Ninety-One-Stratege Michael Power
Drehscheibe der Globalisierung
Michael Power ist Marktstratege bei der Fondsgesellschaft Ninety One. Foto: Ninety One
Die Globalisierung wird mit Asien als Dreh- und Angelpunkt radikal neu ausgerichtet, ist Michael Power überzeugt. In seinem Gastbeitrag erklärt der Marktstratege von Ninety One, welche Folgen das für die Finanzwelt hat.
Der Prozess, durch den westliche und insbesondere amerikanische multinationale Unternehmen von der Globalisierung profitieren sollten, wurde auf eine Welt zugeschnitten, in der die USA in vielen Bereichen überragend waren. Schon vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 war die Welt militärisch unipolar und die USA hatten die Vorherrschaft. Nach 1991, als es noch nicht einmal einen russischen Anwärter auf Amerikas Thron gab, bestand kein Zweifel mehr: Die USA hatten das Sagen.
Die USA hatten die mit Abstand größte Volkswirtschaft. Ihre Kapitalmärkte waren die mit der größten Gewichtung, ihre Unternehmen waren die wertvollsten und der Welthandel wurde von der Dollarfakturierung...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Der Prozess, durch den westliche und insbesondere amerikanische multinationale Unternehmen von der Globalisierung profitieren sollten, wurde auf eine Welt zugeschnitten, in der die USA in vielen Bereichen überragend waren. Schon vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 war die Welt militärisch unipolar und die USA hatten die Vorherrschaft. Nach 1991, als es noch nicht einmal einen russischen Anwärter auf Amerikas Thron gab, bestand kein Zweifel mehr: Die USA hatten das Sagen.
Die USA hatten die mit Abstand größte Volkswirtschaft. Ihre Kapitalmärkte waren die mit der größten Gewichtung, ihre Unternehmen waren die wertvollsten und der Welthandel wurde von der Dollarfakturierung dominiert. Die Rendite des zehnjährigen US-Treasuries bestimmte die globalen Kosten für mobiles Kapital. Kein Land konnte mit der technologischen Leistungsfähigkeit der USA mithalten, und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung übertrafen die aller anderen Länder. Die USA hatten die besten Universitäten der Welt. Und die reichsten Männer der Welt waren (meistens) Amerikaner. Mit diesen Vorteilen war es nur natürlich, dass die multinationalen US-Konzerne das Regelwerk definierten, das die Globalisierung im späten zwanzigsten und frühen einundzwanzigsten Jahrhundert bestimmen sollte.
Aber jetzt, in den 2020er Jahren, kommt ein Teil der Behauptung, dass die Globalisierung im Sterben liege, daher, dass ihr Weg in die Zukunft nicht mehr überwiegend durch amerikanische Präferenzen definiert und durch amerikanische nationale Stärken verstärkt ist. Die Globalisierung mit amerikanischer Prägung mag in der Tat im Sterben liegen, aber das bedeutet nicht, dass nicht eine weniger auf die USA ausgerichtete Version der Globalisierung ihren Platz einnehmen wird.
Asien überholt USA
Diese konzentrierte sich typischerweise auf die Angebotsseite, und zwar in übertriebenem Maße - insbesondere darauf, wie China zur „Fabrik der Welt“ geworden war und alle anderen zunehmend von „Made in China“ abhängig wurden. Ein paralleles Merkmal, das dazu beitrug, die Muster der Globalisierung zu definieren, und das unterschätzt wurde, war die Verteilung der absoluten Konsumniveaus. Nicht nur, dass die USA immer noch eine um etwa 50 Prozent größere Wirtschaft haben als das zweitplatzierte China. Über 70 Prozent des amerikanischen BIP entfallen auf den Konsum. Auch heute noch ist der amerikanische Konsum allein größer als das gesamte BIP Chinas. Die chinesische Produktion hätte nicht so gedeihen können, wenn sie nicht durch den westlichen - und insbesondere den amerikanischen - Konsum gestützt worden wäre.
Dies ändert sich sehr schnell. Das nominale US-Dollar-BIP Chinas wächst weitaus schneller als das der USA, allein im Jahr 2020 um über 10 Prozent, wobei über 70 Prozent dieses Anstiegs auf Währungseffekte zurückzuführen sind. Natürlich wachsen auch die Größe und der Wert des chinesischen Konsums. Und selbst innerhalb des chinesischen BIPs steigt der Anteil des Konsums am Gesamt-BIP.
Warum ist das wichtig? Für den Zeitraum zwischen 2000 bis 2020 war der maßgebliche (aber natürlich nicht der einzige) Strom der Handelsglobalisierung die Beschaffung und der Import von Produkten durch amerikanische Unternehmen in und aus Asien, oft von Vertragsherstellern; diese Waren wurden dann an amerikanische Verbraucher verkauft. Vor Covid-19 war Walmart allein für 5 Prozent des transpazifischen Handels verantwortlich, fast alles davon von Asien nach Amerika. Chinesische Exporte in die Welt jenseits von Amerika stützten sich huckepack auf diesen Hauptstrom.
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