Ökonom Fabrizio Pagani
Europa muss den Krisenmodus beenden
Leitet die internationale Kapitalanlagestrategie der Fondsgesellschaft Muzinich: Fabrizio Pagani Foto: Muzinich
Um den Absturz der Wirtschaft zu verhindern, setzte die Europäische Union während der Corona-Pandemie wichtige Defizitregeln außer Kraft. Jetzt muss der Staatenverbund die Zügel wieder anziehen. Welche Maßnahmen notwendig sind, erklärt Ökonom Fabrizio Pagani von der Fondsgesellschaft Muzinich.
Die Zukunft des Wiederaufbaufonds und des Aufbau- und Resilienzplans ist mit dieser Debatte verknüpft. In seiner jetzigen Form handelt es sich um ein einmaliges Programm, das 2026 ausläuft. Es wird diskutiert werden, ob und wie es als dauerhaftes Instrument gestaltet werden kann, welches es der Kommission ermöglicht, auf den Kapitalmärkten Mittel für Investitionen auf nationaler und europäischer Ebene zu beschaffen, vielleicht in Bereichen wie Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit.
Natürlich werden die Wirksamkeit und die Geschwindigkeit, mit der diese aktuellen RRF-Mittel ausgegeben werden, bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen. Einige wenige Länder, allen voran Italien, sind der...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Die Zukunft des Wiederaufbaufonds und des Aufbau- und Resilienzplans ist mit dieser Debatte verknüpft. In seiner jetzigen Form handelt es sich um ein einmaliges Programm, das 2026 ausläuft. Es wird diskutiert werden, ob und wie es als dauerhaftes Instrument gestaltet werden kann, welches es der Kommission ermöglicht, auf den Kapitalmärkten Mittel für Investitionen auf nationaler und europäischer Ebene zu beschaffen, vielleicht in Bereichen wie Dekarbonisierung und Nachhaltigkeit.
Natürlich werden die Wirksamkeit und die Geschwindigkeit, mit der diese aktuellen RRF-Mittel ausgegeben werden, bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen. Einige wenige Länder, allen voran Italien, sind der eigentliche Lackmustest für das Funktionieren dieses Instruments. In diesem Sinne ist die Verantwortung für die Umsetzung des nationalen Konjunktur- und Resilienzplans, die bis 2026 auf den italienischen Regierungen lastet, besonders groß.
Während des deutschen Wahlkampfs konzentrierte sich die Diskussion auf die Rückkehr zur schwarzen Null, dem deutschen Verfassungsgrundsatz, nach dem der Bundeshaushalt ausgeglichen sein muss.
Auch diese Regel wurde pandemiebedingt außer Kraft gesetzt, sodass Bundeskanzlerin Merkel die Notmaßnahmen der letzten Monate defizitär finanzieren konnte. Die einzige Partei, die diese Regel grundsätzlich in Frage stellt, sind die Grünen. Diese möchten in den nächsten Jahren 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Dekarbonisierung bereitstellen. 9
Die anderen Parteien scheinen, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten, alle eine Rückkehr zu einer strengeren Haushaltsdisziplin zu befürworten. Olaf Scholz, aller Voraussicht nach der nächste Bundeskanzler, hat die Notwendigkeit sozialer und grüner Investitionen betont, scheint aber nicht gewillt zu sein, bereits bestehende nationale und europäische Regeln aufzugeben.
Abschließend lässt sich sagen, dass es sicherlich einen zunehmend soliden konzeptionellen Rahmen dafür gibt, nicht zum Status quo vor der Pandemie zurückzukehren. Viel Aufmerksamkeit wird der Einführung von Mechanismen zur Flexibilisierung von Investitionen gewidmet, die die Energiewende erleichtern und der Klimakrise begegnen. Inwieweit dieser Konsens zur politischen Realität werden kann, hängt von den politischen Entwicklungen in den wichtigsten Ländern ab, allen voran in Deutschland.
9 Bundesfinanzministerium, Stabilitätsprogramm 2021, Seiten 13 bis 14 per Oktober 2021.
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