Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann
Märkte erledigen die Arbeit der EZB
Daniel Hartmann ist Chefvolkswirt bei Bantleon. Foto: Bantleon
Die Europäische Zentralbank wird ihre Wachstumsprognose für die Eurozone nach unten korrigieren müssen - und täte gut daran, wieder mehr geldpolitisch stimulierende Maßnahmen zu ergreifen, sagt Daniel Hartmann. Aber welche? Der Bantleon-Chefvolkswirt hat einige Vorschläge.
Forward Guidance: Das Versprechen, die Leitzinsen auf dem aktuellen Niveau zu halten, könnte zeitlich verlängert werden (z.B. von „über den Sommer hinweg“ zu „über den Herbst hinweg“). Dies scheint aber gar nicht notwendig zu sein. Die Marktteilnehmer verstehen auch so die Reaktionsfunktion der Notenbank. Schließlich enthält die Forward Guidance nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine datenabhängige Komponente. Die Niedrigzinspolitik wird laut EZB so lange fortgesetzt, wie es das wirtschaftliche Umfeld erfordert. In den vergangenen Wochen haben die Märkte auf die schwachen Wirtschaftsdaten bereits reagiert und den Zeitpunkt der möglichen ersten Leitzinsanhebung von September...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Forward Guidance: Das Versprechen, die Leitzinsen auf dem aktuellen Niveau zu halten, könnte zeitlich verlängert werden (z.B. von „über den Sommer hinweg“ zu „über den Herbst hinweg“). Dies scheint aber gar nicht notwendig zu sein. Die Marktteilnehmer verstehen auch so die Reaktionsfunktion der Notenbank. Schließlich enthält die Forward Guidance nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine datenabhängige Komponente. Die Niedrigzinspolitik wird laut EZB so lange fortgesetzt, wie es das wirtschaftliche Umfeld erfordert. In den vergangenen Wochen haben die Märkte auf die schwachen Wirtschaftsdaten bereits reagiert und den Zeitpunkt der möglichen ersten Leitzinsanhebung von September 2019 auf Juni 2020 verlagert (siehe Abbildung), was parallel einen weiteren Renditerückgang hervorgerufen hat. Die Investoren erledigen damit von selbst das Geschäft der EZB.
QE-Programm: Die Anleihenkäufe könnten revitalisiert werden. Die Hürden dafür sind indes äußerst hoch. Das Wertpapierankaufprogramm ist mit einem Umfang von 2.600 Mrd. EUR bereits an seine (recht lichen und technischen) Grenzen gestoßen. Draghi wies außerdem zu Recht darauf hin, dass die EZB nach wie vor am Markt aktiv ist und zur Stabilisierung des Anleihenbestands (im Durchschnitt) monatlich für 15 Milliarden Euro Wertpapiere ankauft.
Im Ergebnis rechnen wir damit, dass die EZB im März »lediglich« die Durchführung neuer TLTROs ankündigt und damit einen Beitrag leistet, um die Risikoaufschläge innerhalb der Eurozone unter Kontrolle zu halten. Alles andere erledigt der Markt von selbst. Mithin tritt aktuell genau das ein, was wir bereits seit Längerem prognostizieren. Auf der einen Seite schwächt sich die Konjunktur ab. Den neusten Beleg dafür lieferte der Composite-EMI der Eurozone vom Januar, der mit 50,7 (nach 51,1) Punkten einen weiteren Schritt in Richtung Stagnation machte. Auf der anderen Seite wandern die Leitzinserwartungen weiter nach hinten (siehe Abbildung), was die Renditen von Bundesanleihen dämpft. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend in den nächsten Wochen anhält und die 10-jährigen Bund-Renditen nochmals das Jahres-Low von 0,15 Prozent testen oder sogar unterschreiten.
Im Frühjahr rechnen wir dann allerdings in unserem Basisszenario damit, dass sich die wirtschaftliche Lage stabilisiert und in diesem Zuge die offiziellen Frühindikatoren nach oben drehen. Gleichzeitig sollten auch die Inflationszahlen vorsichtig anziehen. Damit wäre am Ende doch der Boden für eine geldpolitische Straffung im Dezember bereitet. Die Leitzinserwartungen werden in der Folge wieder nach vorne wandern und die Bund-Renditen nach oben treiben.
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