird. In den USA beispielsweise sind solche bereits verfügbar.

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Welche Anleger sind die Zielgruppe für aktive ETFs?

Fahlbusch: Aktive ETFs bieten sich für viele Anleger an. Die unkomplizierte Möglichkeit des täglichen Handels an der Börse in Kombination mit erhöhten Transparenz macht sie besonders geeignet für Einsteiger, die sich gerade mit dieser Thematik vertraut machen. Da die Bestände täglich veröffentlicht werden, können selbst Börsenneulinge immer die aktuellen Marktentwicklungen nachverfolgen.

Anleger, die eine Kombination aus aktivem Management bei geringeren Kosten und voller Transparenz wünschen, sind bei aktiven ETFs genau richtig. Das aufwändige Research der Fondsgesellschaft fließt hier in die kostengünstigen ETFs mit ein, man kauft nicht alle Bestandteile eines Index.

Wie könnte sich die Zinsen in diesem Jahr entwickeln und was heißt das für die Attraktivität von aktiven ETFs und passiven ETFs?

Fahlbusch: Gilles Moëc, unser Globaler CIO von der Axa Group, geht davon aus, dass sowohl die Federal Reserve Bank (Fed) als auch die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen erst im Juni senken werden. Eine EZB-Zinssenkung bereits im April schließen wir nicht aus, aber dazu müssten die Wirtschaftsdaten wie eine weiter sinkende Inflation und ein schwächerer Arbeitsmarkt eindeutig passen.

 

Wie sich Zinsänderungen im Jahr 2024 für die Attraktivität von aktiven und passiven ETFs auswirken, kommt auf die jeweilige Strategie des ETFs und des Anlegers an.

  • Für jemanden, der aufgrund von Ungewissheiten am Markt eine höhere Flexibilität in seinem ETF haben möchte, könnte ein aktiver ETF attraktiver sein. Denn hier hat der Manager mehr Freiheiten, das Portfolio anzupassen im Vergleich zu einer starren Benchmark im passiven ETF.
  • Wer allerdings eine feste Entscheidung treffen möchte und gezielt einen Markt allokieren möchte, für den könnte ein passiver ETF attraktiver sein, gemäß „you get what you pay for“.

Inwiefern bieten aktive ETFs Flexibilität in Bezug auf Umschichtungen und Anpassungen an sich verändernde Marktbedingungen?

Fahlbusch: Aktive ETFs funktionieren hier ähnlich, aber nicht exakt gleich zu aktiven Fonds. Die Flexibilität bei sich verändernden Marktbedingungen ist in jedem Fall höher als bei passiven ETFs und bietet somit einen Vorteil. Der Manager kann innerhalb gegebener Grenzen ad-hoc reagieren und so das „Schlimmste“ verhindern.

Ein gutes Beispiel wäre der High-Yield-Markt, bei dem bei frühzeitiger Erkennung von Schwierigkeiten am Markt bestimmte „schlechtere“ Branchen im Portfolio durch „stabilere“ Branchen ersetzt würden.

Generell gilt: Umschichtungen und Anpassungen der Allokation sind immer möglich, solange die Investmentquote bei 100 Prozent bleibt. Absicherungsmechaniken mittels Derivaten bleiben hingegen klassischen Investmentfonds vorbehalten.

Über den Interviewten

Pay Leonidas Fahlbusch ist seit November bei Axa IM als Head of ETF Sales Germany & Austria tätig. Zuvor war er bei UBS Asset Management, wo er mehr als ein Jahr lang im ETF-Vertrieb für Deutschland und Österreich tätig war. Er hat einen Bachelor in BWL von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg sowie einen Master in Management – Finance von der International School of Management.

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