Ökonom Michael Heise
So riskant ist das Bankensystem
Michael Heise ist Chefökonom der Anlagegesellschaft HQ Trust. Foto: HQ Trust
In der Finanzbranche macht sich angesichts der Schieflage einiger Banken wieder Angst vor einer Krise breit. Steht eine längere Durststrecke bevor? Hier ordnet Michael Heise von der Anlagegesellschaft HQ Trust die aktuelle Lage ein.
Der plötzliche Kollaps einer amerikanischen Regionalbank am 10. März und die nachfolgenden Entwicklungen, die in einer Schieflage und Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS gipfelten, haben neue Sorgen über die Stabilität der Finanzmärkte hervorgerufen. Die Frage ist, ob es sich bei den jüngsten Ereignissen um begrenzte Kollateraleffekte der heftigen Zinssteigerungen handelt, oder ob sie sich zu einer Systemkrise auswachsen könnten.
So hoch sind die Verluste FDIC-versicherter Kreditinstitute in Wertpapierbeständen
Die Zins- und Renditesteigerungen der vergangenen Quartale haben erhebliche Folgen für die Bewertung von Vermögenswerten und die Stabilität der Bankbilanzen gehabt. Nach den Daten der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) haben US-Banken in ihren Wertpapierbeständen unrealisierte Verluste von etwa 620 Milliarden US-Dollar.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Der plötzliche Kollaps einer amerikanischen Regionalbank am 10. März und die nachfolgenden Entwicklungen, die in einer Schieflage und Notübernahme der Credit Suisse durch die UBS gipfelten, haben neue Sorgen über die Stabilität der Finanzmärkte hervorgerufen. Die Frage ist, ob es sich bei den jüngsten Ereignissen um begrenzte Kollateraleffekte der heftigen Zinssteigerungen handelt, oder ob sie sich zu einer Systemkrise auswachsen könnten.
So hoch sind die Verluste FDIC-versicherter Kreditinstitute in Wertpapierbeständen
Die Zins- und Renditesteigerungen der vergangenen Quartale haben erhebliche Folgen für die Bewertung von Vermögenswerten und die Stabilität der Bankbilanzen gehabt. Nach den Daten der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) haben US-Banken in ihren Wertpapierbeständen unrealisierte Verluste von etwa 620 Milliarden US-Dollar.
Bei einem Verkauf dieser Wertpapiere, der im Falle rückläufiger Einlagen der Kunden erforderlich sein kann, werden aus den unrealisierten Verlusten erfolgswirksame realisierte Verluste, die die Kapitalbasis der Institute schwächen und einen weiteren Vertrauensverlust erzeugen können.
So sieht die Bilanz des Federal Reserve Systems aus
Um solche Negativszenarien zu vermeiden, hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Kreditlinie ins Leben gerufen, die Liquiditätsengpässe und Notverkäufe von Anlagewerten verhindern soll. Von dieser Kreditlinie wie dem allgemeinen Diskontkredit der Zentralbank an die Geschäftsbanken ist in erheblichem Umfang Gebrauch gemacht worden. Die Bilanz der Zentralbank, die im Rahmen der Wertpapierverkäufe eigentlich vermindert werden soll, stieg zuletzt deutlich.
Solche Kreditprogramme können die Lage beruhigen, aber nicht grundsätzlich verhindern, dass private Haushalte und Unternehmen, die größere unbesicherte Anlagen bei Banken halten, diese Einlagen auf andere Banken oder in kurzlaufende Wertpapiere oder Geldmarktfonds verlagern, wenn Zweifel an ihrer Absicherung bestehen. Bankenkrisen sind vor allem deswegen so schwer vorherzusagen, weil Psychologie und Vertrauen neben allen komplexen Wirkungszusammenhängen eine sehr große Rolle spielen. Hinzu kommt, dass Liquiditäts- und Solvenzkrisen kaum zu trennen sind und sich überlappen.
So hoch ist die Kapitalquote FDIC-versicherter Kreditinstitute in den USA
Ein Mangel an Liquidität kann zu Notverkäufen und Kapitalverlusten führen und umgekehrt können Zweifel an der Kapitalbasis zu raschem Einlagenabzug führen. Weitet sich eine Krise aus, können Liquiditätshilfen alleine die Situation nicht retten. Oft kann nur die Zusage der Regierungen, also der Steuerzahler, eine negative Spirale von Einlagenabzug und Kapitalverlusten verhindern.
Die in der Finanzkrise im Jahr 2008 gegebene Zusage der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel und des damaligen Finanzministers Peer Steinbrück, dass alle Einlagen sicher sind, ist das prominenteste Beispiel für eine solche staatliche Rettungszusage.
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