Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann
Märkte erledigen die Arbeit der EZB
Daniel Hartmann ist Chefvolkswirt bei Bantleon. Foto: Bantleon
Die Europäische Zentralbank wird ihre Wachstumsprognose für die Eurozone nach unten korrigieren müssen - und täte gut daran, wieder mehr geldpolitisch stimulierende Maßnahmen zu ergreifen, sagt Daniel Hartmann. Aber welche? Der Bantleon-Chefvolkswirt hat einige Vorschläge.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat dem jüngsten Strom an schwachen Wirtschaftsdaten aus der Eurozone schneller Rechnung getragen als gedacht. Hieß es noch bis zuletzt, die Risiken für die Wachstumsaussichten der Eurozone können als „ausgewogen“ erachtet werden, erfolgte im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung die Anpassung. Nunmehr dominieren auch in den Augen der EZB eindeutig die konjunkturellen Abwärtsrisiken. Dazu zählen die Währungshüter: „Unsicherheiten im Zusammenhang mit geopolitischen Faktoren, die Gefahr von Protektionismus, Anfälligkeit in den Schwellenländern sowie Finanzmarktvolatilität.“
In der Vergangenheit war die Übergewichtung der Abwärtsrisiken häufig ein Signal,...
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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat dem jüngsten Strom an schwachen Wirtschaftsdaten aus der Eurozone schneller Rechnung getragen als gedacht. Hieß es noch bis zuletzt, die Risiken für die Wachstumsaussichten der Eurozone können als „ausgewogen“ erachtet werden, erfolgte im Rahmen der jüngsten Notenbanksitzung die Anpassung. Nunmehr dominieren auch in den Augen der EZB eindeutig die konjunkturellen Abwärtsrisiken. Dazu zählen die Währungshüter: „Unsicherheiten im Zusammenhang mit geopolitischen Faktoren, die Gefahr von Protektionismus, Anfälligkeit in den Schwellenländern sowie Finanzmarktvolatilität.“
In der Vergangenheit war die Übergewichtung der Abwärtsrisiken häufig ein Signal, dass die geldpolitische Ausrichtung expansiver wird. Damit wartet die EZB allerdings noch ab. Laut Mario Draghi befindet sich die Notenbank in der Phase der genauen Auswertung der wirtschaftlichen Lage. Zuletzt haben unter anderem die Brexit-Unsicherheit, die Schwäche in China, die Probleme im deutschen Fahrzeugbau und der Handelsstreit für Abwärtsdruck gesorgt. Viele dieser Faktoren dürften sich als temporär erweisen. Die Notenbank rechnet demzufolge in den nächsten Monaten mit einer konjunkturellen Stabilisierung. Genau beobachtet werden müsse aber insbesondere die Exportentwicklung.
Insgesamt bleibt die EZB daher auch beim Inflationsausblick zuversichtlich. Sie setzt hier vor allem auf die anhaltende Arbeitsmarkterholung und das zuletzt anziehende Lohnwachstum. Dies sollte sich zeitverzögert in der Teuerung niederschlagen, die damit sukzessive näher an das Inflationsziel heranrückt.
Dessen ungeachtet dürfte die EZB im März nicht umhinkommen, ihre vergleichsweise optimistische Wachstumseinschätzung (2019 und 2020: +1,7 Prozent BIP-Zuwachs, wir erwarten +1,2 Prozent bzw. +1,5 Prozent) abwärts zu revidieren. Dies wird den Druck verstärken, weitere stimulierende Maßnahmen zu ergreifen. Was kann die EZB aber überhaupt noch tun?
Offenmarktgeschäfte: Eine Möglichkeit wäre, neue Langfristtender (LTROs oder TLTROs) zu lancieren. Darauf angesprochen erläuterte Mario Draghi, dass der nochmalige Einsatz dieser Instrumente derzeit von den Währungshütern geprüft werde, aber noch nicht beschlossen sei. Der Notenbankpräsident fügte überdies hinzu, dass er LTROs für sehr nützliche und effektive Mittel der Geldpolitik halte. Sie hätten in der Vergangenheit dazu beigetragen, den geldpolitischen Transmissionsprozess zu verbessern. Draghi spielte somit offenbar darauf an, dass Langfristtender von den Banken vor allem zum Kauf von Staatsanleihen genutzt wurden, was zur Spread-Einengung in den Peripherieländern beitrug.
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